Vorstellung: Honda CRF 1100 L Africa Twin

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Die Nachfolgerin der CRF 1000 Africa Twin ist für Honda eine Bank: Sie hat sich in den letzten drei Jahren zum meistverkauften Motorradmodell der Marke in Europa entwickelt. Die ab 2020 geltende Euro5-Norm zwang Honda jedoch zu einer Überarbeitung.

Um leistungsmäßig nicht ins Hintertreffen zur bisherigen Africa Twin zu geraten, vergrößerten die Ingenieure den Hubraum und konnten dem Zweizylinder so mehr Leistung bei geringeren Emissionen entlocken. Doch nicht nur der Motor wurde überarbeitet, auch Rahmen, Fahrwerk und die Elektronik wurden einer gründlichen Revision unterzogen. Dabei blieb die Africa Twin im Design wohlweislich dicht am bisherigen Modell, das sich nicht zuletzt durch seine attraktive Optik sehr gut verkaufte.

Kultbike seit den 80er-Jahren

Den Grundstein des Erfolgs legte Honda bereits in den 1980er Jahren, als die XRV 650 Africa Twin sich einen riesigen Fankreis aus Abenteuerlustigen eroberte und sich zum Kultbike mauserte. Ihre Zuverlässigkeit war legendär und die 650er – später hatte sie 750 Kubikzentimeter – trug den Fahrer in die entlegensten Winkel der Welt. Als Honda die Africa Twin 2016 neu auflegte (Test) , eroberte sie die Herzen der alten und neuen Fans im Sturm. Seit ihrer Vorstellung verkaufte Honda weltweit 87.000 Stück der CRF 1000 L Africa Twin. Jetzt wurde es durch die strengeren Auflagen der Euro5-Norm Zeit für eine Neuauflage. Das Design CRF 1100 L Africa Twin wurde eng an das der Werks-Rallye-Maschinen angelehnt mit aggressiver Linienführung und hoch aufragender Front.

Mehr Feuer, weniger Rauch

Der Hub des Reihenzweizylindermotors wurde von 75,1 auf 81,5 Millimeter erhöht, so dass sich nun 1084 Kubikzentimeter ergeben. Das schlägt sich natürlich auch in der Leistung nieder: Die neue Africa Twin leistet 102 PS bei 7500/min, sieben mehr als bisher. Das maximale Drehmoment stieg von 99 auf 105 Nm bei 6250/min. Honda verspricht, dass dieses Plus schon ab 2500 Touren den Durchzug verbessert. Die CRF 1100 L erhielt neue Zylinderköpfe, Nockenwellensteuerung, Drosselklappen und ein überarbeitetes Abgassystem mit gesteuerter Klappe für mehr Leistung bei höheren Drehzahlen.

Leichter klettert besser

Honda betont, dass der Fokus der neuen Africa Twin auf noch mehr Offroad-Tauglichkeit gelegt wurde. Da der Endurist nichts mehr schätzt als geringes Gewicht, erleichterte Honda die CRF 1100 L unter anderem an Getriebe und Chassis um insgesamt fünf Kilogramm im Vergleich zur Vorgängerin, so dass sie nun 226 Kilogramm bei vollem 18,8-Liter-Tank auf die Waage bringen soll. Der Heckrahmen besteht jetzt aus Aluminium statt aus Stahl und ist mit dem Hauptrahmen verschraubt statt angeschweißt. Im Falle eines durch Sturz verbogenen Hecks muss nun nicht mehr der komplette, sondern nur der erheblich günstigere Heckrahmen ersetzt werden.

Schwinge aus dem Motocross-Modell

Ihre Alu-Schwinge basiert auf der des Motocrossers CRF 450 R und hat dort ihre Belastbarkeit ausgiebig bewiesen. Dass Honda es ernst meint mit verbesserten Geländewerten zeigt die Sitzbank, die zwar immer noch 850 bzw. 870 Millimeter hoch liegt (die Sitzbank ist in zwei Stufen höhenverstellbar), aber jetzt 40 Millimeter schmaler wurde. Das erleichtert dem Fahrer die Kontrolle, wenn er auf den Fußrasten steht und reduziert außerdem die Schrittbogenlänge, so dass nun auch kleinere Fahrer besser mit der großen Reiseenduro zurechtkommen. Die neue Sitzbank erleichtert zudem die Gewichtsverlagerung nach vorn und hinten.

