Missing Link: Wo steht Ihr Bundesland beim Telenotarzt?

Seite 7: Baden-Württemberg

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Baden-Württemberg behandelt die Einführung des Telenotarztes als landesweites Projekt und hat dazu eine "Unterarbeitsgruppe Telenotarzt" im Innenministerium eingerichtet. Im Bereich der organisatorischen Vorbereitungen ist die "Gemeinsamen Stelle der Leistungs- und Kostenträger für das Projektmanagement zur Einführung des Telenotarzt-Systems in Baden-Württemberg (SP-TNA-BW)" für das Projektmanagement und die Projektplanung zuständig. Die Einführung des Systems wird von dem Landesausschuss für den Rettungsdienst, dem das Land vorsitzt, vorangetrieben. Gesetzlich verankert wurde die landesweite Einführung eines Telenotärztlichen Systems in einer neuen Fassung des Rettungsdienstgesetzes, das am 17. Juli 2024 im Landtag verabschiedet wurde. Damit steht nun fest, dass die landesweite Umsetzung des telenotärztlichen Systems bis zum 31. Dezember 2030 abgeschlossen sein soll.

Patrick Knapp, Sprecher des Innenministeriums BW, teilte auf Anfrage von heise online mit, dass für das Land ein einheitliches Telenotärztliches System in Form einer einheitlichen Cloud-Struktur, an der die Telenotarzt-Zentralen angebunden werden, geplant sei. Bei einer hohen Auslastung der lokal zuständigen TNA-Zentrale sei somit die Weitergabe des Einsatzes an einen anderen freien TNA -unabhängig des Standorts gewährleistet.

Im 4. Quartal 2025 sollen zunächst zwei TNA-Pilotstandorte in Freiburg im Breisgau und Ludwigsburg an den dortigen Integrierten Leitstellen entstehen, das neue Rettungsdienstgesetz schreibt vor, dass diese bis zum 31. Dezember 2025 "vollständig betriebsbereit vorzuhalten" sind.

Die TNA-Zentrale in Ludwigsburg soll dann die Rettungsdienstbereiche der Landkreise Heilbronn, Hohenlohe, Ludwigsburg und Schwäbisch Hall abdecken, während die Zentrale in Freiburg die Rettungsdienstbereiche der Landkreise Emmendingen, Freiburg, Breisgau-Hochschwarzwald, Tuttlingen und Waldshut betreut. Im Anschluss an die Pilotierung des telenotärztlichen Systems gebe es eine zwölfmonatige Erprobungsphase. Danach soll das System schrittweise landesweit ausgerollt werden, wobei der Landesausschuss für den Rettungsdienst die Reihenfolge der weiteren Rettungsdienstbereiche festlegt. Da das Land Baden-Württemberg das TNA-Projekt mit rund 650.000 Euro fördert, unterliegt die Wahl des Herstellers, beziehungsweise der Software für das TNA-System, dem Vergaberecht. Die Vergabe werde aktuell vorbereitet.

Telemedizin auf der Wiesn, beziehungsweise dem Oktoberfest, wird es als Möglichkeit zur Unterstützung des Rettungsdienstes als Standard in ganz Bayern geben. Startpunkt für die Einführung des Telenotarztes in Bayern war ein Pilotprojekt, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert wurde. Das Projekt sollte feststellen, ob die Notfallrettung in einem ländlich strukturierten Versorgungsgebiet durch telemedizinische Prozesse optimiert werden kann. Das TNA-Pilotprojekt läuft seit Dezember 2017 im Rettungsdienstbereich Straubing, am Standort der ILS Straubing. Das per TNA abgedeckte Gebiet in diesem Pilotprojekt umfasst die Landkreise Straubing-Bogen, Deggendorf und Regen im Bayerischen Wald.

Im Juli 2019 wurde in Bayern entschieden, dass der Telenotarzt für "eine optimale Versorgung von Notfallpatienten" Schritt für Schritt flächendeckend aufgebaut werden soll. Ende 2020 stellte der G-BA in einem Beschluss fest (PDF), dass der Telenotarzt Bayern erfolgreich als neue Versorgungsform der Notfallrettung umgesetzt wurde und "das Konzept des TNA das Potenzial hat, einen wesentlichen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Notfallversorgung zu leisten". Der G-BA bat die Gesundheitsministerien der Länder ihrerseits zu prüfen, ob die Etablierung eines Telenotarztes auch in ihren Ländern sinnvoll ist und wies in diesem Zusammenhang auf eine Reform der Rettungsdienstgesetze der Länder hin.

