Test: VW Touareg 3.0 TDI

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Leider gibt sich der mit Bildschirmen für 3500 Euro tapezierte Testwagen bei der Bedienung nicht ganz so dienstfertig, wie das früher bei VW zum Anspruch gehörte. In der teuersten Form wächst der zentrale Touchscreen auf 15 Zoll Größe (Auflösung 1920 x 1020 Pixel) und geht direkt in den 12 Zoll großen Kombiinstrumentenbildschirm (Auflösung 1920 x 720 Pixel) über. Für ein klassisches Tastenpaneel wie in der Grundausstattung bleibt da kein Platz mehr.

Riesentouchscreen

Schon beim Einschalten der Sitzheizung zeigt sich, dass Touchscreens als Bedienelement im Auto schlicht ungeeignet sind. Da muss ich erst auf ein Sitzsymbol tappen, dann poppt eine Art Skala auf. Auf der muss ich rumtappen, um die Intensität zu regulieren. Als wäre das nicht schon ärgerlich genug, ist die Skala auch noch so ungünstig animiert, dass man die gewählte Intensität der Heizung schon im Stand nur mit Mühe erkennt.

Ähnlich unbeholfen ist auch die Temperatureinstellung der Klimaanlage gelöst. Beim Kombiinstrumentenbildschirm haben wir gegenüber den klassischen Rundinstrumenten erstaunlich wenig Mehrwert gefunden. Man kann sich zwar auch hier spielen und Dinge wie eine Höhenanzeige oder einen Beschleunigungsmesser in die Rundinstrument projizieren lassen oder die Rundinstrumente zugunsten anderer Anzeigen durch reine Ziffernanzeige ergänzen.

Doch sowohl Variabilität als auch Grafik sind dem Widescreen-Cockpit des Mercedes GLE unterlegen, das sich aus zwei 12,3-Zoll Bildschirmen zusammensetzt (Auflösung 1920 x 720 Pixel). Volkswagen verlangt also für einfachere Technik 3500 Euro Aufpreis, während Mercedes High-Tech serienmäßig liefert. Wenn, dann hätten das manche wohl umgekehrt erwartet. Meine Empfehlung wäre, sich das Innovision-Cockpit zu sparen, aber das 1300 Euro teure Head-up-Display zu ordern. Da muss man VW wieder loben, denn bei der Konkurrenz ist die Abzocke üblich, das Head-up-Display mit der teuersten Bildschirmorgie zu zwangskombinieren.

Der V6 startet mit einem weichen Lauf, der den Vierzylinder-TDI aus gleichen Haus sofort auf Distanz hält. Noch im Stand distanziert dieser Unterschied in der Laufkultur den Touareg deutlicher vom Tiguan Allspace, als es die paar Zentimeter in der Länge je vermocht hätten. Sicherlich kommt ihm dabei auch das 1075 Euro teure Dämmglas des Testwagens zugute. Schon aufgrund der lastwagenähnlichen Anmutung gönnt man den allermeisten seiner 286 PS aber zunächst mal eine Pause.

Luftfederung und Allradlenkung

Irgendwie kommt einem der Touareg immer unhandlicher vor als er ist. Man glaubt nämlich nur, wie mit einem Tanker ablegen zu müssen. Schon in der Grundversion ist der Wendekreis von 12,1 Metern zwar per se gewaltig, aber trotzdem knapp kleiner als bei allen direkten Konkurrenten. Der Testwagen aber ist mit einer Allradlenkung ausgestattet. Diese Option gibt es sonst bei Oberklasse-SUVs nur noch beim BMW X5 und macht den Touareg mit 11,3 m zum wendigsten Fahrzeug seiner Klasse. Allein: Er kann es einem nicht wirklich vermitteln. Gediegen luftgefedert (mindestens 1950 Euro Aufpreis) schwebt man über die Unbilden des Straßensystems hinweg. Wenn der Motor warm ist, wie man sich über Statusmeldungen für sämtliche Flüssigkeiten einblenden lassen kann, ist es Zeit dem V6 etwas mehr abzuverlangen.

Das wiederum quittieren die etwas überrumpelte Achtgang-Wandlerautomatik von Aisin und die kleine Anfahrschwäche des Motors mit einem unbeholfen unwillig hektischen Losstolpern. Es gilt also den Gasfuß sanft auf die jeweiligen Kraftschlüsse des Antriebs anzupassen. Das gelingt auch sehr schnell und geht dann auch in Fleisch und Blut über. So ist man nicht weniger dynamischer unterwegs und genießt zur Unmerklichkeit verschliffene Gangwechsel, wie sie so nur eine gute Wandlerautomatik zustande bringen kann.

Abgeschottet

Auch bei hohen Drehzahlen und Dauerstress für das Fahrwerk stellt sich das Gefühl vom fliegenden Teppich ein, abgeschottet von den Unbilden der Außenwelt. Gut möglich, dass das aufpreispflichtige Dämmglas daran einen besonderen Anteil hat. Zumindest die geräuschdämmende Frontscheibe für 470 Euro ist eine Empfehlung wert, da sie auch beheizbar ist. Die Seitenscheibenoption kostet über 1000 Euro und verlangt zwingend ein zusätzliches Außendesignpaket für mindestens 1950 Euro. Das Geld würde ich mir sparen, was mich augenblicklich als nicht zur Zielgruppe Gehörender identifiziert. In dieser Klasse spielen solche Mehrkosten keine kaufentscheidende Rolle mehr.

Vielleicht würde ich es für das sündhaft teure Topfahrwerk inkl. Wankstabilisierung, Fahrprogrammen und aller anderen Features brauchen. Das kostet nämlich summa summarum unglaubliche 5900 Euro. Zwar hat Kollege Florian im Fahrtenbuch notiert, dass die Touareg-Luftfederung nicht ganz die Geschmeidigkeit eines Mercedes erreicht. Auch mir ist die Luftfederung in einem E 200 T-Modell (S213), das wir vor längerer Zeit im Test hatten, noch als Highlight in Erinnerung. Aber auch im eigenen Konzern und aus der sportlichen Richtung kommend wird das Touareg-Luftfahrwerk übertrumpft. Der Porsche Panamera 4E-hybrid war eine beeindruckende Demonstration im Fahrwerksbau. Aber man muss schon die Besten suchen, um den Touareg in diesem Bereich die Grenzen aufzuzeigen.