Volle Ladung

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Auch Siemens VDO hat ein ähnliches Konzept vorgestellt: ein Modul namens eCorner, das Antrieb, Lenkung, Bremse und Dämpfung direkt am Rad unterbringt, elektrisch angetrieben und elektronisch gesteuert. Siemens-VDO-Vorstandsmitglied Klaus Egger ist sich sicher: „Der Hybridantrieb ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Antrieb der Zukunft. Wir sehen im Elektromotor die tatsächlich langfristige Antriebslösung.“

China als Katalysator

Der entscheidende Schlüssel, um das akkugespeiste Elektroauto nach all den Fehlschlägen wieder in Fahrt zu bringen, ist naturgemäß die Batterietechnologie. Für die anspruchsvolle Anwendung im hybriden Automobil ist der Nickel-Metallhydrid-Akku derzeit das Mittel der Wahl. Schon er ist gegenüber der alten Bleibatterie ein gewaltiger Fortschritt, mit mehr als doppelter Energiedichte (bis zu 90 Wattstunden pro Kilogramm), bis zu dreifacher Leistungsdichte (bis zu 1300 Watt pro Kilogramm) und wesentlich höherer Zyklenfestigkeit. Die Schwächen des NiMH-Akkus sind seine Temperaturempfindlichkeit und das aufwendige Batteriemanagement, das für den zuverlässigen Betrieb notwendig ist. Und die Leistungsdaten sind noch immer nicht gut genug, um ein Auto auch über längere Strecken elektrisch betreiben zu können.

Zauberformel Lithium-Ionen-Technik

Die aktuelle Zauberformel heißt deshalb Lithium-Ionen-Technologie. Bedauerliche Parallele aus europäischer Sicht: Wie schon bei den Hybridautos hat man auch in der Batterieentwicklung die erste Abfahrt verpasst. „Der Rückstand beträgt schon einige Jahre, aber wir sind dabei aufzuholen“, sagt Uwe Paulmann, Experte für Lithium-Ionen-Technologie bei der Geschäftseinheit Creavis des Chemieunternehmens Degussa.

Führend in der Entwicklung sind – wenig überraschend – japanische Unternehmen wie Panasonic und Sanyo, daneben spielt China eine immer bedeutendere Rolle am Markt der Batteriehersteller. Firmennamen wie BAK oder BYD sollte man sich merken. Der besonders spannende Aspekt: BYD etwa entwickelt und produziert nicht nur Batterien, sondern hat auch eine eigene Automobilproduktion – entsprechende Synergieeffekte sind sehr schnell kurzgeschlossen. Ein Prototyp, der BYD ET, wurde schon vorgestellt. China könnte auch deshalb ein Katalysator für das Comeback des Elektroautos werden, weil die Entwicklung alternativer Antriebe von der dortigen Regierung massiv gefördert wird.

Brisanter Cocktail

Gegenüber Nickel-Metallhydrid bringt die Lithium-Ionen-Technologie noch einmal eine mindestens um das Zweifache bessere Performance; hinzu kommen Faktoren wie hohe Zyklenfestigkeit, geringe Selbstentladung und eine günstige Betriebstemperatur. Tatsächlich sind die Li-Ion-Akkus schon lange im breiten Einsatz in kleineren mobilen Geräten wie Handy oder Laptop. Dort haben sie inzwischen allerdings auch ihre Schwächen offenbart: Das eine oder andere Gerät ist seinem Benutzer schon um die Ohren geflogen, weil diese Akkus bei Überhitzung – zum Beispiel durch zu hohe Ladeströme – dazu neigen, durch Kurzschlüsse in Flammen aufzugehen. Der Computerhersteller Dell etwa musste im August eine Rückrufaktion für 4,1 Millionen Laptop-Akkus starten, zwei Wochen später folgte Apple mit 1,8 Millionen Akkus. In einem Auto mag man sich diesen brisanten Cocktail noch weniger vorstellen. Im Tesla Roadster werden die knapp 7000 Akkus deshalb einzeln verpackt und von einem elektronisch geregelten Kühlungs- und Batteriemanagement kontrolliert.

Das Sicherheitsproblem will Degussa mit einer neuen Membran für die korrekte Trennung der Elektroden entschärfen. Sie hört auf den Namen Separion und besteht aus einem flexiblen Keramikgewebe, das auch bei höchster Überlastung oder grober Beschädigung nicht schmilzt. Im schlimmsten Fall kann es zu lokalen Kurzschlüssen kommen, aber ohne gröbere Folgewirkungen. Weil der Markt für Lithium-Batterien zweistellig wächst und Degussa für 2015 ein Marktvolumen von sieben Milliarden Dollar erwartet, will sich das Unternehmen als Komponentenanbieter positionieren; dazu hat es ein Joint Venture mit dem japanischen Batteriehersteller Enax gegründet – das übrigens auch in China produzieren lässt.

Batterieszene in Bewegung

„Die Batterie ist serienreif“, sagt Paulmann – seiner Einschätzung nach wird das erste Auto mit dieser Technologie im Jahr 2008 auf den Markt kommen. Jedenfalls sei die gesamte Batterie-Szene mächtig in Bewegung gekommen: „Jeder, der etwas von Strom versteht, spricht mit jedem.“ Auch Toyota hat bereits angekündigt, Li-Ion-Batterien einsetzen zu wollen. Der Haupttreffer könnte jedoch dem amerikanischen Unternehmen A123 Systems gelungen sein, einem Spin-off des MIT. Die Besonderheit seiner Batterie ist das Material der Elektrode, ein mit Nanopartikeln versehenes Lithium-Eisenphosphat, das die Oberfläche der Elektrode und damit die Speicherkapazität vergrößert. Die M1 genannte Batterie soll in so gut wie allen Daten besser sein als herkömmliche Li-Ion-Batterien: doppelte Leistung bei 80 Prozent weniger Gewicht, volle Aufladung in nur wenigen Minuten, unerreichbare Zyklenfestigkeit und Lebensdauer durch einen sehr kleinen Innenwiderstand.