Klimafreundliches Eisen aus Afrika

Ein Solarpark in Namibia soll kĂĽnftig "grĂĽnen" Wasserstoff produzieren, der nicht zum Export bestimmt ist, sondern vor Ort Eisenerz reduzieren soll.

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(Bild: Dmytro Mikriukov / Shutterstock.com)

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Wie lässt sich Wind- oder Solarenergie am besten speichern beziehungsweise transportieren? Den meisten Menschen würden spontan Batterien, Pumpspeicherwerke, Stromleitungen, Wasserstoff, Ammoniak oder Synthesegase einfallen. Doch auch Eisen oder Trinkwasser können unter gewissen Umständen als eine Art Energieträger dienen. Ein Beispiel dafür ist ein Eisenwerk, dessen Grundstein kürzlich in Namibia gelegt wurde. Beim HyIron/Oshivela-Projekt sollen Wind und Sonne vor Ort "grünen" Wasserstoff erzeugen, mit dem Eisenerz zu Eisen reduziert wird. Dieses Eisen kann dann exportiert werden und andernorts CO₂-intensives, mit Koks erzeugtes Eisen ersetzen.

Rein physikalisch handelt es sich dabei zwar nicht um einen Energiespeicher, weil die hineingesteckte Energie nicht wieder herausgezogen wird. Aber bilanziell könnte man das Eisen aus Namibia durchaus als Energieträger betrachten. Statt Strom oder Wasserstoff aus besonders sonnigen Gegenden in die Industrieländer zu überführen, um damit dann dort klimafreundliche Rohstoffe zu produzieren, lassen sich die Zwischenprodukte auch direkt vor Ort herstellen und erst dann verschiffen. Das erleichtert den Transport, und für die Energiebilanz kommt es aufs Gleiche heraus.

Am Eisenwerk in Namibia nahe der Walvis Bay sind die deutschen Firmen CO2Grab, TS Elino und LSF Energy beteiligt. Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt das Vorhaben mit 13 Millionen Euro. Das Eisenerz kommt direkt aus Namibia, muss also nicht über weite Strecken transportiert werden. Vor Ort entstehen rund 50 Arbeitsplätze. Jährlich soll die Anlage nach Angaben der Betreiber 27.000 Tonnen CO₂ einsparen.

Zum Einsatz kommt kein klassischer Hochofen, sondern ein Drehrohrofen. Er soll ab Ende 2024 jährlich rund 15.000 Tonnen Eisenschwamm produzieren, der sich zu Stahl weiterverarbeiten lässt. Zum Vergleich: 2022 wurden in Deutschland 23,7 Millionen Tonnen Roheisen hergestellt. Eine kleinere, weitgehend identische Pilotanlage steht bereits in Lingen (Ems). Sie hat eine Kapazität von bis zu 4000 Tonnen im Jahr.

Der Vorteil von Drehrohröfen sei, dass man Wasserstoff zur Reduktion nutzen könne, in Hochöfen gehe das nur bedingt, teilt der Hersteller TS Elino mit. Außerdem lasse sich mit Drehrohröfen ein Werk modular in kleinen Einheiten aufbauen. Auch das Eisenerz sei umweltschonender aufzubereiten, heißt es auf der Webseite des Projekts Oshivela.

Pro Tonne Eisen würden circa 37,5 kg Wasserstoff benötigt. Für die großindustrielle Direktreduktion kursieren Zahlen von 60 bis 70 kg Wasserstoff pro Tonne. Allerdings sind Drehrohröfen nicht so gut für die Eisenproduktion in sehr großen Mengen geeignet wie klassische Verfahren.

Für das Eisenwerk in Namibia wird eigens ein Solarpark mit 20 Megawatt errichtet. Später soll er auf 140 Megawatt ausgebaut werden, plus 18 Megawatt Windenergie. Es handelt sich um ein Inselnetz, das nicht ans namibische Stromnetz angeschlossen ist. "Das ist eine Herausforderung, denn der Drehrohrofen braucht immer einen gewissen Input. Das geht aber alles", sagt Steffen Lackmann von LSF Energy, das den Solarpark aufbaut. "Zunächst geht es um eine Produktion während des Tags. Im nächsten Schritt soll sie durch Windkraft auch auf die Nacht erweitert werden."

Ein kritischer Faktor ist in einem trockenen Land wie Namibia der Wasserbedarf fĂĽr die Wasserstoffherstellung. Beim HyIron/Oshivela-Projekt wird das Wasser nach Angaben des Konsortiums aus der Luft gewonnen, nach dem Reduktionsprozess aufgefangen und wiederverwendet. "Das Wasser muss so oder so aus dem Prozessgas entfernt werden", so TS Elino. "Der Energieaufwand ist relativ gering zum Gesamtenergiebedarf."

Auch auf andere Weise kann Wasser eine Rolle für das Energiesystem spielen – zum Beispiel bei der Trinkwassergewinnung aus Meerwasser. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie lohnt es sich für Länder, die sowohl viel Erneuerbare Energie produzieren als auch große Mengen an Meerwasser entsalzen, überschüssigen Strom in die Trinkwasserproduktion zu stecken statt in Batterien oder andere Stromspeicher. Frischwassertanks sind einfach günstiger.

(grh)