Autonomes Fahren: Mercedes und Nvidia planen gemeinsame Plattform
Mercedes und Nvidia arbeiten schon länger eng zusammen. Künftig soll die Kooperation noch tiefer gehen und den Bereich "automatisiertes Fahren" umfassen.
Nach einem regelrechten Hype um das autonome Fahren wurde es zuletzt um dieses Thema etwas ruhiger. Die Anforderungen an Fahren auf Level 5 sind enorm, und der deutsche Gesetzgeber hat die Präzisierung von Vorgaben noch immer nicht komplett abgeschlossen.
Die Hersteller sind inzwischen bemĂĽht, die gewaltigen Entwicklungskosten breiter zu streuen. Volkswagen und Ford arbeiten in der Firma "Argo AI" zusammen. BMW und Mercedes haben zwar bekannt gegeben, die erst 2019 gestartete Zusammenarbeit in diesem Bereich vorerst zu beenden, doch die Leitungen dĂĽrften nicht komplett durchschnitten worden sein. Zu groĂź ist der Kostendruck bei der Entwicklung, zu klein die Chance, sich hier fĂĽr den Kunden wahrnehmbar von der Konkurrenz abzusetzen.
Mercedes vertieft nun die Zusammenarbeit mit Nvidia. Gemeinsam haben sie schon das Infotainmentsystem MBUX entwickelt, das auch zwei Jahre nach seiner Vorstellung zu den besten Systemen ab Werk gehört. Nun sollen Chips und Software-Architektur von Nvidia das autonome Fahren voranbringen. Mercedes-CEO Ola Källenius setzt dabei auf die Kompetenz der Kalifornier beim Thema künstliche Intelligenz (KI): "Nvidias KI-Rechnerarchitektur soll helfen, unseren Weg zum autonomen Fahren weiter zu beschleunigen."
Die neue Software-Architektur basiert auf "Nvidia Drive" und soll in allen kommenden Mercedes-Modellen zum Standard gehören, um autonomes Fahren zu ermöglichen. Ein Ziel sei es, regelmäßige Strecken automatisiert zu fahren. 2024 soll das erste Serienauto mit dieser Software auf den Markt kommen. Die anstehenden Neuauflagen von C- und S-Klasse werden also noch nicht dazugehören.
Dank Updates immer besser?
Nvidia zeigt sich optimistisch. Früher sei ein Auto beim Kauf am besten gewesen, jetzt könne es mit der Zeit dank Software besser werden, sagte Nvidia-Chef Jensen Huang. Autos von Mercedes könnten zehn oder 20 Jahre auf der Straße bleiben und mit der neuen Plattform auch diese gesamte Zeit mit Software aufgefrischt werden, argumentierte er. "Das Geschäftsmodell der Autoindustrie wird sich verändern."
Das müsste es dafür allerdings gleich auf mehreren Ebenen, denn bisher haben sich die meisten Autohersteller um einen langjährigen Support nicht gerade gerissen. Audi hatte 2012 den zaghaften Versuch eines modularen Infotainmentsystems unternommen, diesen allerdings zügig wieder eingestellt. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die Zahl der Kunden, die bereit sind, in einen Gebrauchtwagen aktualisierte Hardware einzubauen, zu klein ist, um daraus ein Geschäftsmodell zu machen, mit dem man einen Autohersteller locken könnte.
NachrĂĽstungen over-the-air
Zusätzlich soll es mit der neuen Plattform bei Mercedes "zahlreiche weitere Sicherheits- und Komfortanwendungen" geben. Kunden sollen Software und Abo-Dienste via Over-the-Air-Updates über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs kaufen und hinzufügen können. Dieses Geschäftsmodell bauen gerade auch BMW und Volkswagen im großen Stil auf. Die Hoffnung ist, den Kunden damit stärker an sich zu binden und – natürlich – dauerhaft zusätzliche Einnahmen zu generieren. Die Chancen, dass das klappt, stehen nicht schlecht.
(mfz)