Der Lenker wurde um 22 Millimeter erhöht, was die Ergonomie ebenfalls verbessert. Die vibrationsdämmenden Gummiauflagen der gezahnten Fußrasten können leicht entfernt werden, damit die Stiefel besseren Halt bei Geländefahrten finden. Der Windschild wurde an der neuen Africa Twin deutlich niedriger gehalten, um das Gelände direkt vor dem Vorderrad besser sehen zu können. Hingegen wurden die beiden LED-Scheinwerfer mit integriertem LED-Tagfahrlicht etwas weiter nach oben verschoben.

Touchscreen und Apple Car Play

Hinter der Frontverkleidung verbirgt sich eine kleine Sensation: Das farbiges 6,5 Zoll große TFT-Display verfügt über einen Touchscreen. Laut Honda kann er problemlos mit Handschuhen bedient werden. Das Menü kann aber über Tasten am linken Lenkerende angesteuert werden. Die neue Africa Twin verfügt sogar über Apple Car Play (Test), obwohl es hier eigentlich Apple Motorcycle Play heißen müsste. Das iPhone kann per USB-Stecker verbunden werden und zum Beispiel Google Maps zur Navigation anzeigen. Auf das Headset des Fahrers können Anrufe via Bluetooth vom iPhone oder auch Android-Gerät geleitet oder Musik gestreamt werden. Wenn aber der Fahrer sich etwa Google Maps auf dem Display darstellen lässt, würden ihm die zwingend wichtigen Informationen wie die Geschwindigkeit fehlen. Also hat Honda unterhalb des TFT-Displays noch ein Instrument angebracht, das das Tempo, den eingelegten Gang und die abgespulten Kilometer digital anzeigt sowie diverse Warnleuchten bietet.

Aktuelle Assistenzsysteme

Bei den elektronischen Assistenzsystemen geizt Honda nicht. So erhielt die Africa Twin 1100 die neueste sechsachsige IMU von Bosch mit siebenstufiger Schlupfregelung. Dabei greifen die Stufen eins bis vier nur minimal ein und liegen dicht beieinander, damit erfahrene Enduristen von einer fein abgestimmten Traktionssteuerung profitieren, während die Stufen fünf bis sieben weiter auseinanderliegen. Außerdem verfügt die CRF 1100 L über einen dreistufigen Wheelie-Verhinderer, Kurven-ABS mit Offroad-Modus und eine Abhebeerkennung des Hinterrads. Zusätzlich zu den Fahrmodi Urban, Tour und Gravel kommt im neuen Modell noch der Offroad-Modus. Wer es wünscht, kann die elektronischen Helfer auch ganz abstellen. Den Tempomat spendiert Honda seiner neuen Africa Twin nun serienmäßig, ebenso wie eine Emergency-Stopp-Funktion, bei der die Warnblinker automatisch während einer Vollbremsung eingeschaltet werden.

Auf Wunsch ein Automatikgetriebe

Der Kunde hat die Wahl zwischen dem konventionellen Schaltgetriebe oder dem aufpreispflichtigen Doppelkupplungsgetriebe DCT. Das DCT wechselt im AT-Modus die Gänge selbstständig, während der Fahrer im MT-Modus per Knopfdruck die Gänge hoch- und runterschalten kann. In seiner neuesten Generation erkennt das DCT sogar Kurven. Allerdings wiegt das DCT rund zehn Kilogramm und vernichtet damit die Gewichtsersparnis des neuen Modells.

Fernreisekonfiguration Adventure Sports

Wie schon bei der letzten Africa Twin, wird es auch bei der CRF 1100 L eine Adventure Sports geben. Paradoxerweise ist die Adventure Sports die weniger sportlichere der beiden Africa Twins, sie soll mehr die Fernreise-Touristen ansprechen. Sie bietet noch mehr Tourentauglichkeit durch einen 24,8-Liter Tank, eine etwas breitere Frontverkleidung, eine hohe, verstellbare Scheibe, einen vergrößerten Motorschutz, Gepäckträger, dicker gepolstertes Sozius-Sitzkissen, größere Seitenverkleidungen unterhalb der Sitzbank, Handprotektoren, Griffheizung und vieles mehr. Die neu konturierte Sitzbank ist nun 50 Millimeter tiefer als beim Vorgängermodell – vermutlich hatten sich zuviele Kunden über die enorme Sitzhöhe von 920 Millimeter beschwert. Nur für die Adventure Sports ist ein semi-aktives Showa-Fahrwerk gegen Aufpreis erhältlich. Allein schon der riesige Tank und ihr höheres Gewicht von 238 Kilogramm verhindern allzu großen Elan der Adventure Sports (Test) im Gelände.

Über die Preise für seine beiden neuen Africa Twin-Modelle hat Honda noch nichts verlautbaren lassen, es ist jedoch zu erwarten, dass sie über den bisherigen von 13.465 Euro bzw. 14.865 Euro liegen werden.