Test: Alfa Romeo 4C Spider

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Schließlich sei noch erwähnt, dass auf Rundumsicht ebenso konsequent verzichtet wurde wie auf Ablagen. So wirken die Außenabmessungen von innen deutlich größer. Wo andere einen toten Winkel haben, hat der Alfa ein totes Meer. Als ich mir den Rückspiegel einstelle, fragt mein Kollege Martin: “Warum stellst Du den überhaupt ein?” Recht hat er, denn aus dem schmalen Sehschlitz nach hinten ist sowieso kaum etwas zu erkennen.

Laut, sehr laut

Mein letztes Testauto ohne Startknopf war ein Dacia Sandero (Test). Hinter einem fängt es mit leicht unanständigem Unterton an zu bollern. Passend dazu durchzieht das Auto ein leichtes Zittern, wie bei einer zum Sprung angespannten Raubkatze. Der Akrapovic-Sportauspuff macht seinem Namen alle Ehre. Es ist laut, sehr laut. Dabei stehen wir nur in Leerlaufdrehzahl in der Parklücke. Dann drückt man auf die Eins. Das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe wird über drei Druckknöpfe bedient mit den Aufschriften “1”, “N” und “R”. Mit einem “Klonk” haut der erste Gang rein und auf einen leichten Gaspedaldruck schnellt der 4C unter gewaltiger Klangkulisse davon. Jetzt ist der 4C ein klangliches Inferno. Längere Strecken fährt man aus Gesundheitsgründen besser wohl nur mit Oropax. In diesem Auto würde das auch der Verkehrssicherheit keinen Abbruch tun, da Martin-Hörner und Hupen ohnehin vom Krawall des wild gewordenen Vierzylinders geschluckt werden.

Nichts für die Stadt

Der 4C selbst bräuchte dagegen keine Hupe. Passanten springen sofort erschrocken zur Seite. Das ist auch vielleicht ganz gut. Der flache Sportler hat nämlich keine Servolenkung. Hinzu kommt ein Wendekreis, der einen an einen Flugzeugträger denken lässt. Schon auf den ersten Metern wird klar, dass man mit dem 4C in der Stadt eigentlich nichts verloren hat. Nicht nur, weil der Spurwechsel eine Zitterpartie und das Einparken ein Kunststück werden. Man muss schon besonders extrovertiert sein, um mit dem Alfa glücklich zu werden. Leute wie mich verunsichert es zumindest, wenn Fußgänger sich wie von der Tarantel gestochen umdrehen, wenn das Brett anröhrt. Hunde springen zur Seite. Man wird mit “Daumen hoch” gefeiert oder mit geballten Fäusten beschimpft. Für Automobilisten alter Schule ist der übertriebene Krawall jedenfalls hochmusikalisch.

Oskar für den besten Vierzylinder

Es scheint unglaublich, dass hinter dem Fahrer ein profaner Vierzylinderturbo aus der Giulietta Quadrifoglio steckt, einem schnöden Italo-GTI. Man hört Ansauggeräusche, Laderpfeifen, hier wird dem Verbrenner noch mit einem erdigen und wuchtigen Soundtrack gehuldigt: Rock n´ Roll. Es wäre nur schön, wenn man ihn hin und wieder leiser drehen könnte. Dass die Alfa-Männer den Platz in der Mitte der zum Fahrer geneigten Mittelkonsole nicht besser zu nutzen wussten, als mit einem nachgerüsteten Alpine-Radio, darf man als italienischen Humor verbuchen. Zumindest da hätte man einen kleine Ablage unterbringen können. Stattdessen ist in unseren Testwagen sogar ein Soundsystem verbaut. Das dürfte weit kommen im Ranking der sinnlosesten Extras aller Zeiten.

Anders als in der Stadt ist der 4C auf der Landstraße ein automobiles Aphrodisiakum. Mit diesem Brett durch die Kurve zu bügeln macht einen zu einer Art Westentaschen-Jim-Clark. Man bändigt den Boliden und wird dafür belohnt. Alles fühlt sich so an, als wäre man ein besserer Fahrer. Letztendlich stimmt das aber nicht. Denn am 4C ist kaum etwas zu bändigen. Er ist ein hochpräzises, chirurgisches Werkzeug zum Kurventranchieren. Nur die Breite stört ein wenig den Fluss. Für toskanische Landstraßen ist der 4C viel zu breit.