Fahrbericht Aprilia Tuareg 660: Mit Leichtigkeit

Die vergleichsweise leichte Enduro überzeugt mit drehfreudigem Motor und handlichem Fahrwerk auf der Straße genauso gut wie im Gelände. Ein echtes Spaßmobil.

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Leicht bringt Spaß, die Aprilia zeigt es überzeugend.

(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ingo Gach
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Endlich gibt es wieder Enduros, die dieser Bezeichnung auch gerecht werden. Yamaha hat mit der nur etwas über 200 kg wiegenden Ténéré 700 ein sehr erfolgreiches Argument gegen die übergewichtigen und PS-strotzenden Reiseenduros geliefert. Aprilia zieht mit der Tuareg 660 jetzt nach. Wir haben die schicke Enduro aus Italien einem Test unterzogen. Sowohl auf der Straße als auch im Gelände schlug sie sich bravourös.

Aprilia hat den Namen Tuareg für sein jüngstes Modell mit Bedacht gewählt, schließlich soll sie ambitionierte Fahrer im Bedarfsfall auch sicher durch die Wüste bringen. In Anbetracht der üppigen Federwege und der grobstolligen Reifen glauben die Fans das gerne. Ihr verwegenes Design erinnert an ihre Einzylinder-Vorfahrin Tuareg 600 Wind von 1989, die vom Werk sogar auf der berühmt-berüchtigten Rallye Paris-Dakar eingesetzt wurde.

Das soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tuareg 660 top-modern ist. Sie ist bereits das dritte Modell, das Aprilia mit seinem neuen Reihenzweizylinder ausstattet, der Motor hat sich bereits in der Tuono 660 und RS 660 bewährt.

Für den Einsatz in der Enduro reduzierten die Ingenieure allerdings die Leistung von 95 PS bzw. 100 PS auf 80 PS zugunsten eines besseren Drehmomentverlaufs. Um es vorweg zu nehmen: In der vollgetankt nur 207 kg schweren Tuareg reicht das für ein fulminantes Fahrerlebnis.

Fahrbericht Aprilia Tuareg 660 Teil 1 (7 Bilder)

Mit der Tuareg 660 ist Aprilia ein großer Wurf gelungen. Der Reihenzweizylindermotor ist ein Quell steter Freude.
(Bild: Ingo Gach)

Von seiner Drehfreude hat der 659 cm3 große Reihenzweizylinder mit 270 Grad Hubzapfenversatz nichts verloren und stürmt rasant bis zur Nenndrehzahl von 9250/min. Zusätzlich hat Aprilia die Sekundärübersetzung von 17/43 auf 15/42 Zähne gekürzt. Das Ergebnis ist ein kräftiger Antritt schon bei niedrigen Drehzahlen, bei gleichzeitig feinem Ansprechverhalten des Ride-by-wire-Gasgriffs, was vor allem offroad immens wichtig ist. Hier weiß die Tuareg 660 dann auch so richtig zu glänzen, nimmt Naturwege und Schotterstrecken wie auf Schienen unter ihr 21-Zoll-Vorder- und 18-Zoll-Hinterrad und durchpflügt sogar Kiesgruben, zumindest bis die Pirelli Scorpion Rally STR-Reifen an ihre Grenze stoßen.

Dank ihres geringen Gewichts lässt sich die Tuareg 660 spielerisch durch Kurven scheuchen. Beim Rangieren oder niedriger Geschwindigkeit nimmt es dem Fahrer die Angst vor einem Umkippen. Ihre 240 mm langen Federwege bieten spürbare Progression und stecken auch heftig Schläge im Gelände gut weg. Sowohl die 43 mm dicke Upside-down-Gabel als auch das hintere Federbein lassen sich in Vorspannung und Dämpfkraft einstellen. Das vernehmen Endurofahrer mit Wohlwollen, denn je nach Untergrund können unterschiedliche Fahrwerksabstimmungen sehr sinnvoll sein.

Dabei unterstützt die Tuareg 660 den Fahrer, wo sie nur kann. Wegen der langen Federwege erreicht sie eine Sitzhöhe von 860 mm, aber durch die vorn schlanke Sitzbank verliert die Höhe ihren Schrecken. Durchschnittlich große Fahrer erreichen mit beiden Füßen sicher den Boden. Auf den Fußrasten stehend gewährt das Sitzmöbel einen guten Kniekontakt, bietet aber auf der hinteren Hälfte immer noch genug Fläche, um auch zu zweit entspannt zu bleiben.

Der sehr breite Lenker gewährt einen guten Hebel, um die Enduro auf Kurs zu halten. Seine Kröpfung erweist sich im Sitzen und im Stehen als passend, der Fahrer muss die Handgelenke nicht unangenehm abwinkeln. Auf den gezackten Stahlfußrasten finden die Stiefel bombensicheren Halt, wenn zuvor die Gummieinlagen entfernt wurden. Letztere dienen eigentlich dazu, Vibrationen zu dämmen, doch davon produziert der Motor ohnehin so gut wie keine. Rein ergonomisch kann die Aprilia also überzeugen.