Längeres Leben für ausgediente Batterien

Viele alte Batterien lassen sich retten, indem man einzelne Zellen austauscht. Mit einem neuen Verfahren lässt sich schneller abschätzen, ob sich das lohnt.

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Tom Ruether (rechts) und Gregor Ohnemüller arbeiten an der Refabrikation von Akkupacks.

(Bild: Jürgen Rennecke/UBT)

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Ist eine Batterie erschöpft, muss sie nicht automatisch in den Schredder wandern. Möglicherweise sind nur einzelne Zellen defekt. Doch um dies herauszufinden, müssen üblicherweise alle Zellen durchgemessen werden. Für Recycling-Betriebe ist das in der Regel zu aufwendig.

Forschende aus Bayreuth haben nun einen Weg gefunden, die Alterung der einzelnen Zellen in einer Batterie schneller und unkomplizierter zu beurteilen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal "Applied Energy".

Den Zustand der Zellen ermittelten sie mit der "Elektrochemischen Impedanzspektroskopie" (EIS). Dabei wird die Batterie Wechselstrom unterschiedlicher Frequenz ausgesetzt. Die Reaktion darauf lässt auf Impedanz und folglich auf Alterung schließen.

Die drei zentralen Probleme dabei:

  • Erstens reicht es nicht, die aktuellen Werte einer Zelle zu messen – ihre Alterung lässt sich nur beurteilen, wenn man auch die Vergleichswerte im neuen Zustand kennt.
  • Zweitens sind die Kennwerte auch bei fabrikfrischen Zellen nie völlig identisch, sondern durch die Fertigungstoleranz statistisch verteilt.
  • Drittens gilt es zu herauszufinden, ob bei einer Batterie alle Zellen gleichmäßig gealtert sind – dann wäre sie ein Fall für das Recycling – oder ob nur einige wenige Zellen besonders stark gelitten haben. Dann wäre es sinnvoll, diese Zellen auszutauschen und die Batterie weiter zu nutzen.

Das Forschungsteam um Tom Rüther, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Elektrische Energiesysteme und am Bayerischen Zentrum für Batterietechnik der Uni Bayreuth, hat experimentell verschiedene Kennwerte für die Alterung verglichen. Dazu hat er zwölf neue Samsung-Zellen in Reihe zu einem Batteriemodul verschaltet und durchgemessen. Anschließend wurde eine der Zellen durch eine Gealterte ersetzt.

Das Ergebnis: Die Methode, mit der sich einzelne gealterte Zelle am deutlichsten verraten, war die Impedanzmessung beim "Low-frequency Minimum". Hier ist die Variationsbreite neuer Zellen am niedrigsten, so dass schwächelnde Ausreißer die deutlichsten statistischen Signale erzeugen. Das Low-frequency Minimum lag bei den untersuchten Zellen bei 6,86 Hertz. "Bei anderen Lithium-Ionen-Zellen liegt der Wert in einer ähnlichen Größenordnung", sagt Tom Rüther.

Im Labor funktionierte die Methode bei bis zu zehn in Serie geschalteten Zellen. Bei mehr Zellen wird das statistische Signal zu schwach. Zudem gibt die Methode nur Auskunft darüber, dass eine inhomogene Alterung der Zellen vorliegt – nicht aber darüber, welche Zellen genau betroffen sind. Dazu müssen dann doch alle Zellen einzeln durchgemessen werden. Aber immerhin ermöglicht die Bayreuther Methode, schnell abzuschätzen, ob sich dieser Aufwand lohnt.

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Bleibt eine offene Frage: Wie soll ein Wiederverwerter einer alten Batterie an die Vergleichsdaten vom Neuzustand kommen? Theoretisch könnte er sich neue Zellen besorgen und sie selbst durchmessen. "Das ist aber unpraktikabel", sagt Rüther. Besser wäre es, die Daten irgendwo griffbereit abrufbar zu haben – etwa in Form eines Batterie-Passes.

Hier kommt die EU zur Hilfe. In ihrer Batterie-Richtlinie will sie Herstellern unter anderem vorschreiben, bestimmte Informationen zur Wiederverwertung vorzuhalten. "Im ersten Entwurf waren genau die Daten drin, die wir brauchen", sagt Rüther. "In der aktuellen Fassung leider nicht mehr." Über die genauen technischen Ausformulierungen werde aber weiterhin diskutiert.

Eigentlich müsste auch das in den meisten Batterien eingebaute "Battery Management System" (BMS) hinreichend genau über den Zustand der einzelnen Zellen Bescheid wissen. "Ja, aber diese Daten lassen teilweise schwierig auslesen. Sie sind von Hersteller zu Hersteller verschieden und weisen teilweise keine Informationen über einzelne Ausreißer auf." Auch hier könnte die EU-Richtlinie Abhilfe verschaffen, indem sie Herstellern eine offene Schnittstelle zu den BMS-Daten auferlegt. "Wir sind heilfroh über diese EU-Direktive", sagt Rüther. "Darin wird viel adressiert, was uns auf dem Herzen lag."

Wahrscheinlich tritt die Direktive noch in diesem Jahr in Kraft. Dies würde das Bayreuther Verfahren allerdings nicht überflüssig machen. Schließlich gilt die EU-Regelung nur für die Batterien, die nach Inkrafttreten und einer Übergangsfrist auf den Markt kommen – nicht für all die Batterien, die schon auf dem Markt sind.

"Der nächste Schritt wäre es, unseren Algorithmus in ein Standardladeverfahren zu integrieren", sagt Rüther. Zudem wollen die Forschenden ihr Verfahren mithilfe weiterer Messungen und künstlicher Intelligenz auf größere Batterien mit mehr Zellen ausweiten.

Besonders interessant sei das Verfahren nicht nur bei den Akkus von E-Autos, sondern auch bei Elektro-Fahrrädern und hoch belasteten Power-Tools wie Akkuschraubern oder elektrischen Sägen. "Das Remanufacturing von Batterien ist noch wenig erforscht, aber es geht hier um riesige Volumina", sagt Rüther. Sein Kollege Gregor Ohnemüller vom Lehrstuhl Umweltgerechte Produktionstechnik ergänzt: "Wir legen hier die Grundlage für Produktrecycling mit starken ökonomischen und ökologischen Folgen."

(grh)