Test: VW Touareg 3.0 TDI

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Wie viel man mit dem Touareg verbraucht, könnte jetzt mit der Binsenweisheit der Abhängigkeit vom Gasfuß abgetan werden. So einfach machen wir es uns natürlich nicht, aber es ist schon frappant wie man problemlos beim Kilometerfressen auf leerer unbeschränkter Autobahn auf einen 13-Liter-Durchschnitt kommen und gleichzeitig mit Tempomat-90 km/h auf der Landstraße reale 6,5 Liter pro 100 km brauchen kann. Meine Kollegen triezen mich lautstark und oft meines forschen Fahrstiles wegen.

Verbrauchsintensiv

Ich brauchte durchschnittlich mit hohem Stadtanteil 9,5 Liter. Der Testverbrauch der gesamten Redaktion liegt bei 9,2 Litern. Das ist das, was moderne Diesel-2-Tonner mit dem Beschleunigungsvermögen eines 911 Carrera G-Modells von 1989 (6,1 Sekunden auf 100 km/h) wenn sie gut gemacht sind, eben brauchen. Zwischen Autokritikern und Fans verteilen Autos mit solchen Verbrauchswerten die Karten in der Argumentation allerdings ziemlich ungleich. Man mag sich gar nicht so recht vorstellen, was der neue V8 TDI im Touareg in der Praxis als Wegelohn einfordert. Wie dort bin ich zudem der Ansicht, dass VW es Kritikern wenigstens minimal schwerer machen könnte, in dem alle Touareg die ab Januar 2021 gültige Euro 6d erfüllen würden. Tun sie aber nicht: Der Auslöser der Abgasdebatte der vergangenen Jahre hält sich weiterhin zurück, statt Vorbild zu sein.

Einen besseren Schnitt verspricht hier nicht einmal der oben schon erwähnte Volvo-Dieselhybrid XC 90 B5, der zwar 50 PS schwächer, 1,5 Sekunden behäbiger ist, aber laut Prospekt exakt die gleiche Menge Diesel verlangt. Mit einem 75-Liter-Tank für Diesel und einem 24-Liter-Tank für AdBlue ist der Touareg zudem für jede Fernreise wunderbar gerüstet. Im Offroadpaket ist sogar ein 90-Liter-Tank enthalten, wenn man dem modernen, heckbetonten Permanentallrad einen Expeditionsanstrich geben will.

Zugegebenermaßen hat der Touareg im Testzeitraum noch nicht einmal eine Grasnarbe unter die 20-Zöller bekommen. Aber die Art und Weise, wie er bisher in jeder Fahrdisziplin dienstfertig abgeliefert hat und das Studium seiner technischen Schlechtwegevorbereitung führen dazu, dass ich nicht glaube, dass sich der Touareg abseits der Straßen dumm anstellt. Dazu gehört auch oben erwähntes Offroadpaket, das einen technischen Unterschutz umfasst. Da der größte Schwachpunkt eines Geländewagens aber meist auf dem Fahrersitz zu finden ist, bietet der Touareg auch nützliche Assistenz wie etwa eine Offroad-Monitor-Anzeige des Zentralbildschirms, die unter anderem auch den Lenkwinkel anzeigt.

EDV-Verstimmung

Assistenz bietet der Touareg in jeder Hinsicht. Hier ist viel gut und noch mehr teuer. Das große Paket mit Abstandsregeltempomat mit automatischer Geschwindigkeitsbegrenzung, Spurhalte- und –wechselassistent, Notbremsassistent, Staulenkassistent usw. kostet 2300 Euro und funktionierte im Testwagen sehr gut. Auch die automatische Geschwindigkeitsbegrenzung die während einer Tempomatfahrt eine Geschwindigkeitsbegrenzung erkennt und das Fahrzeug automatisch ohne Zutun des Fahrers auf die erlaubte Geschwindigkeit begrenzt bzw. bei Aufhebung wieder auf die Wahlgeschwindigkeit beschleunigt, funktioniert gut. Nicht sehr gut ist es, wenn der Tempomat auf einer freien Autobahn bei 230 km/h lästig versucht, auf 30 km/h abzubremsen, weil er eine EDV-Verstimmung hat. Aber wirklich hundertprozentig zuverlässige Systeme gibt es in dieser Hinsicht aktuell nirgends.

Serienmäßig sind beim Touareg Voll-LED-Scheinwerfer, gegen Zuzahlung von 1850 Euro bekommt man ein sogenanntes I.Q.-Light mit Dauerfernlicht. Es funktionierte im Testwagen hervorragend und qualifizierte sich für eine Kaufempfehlung. Eine Unverschämtheit ist, dass VW dann noch einmal 180 Euro zusätzlich für eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage nimmt. Auf Wunsch kann man dann noch einmal 1820 Euro für einen Nachtsichtassistenten ausgeben, der per Wärmebild im Kombiinstrument die Fußgänger und Radfahrer markiert. Meine Meinung hierzu ist, wer so etwas bei der Nacht braucht, sollte bei seinem Optiker vorsprechen. Hinzu kommt, dass das System bei Regen nicht funktioniert. Zumindest dafür würde ich mir das Geld ganz sicher sparen.

Werkzeug für Goldpreis

Andererseits bin ich vielleicht schon deshalb die ganz falsche Zielgruppe, weil ich angesichts von weniger als 2000 Euro überhaupt nachdenke. Der aufmerksame Leser mag es geahnt haben. Erstens ließ ich schon einige Optionspreise einfließen, die sich irgendwann summieren müssen. Andererseits hab ich es am Anfang auch schon ganz leicht angeschlagen, dass der Touareg teuer ist. Ein Touareg mit 286 PS-V6-Diesel, Achtgangautomatik und permanentem Allradantrieb kostet 62.305 Euro Listenpreis, ohne weitere Extras.

Da braucht man dann zumindest noch eine Farbe für 1390 Euro, Leder für 4650 Euro wird die Zielgruppe auch wollen. Unter dem Strich kam unser Testwagen so auf einen Listenpreis von knapp 109.000 Euro. Ein sehr gut ausgestatteter Volvo XC90 B5 kostet gute 89.000. Bei geschickter Verhandlung bekommt man einen luxuriös ausgestatteten BMW 530d Touring und einen Mazda MX-5 (Test) als Pärchen für weniger Geld. Und das sind zwei Autos, während der Touareg doch nur ein Werkzeug ist.

Als solches ist er nahezu perfekt, aber auch ein Schraubenzieher aus massivem Gold taugt nicht für einen emotionalen Kauf. Niemand von uns in der Redaktion würde um einen Preis von über 100.000 Euro einen Touareg kaufen. Müsste man allerdings auch nicht. Ein 286-PS-Touareg in meiner Wunschkonfiguration, in der einem wirklich nichts fehlt, weist im Konfigurator einen Listenpreis von 89.226 Euro aus. Meine Redaktionskollegen brauchen noch das Schiebedach, dann sind es halt 91.171 Euro.

Allerdings ist das auch schon sehr, sehr viel Geld für einen VW. Zu viel für ein Werkzeug!? Als sie mir den Touareg nach zwei Wochen wieder nehmen, ertappe ich mich doch bei einer inwendig verdrückten Träne. Es war einfach cool, was für eine Allzweckwaffe dieses Auto war. Habe ich Auto gesagt? Na ja, …

Die Kosten für die Überführung hat VW übernommen, jene für Kraftstoff die Fahrer. (chlo)