Ende und Anfang

Test: BMW M550d

Der vierfach aufgeladene Diesel im BMW M550d beleuchtet Vergangenheit und Zukunft gleichermaßen eindrucksvoll. Er dürfe einer der letzten großen Highlights dieses Konzepts darstellen. Seine Aufladung weist dagegen in die nahe Zukunft

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BMW M550d 26 Bilder
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Vermutlich ist es keine allzu gewagte These, dass der Dieselmotor seine längste Zeit im Pkw hinter sich hat. Daran wird auch der Vorstoß von Bosch wenig ändern. Just zu dem Zeitpunkt, zu dem er abgasarm wie nie zuvor ist, wird er gesellschaftlich Schritt für Schritt aussortiert. Noch ist es allerdings nicht ganz so weit. Der BMW M550d zeigt dabei, auf welchem Niveau sich diese Technik inzwischen befindet und deutet mit seiner Aufladung auf die nahe Zukunft von BMW. Ganz nebenbei wird er als einer der Selbstzünder in Erinnerung bleiben, an die manch einer gern zurückdenken wird. So gesehen markiert er Anfang und Ende.

Aufladung im Quartett

Schon beim Vorgänger war der Aufwand beeindruckend, den BMW im Bereich Aufladung betrieben hat. Zwei kleine Turbolader für den niedrigen Drehzahlbereich und ein großer bedeutet hinsichtlich der Abstimmung schließlich einiges an Entwicklungsarbeit. Im neuen Motor wurden einige Dinge verändert. Es blieb bei zwei kleinen Turboladern, die schnell ansprechen und mit dafür verantwortlich sind, dass schon bei 1000/min 450 Nm anliegen. Neu ist, dass es nun zwei große Turbolader gibt, von denen einer permanent mitläuft. Der andere wird erst ab 2500/min zugeschaltet. Bei hoher Lastanforderung aus dem Leerlauf werden kurzfristig die beiden großen Turbolader mithilfe von steuerbaren Klappen umgangen und so schneller Ladedruck aufgebaut. Die beiden großen Lader sind kleiner als der große im Vorgänger. BMW verspricht sich davon ein verbessertes Ansprechverhalten.

Das Konzept von mehreren Turboladern wird sich künftig bei BMW auch an anderer Stelle wiederfinden. Der nächste 1er, der wohl spätestens auf dem Genfer Salon 2019 zu sehen sein wird, bekommt eine neue Plattform. Bisher teilte er sich diese mit dem 3er, künftig mit den Vans und dem X1. Das bedeutet quer eingebaute Motoren und das Ende des Reihensechszylinders in dieser Klasse. Um künftig auch jene Kunden zu erreichen, die bisher die Leistung eines M135i oder M140i genossen haben, wird BMW nichts weiter übrig bleiben, als den Zweiliter-Vierzylinder noch weiter unter Druck zu setzen – ganz so, wie es die Konkurrenz vorgemacht hat: Mercedes holt aus einem Zweiliter-Vierzylinder mittlerweile 381 PS. Der A 45 AMG ist eine krawallig-spaßige Kiste, die hohe Fahrkultur eines M140i erreicht er freilich nicht.

Unauffällig sauschnell

Im täglichen Umgang mit dem M550d fallen zwei Dinge recht schnell auf. Zum einen ist da natürlich das enorme Leistungsvermögen. Einem ziemlich engagiert gefahrenen VW Golf 7 GTI mit dem M550d gefühlt in Teillast folgen zu können, beschreibt den Eindruck nur unvollständig. Der stärkste 5er-Diesel entfaltet seine Kraft sehr unauffällig. Man ist mit ihm bei Bedarf sauschnell, bekommt aber erst mit dem Tempo des restlichen Verkehrs so richtig mit, wie flink dieser 1,9-Tonnen-Brummer tatsächlich ist. Kollege Florian, mit seinem privaten 60-PS-Corsa nicht unglücklich, berichtete, dass sich mit dem M550d der ihn umgebende Stadtverkehr auf einmal „seltsam zäh“ anfühlte, ja wie „in Honig getaucht“. Den Attacke-Modus kann man auf der Landstraße im Prinzip nie auskosten, sofern man halbwegs bei Verstand ist und einen Rest Verantwortungsgefühl hat. Das Ansprechverhalten ist exzellent, allenfalls aus dem tiefsten Drehzahlkeller ist noch so etwas wie eine leichte Verzögerung zu erahnen.

Bandbreite

Der zweite markante Punkt ist die gewaltige Bandbreite dieser Baureihe, die hier besonders deutlich wird. Wer den M550d zurückhaltend im Komfortmodus bewegt, bekommt eine leise und erstaunlich gut gefederte Limousine serviert. Gerade letzteres ist bemerkenswert, denn der M550d hat serienmäßig ein Sportfahrwerk und 19-Zoll-Felgen mit flacher Bereifung. Der Testwagen hat das adaptive Fahrwerk und 20-Zoll-Felgen. Der so ausgestattet Wagen ist zwar keine Sänfte, aber auch kein nervig omnipräsenter Untergrundinformant. Die Dämpfer sprechen fein auf kleine Unebenheiten an, geben dem Fahrer aber auch Rückmeldung. Gleichzeitig sind im Sportmodus Kurvengeschwindigkeiten möglich, die wahrlich atemraubend sein können. Das in diesem Modus auch die seitlichen Abstützungen der Sitze automatisch ein wenig enger gestellt werden, gehört wohl zur Folklore dieser Autogattung.