Den Dreh raus: Kawasaki ZX-6R im Test

Seite 2: Ausgesprochen handlich

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Die leichte ZX-6R fährt sich ausgesprochen handlich. Die Kurve anvisieren, abwinkeln und durchzirkeln geschieht mit einer herrlichen Leichtigkeit. Da haben es die Superbikes mit einem Liter Hubraum verdammt schwer, an der Kurven-Ballerina dran zu bleiben. Selbst Korrekturen in Schräglage nimmt die Kawasaki dem Fahrer nicht übel.

Dabei helfen nicht nur die kompakten Abmessungen und das geringe Leergewicht von 196 Kilogramm, sondern auch das voll einstellbare Fahrwerk. Vorne arbeitet eine 41 Millimeter dicke Big-Piston-Fork vom japanischen Spezialisten Showa, die sich separat einstellen lässt. Das hintere Showa-Federbein ist ebenfalls komplett einstellbar. Obwohl die ZX-6R in der Basis eher straff abgestimmt ist, bietet sie im Alltag mit noch genügend Komfortreserven. Lediglich auf holprigen Nebenstrecken werden die Handgelenke des Piloten merklich malträtiert.

Natürlich ist die Sitzposition auf der ZX-6R bauartbedingt sportlich geraten und die schwarz eloxierten Fußrasten sind entsprechend hoch positioniert. Für die Rundstrecke ist das optimal, auf der Landstraße muss man damit leben. Allerdings geriet der 17-Liter-Tank relativ breit und spreizt die Beine deutlich, was das schnelle Umsteigen beim Hanging-off etwas erschwert.

Der breite Tank fordert etwas Umgewöhnung beim Umhängen.

(Bild: Ingo Gach)

Die serienmäßig aufgezogenen Bridgestone Battlax S22 harmonisieren vorzüglich mit der ZX-6R und bieten sehr große Gripreserven. Der Endschalldämpfer geriet von der Seite betrachtet ziemlich voluminös, dabei ist er direkt von hinten gesehen erstaunlich schmal, schließlich muss er maximale Schräglagenfreiheit gewährleisten. Tatsächlich pfeift die Kawasaki mächtig schräg ums Eck, ohne dass irgendwas außer den Reifen und das Knie des Fahrers Bodenkontakt hätten.

Die ZX-6R ist kurz übersetzt, was sich im Durchzug sehr positiv bemerkbar macht. Sie lässt sich in dieser Disziplin kaum von 1000er Superbikes abhängen. Der Motor schnurrt wie eine Nähmaschine mit Tempo 50 im sechsten Gang ohne zu Ruckeln und zieht bis zur Höchstgeschwindigkeit von 248 km/h durch. Respekt, wenn man bedenkt, dass der Vierzylinder eigentlich auf extrem hohe Drehzahlen ausgelegt ist. Dank des Quickshifters lassen sich die Gänge ohne Kupplungseinsatz einfach nur durch Antippen des Schalthebels rasant durchladen. Die Nissin-Bremsen verzögern vehement, lassen aber einen klaren Druckpunkt vermissen. Fading kennen sie nicht. An dieser Stelle sei lobend erwähnt, dass die ZX-6R angenehm leise ist. Mit einem eingetragenen Fahrgeräusch von nur 75 dBA ist sie geradezu vorbildlich. Selbst bei höheren Drehzahlen wird die Kawasaki nie unangenehm laut.

Das asymmetrisch aufgebaute Cockpit lässt sich gut ablesen. Auf ein TFT-Display verzichtete Kawasaki vermutlich aus Kostengründen. Der zentrale Drehzahlmesser hat einen Zeiger, während alle anderen Infos digital eingespielt werden. Das Menü im LC-Display lässt sich per Schalter am linken Lenkerende durchklicken. Andere Sportbikes bieten mittlerweile zwar deutlich mehr elektronische Assistenzsysteme an, aber die ZX6-R braucht weder eine Anti-Wheelie-Kontrolle noch ein einstellbares Motorbremsmoment oder eine Launch-Control. Je weniger Gedanken man sich über Einstellungen machen muss, desto entspannter fährt es sich. Dafür erweist sich die serienmäßige 12-Volt-Steckdose als praxisorientiert.

Die Kawasaki ZX-6R gibt es für 11.695 Euro in schwarz, die giftgrüne KRT-Replica für 11.895 Euro. Damit hat die Marke den Preis deutlich gesenkt, die letzte ZX-6R 636 von 2016 kostete noch 13.195 Euro. Dabei hat das aktuelle Modell eine umfassendere Ausstattung.

Mit der neuen ZX-6R ist Kawasaki nicht nur die Auferstehung in der Supersportklasse, sondern ein ganz großer Wurf gelungen. Der Motor ist ein echtes Sahnestück und das Bike ausgesprochen handlich. Wer sich mit der sportlichen Sitzposition abfinden kann, kann im Alltag viel Freude an der ZX-6R haben.