Autos der 60er-Jahre

Seite 3: Klassiker von Jaguar, Alfa Romeo, Ford und Honda

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Das "schönste Auto aller Zeiten", sagt die Auto Bild Klassik. Das "britischste Auto aller Zeiten", sagt eine internationale Jury der Messe "Classic & Sports Car". Das kommt der Wahrheit näher, weil es bei genauer Betrachtung kein vollumfängliches Lob ist. Wie schon der Aston Martin DB5 entstand auch der E-Type in einer Zeit des Chaos und des Umbruchs. Als Beispiel soll die Präsentation des Fahrzeugs auf dem Autosalon in Genf 1961 dienen. Jaguar hatte dafür schlichtweg kein Exemplar übrig, weswegen ein ziemlich runtergerittenes Testexemplar auf eigener Achse durch halb Europa gefahren wurde. Bob Berry, der dafür zuständige PR-Mitarbeiter, erreichte die Schweiz noch rechtzeitig, um den Wagen vorher neu lackieren zu lassen und innen zu reinigen.

So wie die Verarbeitungsqualität im England der 1960er-Jahre schwanken auch die Gebrauchtwagenpreise beim Jaguar E-Type enorm.

(Bild: Jaguar)

Auch die Produktion lief nicht reibungslos. Jaguar hatte nicht damit gerechnet, einen zeitlosen Klassiker geschaffen zu haben. Deswegen gab es keine Maschinen für die Massenproduktion und im Werk war alles auf Handarbeit eingestellt. Ein Problem, dessen Lösung Zeit brauchte. Weswegen nie genug Jaguar E-Type zur Verfügung standen. So hätte beispielsweise Roger Moore für seine Rolle als Simon Templar in der gleichnamigen Serie einen kriegen sollen. Weil Sir William Lyons, der Jaguar-Gründer, aber kein Exemplar übrig hatte (oder hergeben wollte – da gehen die Erzählungen auseinander) fuhr Moore einen Volvo P 1800.

Trotz aller Mängel und kultiger Geschichten rund um den Jaguar E-Type ist völlig unumstritten, dass es sich bei diesem Fahrzeug um eines der schönsten Autos aller Zeiten handelt.

(Bild: Jaguar)

Aufgeräumt, schlicht, elektronikfrei.

(Bild: Jaguar)

Dass Alfa Romeo erst in den 60er-Jahren Erwähnung findet und nicht schon in den 50ern (trotz Disco Volante und Giulietta) ist eine dieser Ungerechtigkeiten, die sich nicht vermeiden lassen. Doch in den 60ern hat Alfa aufgedreht. Und zwar derart, dass eine Schönheit wie der TZ (Tubolare Zagato) nur eine Nebenrolle spielt, weil stattdessen die Giulia GTA (Gran Turismo Alleggerita) alles richtete, was sich neben ihr auf die Rennstrecke traute. Von der zivilen Giulia, diesem filigranen Kunststück, ganz zu schweigen. Und dann war da noch der Alfa Romeo Spider.

Was haben die Fans des Giulietta Spider geweint, als sie die Gummilippen sahen. Jetzt lecken sie sich ihre eigenen, wenn sie einen der begehrten Klassiker sehen.

(Bild: Alfa Romeo)

Ein Meisterwerk, das mit einer Hypothek auf den Markt kam. Denn es sollte den Publikumsliebling Giulietta Spider ersetzen. Bereits die Fließbandarbeiter gaben dem Neuen einen Spitznamen: Osso di Seppia – also Schale des Tintenfischs. Eher kompliziert für den deutschen Sprachgebrauch, weswegen der Wagen hier Schlauchboot genannt wurde. Doch das Unken verstummte. Unter der Haube gab es feinste Rennsport-Technik: Block und Kopf aus Alu, zwei obenliegende Nockenwellen und 109 PS aus 1,6 Liter Hubraum. Weil Dustin Hoffmann den Wagen stilecht durch den Film "Die Reifeprüfung" (The Graduate) feuerte, wird der Alfa in den USA auch Graduate-Spider genannt.

Schon im Jahr 1967 brachte Alfa Romeo eine Variante mit 113 PS raus (Spider 1750), bereits 1968 rundete eine 87-PS-Version die Produktpalette nach unten ab.

