Kaufhaus mit Anschluss

Seite 3: Kaufhaus mit Anschluss

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Kaum ein Unternehmen beherrscht die Integration von Verkaufswegen so gut wie REI. Seit Juni 2003 bietet die Kette ihren Kunden die Möglichkeit, Waren im Internet zu bestellen und im Laden abzuholen. Die Idee erwuchs aus einer Beobachtung an den Web-Kiosken, die REI seit 1998 in seinen Filialen aufstellt. Die Internetterminals wurden neben dem Verkaufspersonal als Quelle für Produktinformationen angenommen. Die Kunden jedoch nutzen die Terminals auch, um Waren zu bestellen, die im Geschäft nicht vorrätig waren, und nahmen dafür sogar Versandgebühren für Produkte in Kauf, die sie eigentlich sofort mit nach Hause nehmen wollten, erzählt Joan Broughton, REIs Vizepräsident des Multichannel-Programms. Die freie Lieferung ins Geschäft vermeidet diese Frustration und gefällt auch den Kunden, die sich aus Kostengründen ihr Kanu nicht nach Hause bringen lassen wollen. REI machte diese Schritte sehr vorsichtig, das Angebot wurde erst mal nicht beworben, sondern tauchte auf der REI-Webseite nur als Lieferoption auf. Zu dieser Zeit hatte REI 66 Filialen. Am ersten Tag des Angebots gingen bei 60 Geschäften Bestellungen mit Filiallieferung ein. Wenn bestellte Ware die Filiale erreicht, wird ihr Strichcode gescannt und eine E-Mail an den Kunden geschickt. In einer durchschnittlichen Woche landen 600 solcher Online- Bestellungen im REI-Haupthaus in Seattle; zu Urlaubszeiten steigt die Zahl auf das Vierfache, sagt Thorson. Insgesamt mache das 2,2 Millionen Dollar oder vier Prozent des jährlichen Umsatzes aus. Nicht viel? Nun ja, Kunden, die ihre Waren abholen, lassen im Schnitt noch mal 30 Dollar extra im Geschäft.

Händler auf der ganzen Welt beginnen, das REI-Prinzip (verstehen, was der Kunde wünscht, Technologie nutzen, um Einkaufen einfacher zu machen) nachzuahmen –- wenn auch sehr langsam. Viele Unternehmen haben Mitte bis Ende der neunziger Jahre ihr Geschäft ins Internet gebracht, oft mit proprietären Technologien, die andere Geschäftsbereiche ausklammerten. Später dann erschien es zu aufwendig und teuer, alle Vertriebskanäle aufeinander abzustimmen. Nur wenige Chefs waren weitsichtig genug, um weiter in die Integration der Verkaufswege zu investieren. Kein Wunder. Vor fünf Jahren noch war digitales Einkaufen etwas, was man einfach von seinem PC aus machen sollte. Niemand hätte gedacht, dass die Zukunft des E-Commerce tatsächlich zwischen den Regalen des nächsten Supermarkts zu finden ist. Dabei hatten es die großen Ketten seinerzeit nur schwer verdaut, dass Dotcom-Kinder wie Netgrocer, Peapod und Webvan (allesamt lieferten online bestellte Waren nach Hause) nicht mit ihnen zusammenarbeiten wollten.

Inzwischen sprießt ein neuer Trieb im elektronischen Handel: die britische Supermarktkette Tesco. Eins von acht im Einzelhandel ausgegebenen britischen Pfund, gleich ob online oder offline, landet in den Kassen von Tesco. Im Gegensatz zu Unternehmen wie dem inzwischen auf ewig offline gegangenen Webvan, die von einem zentralen Lager aus operierten, liefert Tesco Internet-Bestellungen über seine Filialen aus. Dieses Konzept ist extrem profitabel, weil es erstens auf der Infrastruktur des Filialnetzes basiert und zweitens die Bestellungen vom normalen Personal in ruhigeren Tageszeiten abgearbeitet werden können. Egal ob man etwas online oder im Geschäft kauft, alle Daten werden auf der Tesco-Kundenkarte gespeichert. Besucht ein Kunde seine persönliche Tesco-Webseite per Heim-PC oder Taschencomputer, sieht er sofort die Dinge, die er erst kürzlich erworben hat, und die, die er besonders häufig kauft. Auf diese Weise sammelt Tesco einen gigantischen Berg von Informationen, die das Unternehmen auf vielfältige Weise nutzt.