Infektionen: Wie sich Pandemien in Zukunft vermeiden lassen
Seite 3: Rasend schnell um den Globus
Denn Pandemien können durch mutierte neue Varianten bekannter Erreger wie die des Grippevirus entstehen. Infrage kommen aber auch neue Zoonosen, also Infektionskrankheiten, die wie Covid-19 von Tieren auf Menschen überspringen und sich dabei so gut an den Menschen anpassen, dass sie fortan auch von Mensch zu Mensch übertragen werden können.
Spillover-Ereignisse werden künftig immer häufiger werden. Nicht nur, weil die Menschheit durch Abholzung und Besiedelung immer enger an den Lebensraum von Wildtieren heranrückt und damit auch an Keime wie Ebola und HIV, die diese in sich tragen. Auch der Klimawandel spielt eine entscheidende Rolle, weil er Säugetiere und Insekten immer öfter in neue Habitate treibt. Das lässt sich gerade live an Malaria beobachten: Die übertragenden Mücken rücken durch sich verschiebende Klimazonen nach Europa vor.
Fasst ein Erreger neu FuĂź, klimawandelbedingt oder durch Mutation entstanden, kann er sich durch unsere weltumspannenden Reisen, internationale Lieferketten und Tiertransporte schnell um den gesamten Globus verbreiten. Eindrucksvoll gezeigt hat das erstmals SARS-CoV-1.
KI fĂĽr die FrĂĽherkennung
Im Berliner WHO-Hub, für den Deutschland eine Anschubfinanzierung von 90 Millionen Euro bereitstellt, sollen mithilfe Künstlicher Intelligenz bessere Computermodelle für die Früherkennung entstehen. Diese werten große Datenmengen etwa zur Tiergesundheit aus und dazu, wie es Erregern gelingt, den Artensprung zu vollziehen. So wollen die Forschenden die komplexen Zusammenhänge hinter spontanen Krankheitsausbrüchen künftig besser verstehen. Ähnliche Einrichtungen gründen derzeit auch andere Länder: Die USA haben das Nationale Zentrum für die Vorhersage und Analyse von Epidemien eingerichtet und Großbritannien ein Netzwerk namens Globales Pandemie-Radar.
Allerdings ist es schwierig, für Programme langfristige Finanzmittel zu bekommen, die über das Monitoring hinausgehen. Pandemien gelten als zu seltene und teure Ereignisse, als dass Staaten ihnen gesundheitspolitisch das entsprechende Gewicht geben. Obwohl es in den letzten 20 Jahren mit Sars-1 und MERS bereits zwei Corona-Ausbrüche gab, nahmen etwa die USA erst inmitten der COVID-19-Pandemie Geld für eine "Operation Warpspeed" für die Impfstoffentwicklung in die Hand. Programme ähnlichen Kalibers für die Entwicklung verschiedener Universalimpfstoffe sind bisher nicht in Sicht. Immerhin ist die Zahl solcher Entwicklungskandidaten deutlich gestiegen und beinhaltet auch Pancoronavirus-Vertreter. Doch insgesamt sind sie auch für große Pharmaunternehmen zu wenig lukrativ. Genau wie die Entwicklung von Impfstoffen gegen Krankheiten wie Lassa-Fieber, die sich eines Tages zu größeren Ausbrüchen auswachsen könnten.
Diese Lücke versuchen finanzstarke Stiftungen und öffentlich-private Partnerschaften zu schließen, die beispielsweise die Entwicklung von Impfstoffen fördern und sich für ihre gerechte Verteilung einsetzen. Die Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung unterstützt etwa die globale Impfallianz GAVI. Sie will Entwicklungsländern einen verbesserten Zugang zu Impfprogrammen ermöglichen.