(Bild: Alfa Romeo)

Vier Generationen legte Alfa Romeo vom Spider auf. Seit dem Jahr 2010 ist Schluss. Jetzt sind – wie bei allen Herstellern – SUV angesagt.

(Bild: Alfa Romeo)

Es ist fast so, als hätte Lee Iacocca in die Zukunft sehen können. Anfang der 60er-Jahre sagte er voraus, dass junge Menschen in den USA bald so viel Geld wie nie zuvor übrighaben würden und sie davon keine langweiligen Autos kaufen wollen würden. Also schob er die Entwicklung des Ford Mustang an, plante selbst fleißig mit und präsentierte im Jahr 1964 der Öffentlichkeit eine völlig neue Fahrzeuggattung. Das Pony Car war geboren. Statt der geplanten 100.000 bis 240.000 Stück pro Jahr setzte Ford im ersten vollen Verkaufsjahr 680.000 Stück ab. Ford zeigte sich dankbar und machte Iacocca zum Vizepräsidenten.

Bei der Präsentation war Ford noch nicht klar, welchen Hit die Marke mit dem Mustang wirklich gelandet hatte.

(Bild: Ford)

Sowohl für Iacocca als auch für den Ford Mustang beginnt die Geschichte damit erst. Der Ford Mustang sollte sich in einen ewigen Imagekampf mit dem Chevrolet Camaro begeben. Zwar verkaufte Ford – vor allem am Anfang – eine Vielzahl dessen, was Chevrolet auf den Markt brachte, doch tat die Konkurrenz dennoch weh. Im Jahr 1968 wurde der Mustang endgültig zur Legende, weil Steve McQueen eine darin eine legendäre Verfolgungsjagd in "Bullit" hinlegte. Und Deutschland? Deutschland hatte den Ford Capri. Auch nett.

Bereits im 1967 lief der millionste Ford Mustang vom Band, der zehnmillionste im Jahr 2018.

(Bild: Ford)

Gute Nachrichten für alle Oldtimer-Liebhaber: Die Technik ist unempfindlich.

(Bild: Ford)

Der Honda S800 prägte unser Straßenbild mehr, als vielen klar ist. Zum einen, weil es sich dabei um das erste japanische Auto handelte, das in Europa Premiere hatte (1966 in Paris) und das offiziell nach Deutschland exportiert wurde. Vor allem aber, weil ohne dieses Auto die ganze Marke nicht denkbar gewesen wäre. Denn die japanische Regierung wollte Anfang der 60er nur drei Firmen erlauben, Autos zu bauen. Honda war nicht darunter. Also fuhr die Marke unter Gründer Soichiro Honda eine Werbekampagne samt Gewinnspiel und sammelte dabei Kontaktdaten von sechs Millionen potentiellen Kunden ein. Bei sechs Millionen Wählern, die kontaktiert werden sollten, würde die Regierung das Gesetz kippen. Siehe da. So geschah es.

Im Honda S800 steckte reichlich Motorsport. Honda hatte Erfahrungen in der Formel Eins gesammelt und schaffte es, sie auf die Straße mitzunehmen.

(Bild: Honda)

Also kam der S800 im Jahr 1966 nach Deutschland. Kein Problem. Eine Honda-Niederlassung gab es in Hamburg bereits seit 1961. Für 7750 Mark gab es einen Wagen, der bis 12.000 Touren drehen konnte. Die Konkurrenz aus Europa (NSU Spider, VW Karmann-Ghia 1500, Opel Rallye Kadett, Fiat 850, Peugeot 204) war teurer oder langsamer oder beides. Der Wagen reichte aus, um in Deutschland binnen Jahresfrist 200 Händler anzulocken. Die verkauften zwar nur 1947 Exemplare des S800, doch der Siegeszug der Marke war nicht mehr aufzuhalten.

"Man kommt um die Feststellung nicht herum, dass die Japaner im Bau kleiner Hochleistungsmotoren einen deutlichen Vorsprung haben", fasste Auto, Motor und Sport den S800 in Worte.

(Bild: Honda)

Das Image der Rebellen hat sich Honda in seinem Heimatland bis heute erhalten.

(Bild: Honda)

(mfz)