Anfang Mai 2022 wurde der Telenotarzt mit einer Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) als neues reguläres Einsatzmittel gesetzlich verankert. Alle bayerischen Rettungswagen sowie die TNA-Standorte sollen mit einer einheitlichen TNA-Technik ausgestattet werden, sodass es innerhalb Bayerns keine regionalen Unterschiede geben wird.

Bayern verfügt über 25 Rettungsdienstbereiche und 228 Notarztstandorte. Insgesamt sind drei TNA-Standorte geplant, die sich untereinander vertreten und aushelfen können. Sollte bei einer Alarmierung der eigentlich für den Rettungsdienstbereich zuständige TNA-Standort ausgelastet sein, könnte einer der anderen Standorte den Einsatz übernehmen. "Unser Ziel ist es, dass Ende 2024 die ersten Rettungswagen auf die Unterstützung durch einen Telenotarzt zugreifen können" teilte Innenminister Joachim Herrmann in einer Pressemitteilung am 10. Januar 2024 anlässlich der Auftragserteilung für das landesweit einheitliche TNA-System mit.

Den Auftrag erhielt die Firma corpuls. Nach derzeitigem Planungsstand soll der Roll-Out im Zuständigkeitsbereich des ersten TNA-Standorts bis Ende 2026/Anfang 2027 abgeschlossen sein, erklärte Verena Gros als stellvertretende Pressesprecherin des Innenministeriums auf Nachfrage von heise online. "Trotz des sehr komplexen und vielschichten Rollouts" habe man das Ziel "eine möglichst schnelle Flächendeckung" zu erreichen. Der Fokus liegt aber zunächst auf der Inbetriebnahme des ersten Standorts. Angaben zu den zwei anderen Telenotarztstandorten werden derzeit vom Innenministerium nicht gemacht.

Der erste aufzubauenden Standort in Bayern ist der "Telenotarzt-Standort Ost". Für den Betrieb dieses TNA-Standortes hat der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Straubing eine Konzession an die RKT Rettungsdienst gGmbH erteilt. Die RKT (Regensburger Krankentransport) baut den "telenotarzt.bayern" in einem Gewerbegebiet in der Stadt Bogen im Landkreis Straubing-Bogen (Niederbayern) auf. Stefan Neppl erklärt als Betriebsleiter des Telenotarzt Standort Ost gegenüber heise online, dass der Standort ein "Vorreiter" sei, da er eigenständig und nicht in die Infrastruktur einer Leitstelle oder Klinik eingebunden ist.

Für Dezember 2024 ist der Einsatzstart als Probebetrieb für den Bereich Straubing (Landkreise Straubing-Bogen, Regen und Deggendorf) geplant. Mit Start im Mai 2025 soll dann alle 3 Monate sukzessive ein weiterer Rettungsdienstbereich angeschlossen werden: Landshut (Mai 2025), Passau (August 2025), Traunstein (November 2025), Rosenheim (Februar 2026), Oberpfalz-Nord (Mai 2026), Regensburg (August 2026) und Ingolstadt (November 2026). Bis Ende 2026 soll der gesamte ostbayrische Raum an das TNA-System angeschlossen sein, geplantes Ende für den Roll-out ist Anfang 2027.

Der TNA Bereich Ost umfasst dann die Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte Miesbach, Rosenheim, Traunstein, Berchtesgadener Land, Mühldorf am Inn, Altötting, Rottal-Inn, Passau, Freyung-Grafenau, Landshut, Dingolfing-Landau, Deggendorf, Straubing, Straubing-Bogen, Regen, Cham, Kelheim, Pfaffenhofen an der Ilm, Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt, Ingolstadt, Neumarkt, Amberg-Sulzbach, Amberg, Regensburg, Schwandorf, Weiden, Tirschenreuth und Neustadt an der Waldnaab.

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Hinweis: Diese Übersicht ist als Momentaufnahme zu sehen und wird bei neuen Erkenntnissen aktualisiert. Langfristig kann der TNA als zusätzliche Option zum Standard in der Notfallversorgung werden. Bisher haben allerdings nicht alle Länder die Einführung von TNA beschlossen und in die Praxis umgesetzt.

(mack)