Suzi Quatro

Test Suzuki Ignis 1.2 Dualjet Allgrip

Autos, die nur nach Allrad aussehen, darüber hinaus aber nichts mehr können, gibt es in diesem Segment genug. Uns interessieren Technik und Fahrverhalten der Allradversion des von Suzuki als Micro-SUV bezeichneten Ignis 1.2 Dualjet Allgrip

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 19 Kommentare lesen
Test Suzuki Ignis 1.2 Dualjet Allgrip 22 Bilder
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Als ich 1999 zur ersten Vorstellung des Suzuki Ignis geschickt wurde, gab mir die Redaktion gleich für die ganze Woche einen Audi RS4 mit. Diese Entschädigung – so war das jedenfalls gemeint – hätte es gar nicht gebraucht, ich finde kleine und kleinste Autos eh hoch interessant. Unter einem „Micro-SUV“ konnte ich mir damals, während der Furore durch die die ersten M-Klasse-Modelle, jedoch nichts vorstellen. Wie sollte so ein kleines Fahrzeug das „U“ in „SUV“ ausfüllen?

Doch ist diese Frage heute so verkehrt gestellt wie damals: Der Ignis ist immer noch etwas anderes als ein geschrumpftes SUV. Richtigerweise macht das Auto noch nicht einmal den Versuch, das zu ändern. Es wäre auch eine Peinlichkeit.

Ohne beharrlichen Konservativismus und eine hochaufgelöste Lernfähigkeit in technischen Dingen, die Suzuki seit Jahrzehnten auszeichnen, wäre beispielweise der Jimny weder denkbar noch möglich. Das ist ein voll ausgebildeter Geländewagen, der heute noch einer sein darf – inklusive Leiterrahmen, Starrachsen, Reduktionsgetriebe und zuschaltbarem Allradantrieb – nur halt in klein. Alle Modellpflegen und –wechsel seit 1970 haben das Auto unter verschiedenen Namen und Designs immer weiter entwickelt und an die Zeitläufte angepasst, das Grundkonzept jedoch vollkommen unangetastet gelassen.

Ähnlich ist beim neuen Ignis noch viel mehr beim alten geblieben als sein gelungen provokant lifestylish gestaltetes Äußeres nahelegt. Die frontgetriebene Version, die wohl nicht nur dem Flottenverbrauch sondern auch der Preissensibilität geschuldet sein dürfte, stellen wir gnädig beiseite. Autos, die nur nach Allrad aussehen, darüber hinaus aber nichts mehr können, gibt es in diesem Segment genug, ich sage nur: „Cross Polo“.

Die Ertüchtigungsmaßnahmen umfassen einen weiterenwickelten Motor mit einer Handvoll PS mehr. Ohne Turbo-, Direkteinspritzungs- oder sonstige Raketentechnik, dafür aber mit zwei Einspritzdüsen pro Zylinder („Dualjet”), hoher Verdichtung, ausgefeilter Kühlung und doppelter, gekühlter Abgasrückführung. Der Sprung von 84 auf 90 bedeutet mehr als die nüchterne Angabe suggeriert, dazu kommen wir noch. Wirklich sensationell finden wir aber die hintere Starrachse. Mit zentraler Differenzial-Melone. Aufgehängt an Längslenkern und einem Panhardstab. Ja, wir schreiben das Jahr 2017. Im technischen Beschrieb verschweigt Suzuki das Bauteil übrigens.

Visco Dancing

Der Motor ist, wie in der vorangegangenen Generation, vorn quer eingebaut. Die Hinterachse bekommt ihre Kraft also über einen Winkeltrieb. Um die ganze Komplikation eines permanenten Allradantriebs mit mittlerem Differenzial und dessen Sperre einzusparen, was ja schon fast Geländetechnik wäre, baut Suzuki eine Viskokupplung zwischen den Power-Take-Off und die Kardanwelle. Noch so ein völlig aus der Zeit gefallenes Bauteil.

Solange Vorder- und Hinterachse ungefähr gleich schnell rotieren, überträgt dieses Element fast kein Drehmoment, die Vorderräder treiben den Ignis an. Erst eine Drehzahldifferenz, wie sie bei durchdrehenden Vorderrädern entsteht, löst in der Viskokupplung eine Sperrwirkung aus. Sie steigt stufenlos, aber steil an und bietet eine gewissermaßen nachfrageorientiert eingesteuerte Kraftübertragung nach hinten. Sehr clever und ganz ohne Elektronik oder zusätzliche mechanische oder hydraulische Aktoren. Allerdings braucht sie spürbar länger als eine elektromechanisch betätigte Lamellenkupplung, bis sie Kraft an die Hinterachse weitergibt. Zudem sind fahrdynamische Eingriffe nur über Bremseingriffe möglich, Torque Vectoring gar nicht. Für den Fahrer viel unmittelbarer äußert sich zudem die typische Verspannung des Antriebs beim Einparken oder Rangieren, denn die Viskodose reagiert ja auf jeden Drehzahlunterschied – auch, wenn eigentlich keine Kraft übertragen werden soll. Drei nachvollziehbare Gründe für andere Hersteller, keine Viskodosen mehr einzusetzen.