Kaufhaus mit Anschluss

Seite 6: Kaufhaus mit Anschluss

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Der Hunger nach diesen Informationen wachse schnell, stellt Sanjay Parekh, Mitgründerin von Digital Envoy, fest. Sie helfen zum Beispiel beim Aufdecken von Betrügern. Wenn ein Käufer etwa angibt, dass er in Florida lebt, seine Internetadresse aber in Wisconsin liegt, dann ist das ein Hinweis auf mögliche Gaunereien. Aber es hilft einem Händler auch zu wissen, ob sein Kunde aus New York oder Palm Springs kommt. Dann kann er unterschiedliche Klamotten je nach regionaler Mode anzeigen oder dem New Yorker Kunden einen Rabattgutschein für einen Laden in Manhattan anbieten. Die stärkste Motivation für das Wühlen in den Daten ist jedoch passgenauere, kontext-bezogene Werbung. Double-Click zum Beispiel, ein Dienstleister für Online-Marketing und -Werbung, nutzt Digital Envoys Technologie, um für seine Kunden ortsbezogene Anzeigen zu schalten. IBM beschäftigt sich mit ganz ähnlichen Vorhaben -- aber auf andere Weise. In einem Projekt verfolgen Wissenschaftler, worauf der Nutzer klickt und worauf er blickt. Aus den gesammelten Daten wollen die IBM-Forscher ablesen können, welches Geschlecht der Besucher hat, wie ihm das betrachtete Produkt gefällt und ob der Preis akzeptabel ist. Beim zweiten Besuch desselben Kunden könnte das elektronische Warenhaus ihm eine Vergünstigung auf das schon einmal betrachtete Produkt anbieten, oder auf ein ähnliches. Jeder Klick und jeder Kauf gibt dem Ladenbesitzer mehr Informationen über seinen Kunden.

Solche Dinge rufen natürlich die Datenschützer auf den Plan. 2001 gründete IBM das Privacy Management Council, einen Zusammenschluss von Datenschutz- und Sicherheitsexperten aus den Bereichen Gesundheit, Finanzen, Handel und Regierung mit dem Ziel, Wege zu finden, um die Privatsphäre des Einzelnen zu schützen. Ein wichtiger Faktor ist die Datenbanksicherung: Kein Angestellter sollte in der Lage sein, zu einem Namen persönliche Präferenzen zu finden. Und niemand darf die Möglichkeit bekommen, all die digitalen Spuren zu einem realen Menschen verfolgen zu können. Datenschutzbedenken stehen bei den Händlern ganz oben auf der Liste, sagt Dan Hopping von IBM. "Denn wenn ein Händler die Privatsphäre seines Kunden nicht wahrt, dann ist das sein Ende." Außerdem muss der Händler seinen Kunden zeigen, dass die Datenklauberei auch ihnen selbst einen Vorteil bringt, zum Beispiel in Form von Rabatten oder speziellen Dienstleistungen wie dem Shopping-Buddy. Ein weiteres Forschungsfeld ist die Kundenanalyse: Welcher Kunde ist es wert, dass man intensiv um ihn wirbt, welcher nicht? In einem Labor in Haifa entwickelt IBM-Mitarbeiter Amit Fisher statistische Modelle, die Kunden nach ihrem zukünftigen Wert hin unterscheiden können. Als Datenbasis nutzt er den Handel während eines Jahres in einem von Israels beliebtesten Online-Auktionshäusern. Anhand von Faktoren wie der Anzahl und dem Wert ihrer Transaktionen konnte Fisher die Nutzer in diverse Kategorien sortieren und ihnen unterschiedliche ökonomische Werte zuordnen. Fishers Modell kann anhand weniger Besuche eines Kunden vorhersagen, wie viel Umsatz er etwa in einem Jahr oder auch später gebracht haben wird.