Missing Link: Wo steht Ihr Bundesland beim Telenotarzt?

Seite 2: Niedersachsen

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Im Januar 2021 startete ein TNA-Pilotprojekt in Goslar. Ebenso wie andere Länder nutzte Niedersachsen für die Erprobung zunächst eine "Experimentierklausel" in § 18a Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz (NRettDG). Der Landesausschuss Rettungsdienst Niedersachsen (LARD) veröffentlichte im Juli 2022 das Konzeptpapier "Telenotfallmedizin im Rettungsdienst Niedersachsen" (PDF). Im November 2022 berief das niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport eine Strategiegruppe ein, um die Grundlagen für ein landesweites Konzept zu erarbeiten und die weitere Umsetzung zu begleiten. Der niedersächsische Landtag beschloss dann im Mai 2024 eine Novelle des Rettungsdienstgesetzes; damit wurde die Einrichtung und Betrieb des "landeseinheitlichen telenotfallmedizinischen Versorgungssystems" in dem neuen "§ 10 a NRettDG - Telenotfallmedizin" gesetzlich festgeschrieben.

Das Land Niedersachsen will "die Möglichkeiten der Digitalisierung vollumfänglich ausschöpfen" und in den kommenden Jahren eine landesweit einheitliche flächendeckende Versorgung der bodengebundenen Rettungsmittel mit einer "präklinischen telenotfallmedizinischen Unterstützung (TNM)" aufbauen, teilte Sprecher Oliver Rickwärtz vom Innenministerium auf Anfrage von heise online mit. Um ganz Niedersachsen abdecken zu können, würden an voraussichtlich bis zu acht Rettungsleitstellen Telenotarztstandorte eingerichtet werden. Diese TNA-Standorte sollen miteinander vernetzt werden und sich vertreten können. RTW (Rettungswagen), NKTW (Notfallkrankenwagen) und NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) sollen den TNA standortunabhängig über die Leitstellen anfordern können.

Der erste TNA-Standort in Niedersachsen befindet sich in der Leitstelle in Goslar und versorgt mittlerweile die Landkreise Goslar, Northeim, Hildesheim und Schaumburg. Seit September 2024 gibt es außerdem eine Zusammenarbeit und gegenseitige Vertretung mit der TNA-Zentrale in Bremen. Die Stadt Braunschweig teilte Anfang Juli 2024 mit, dass sich auch der Rettungsdienst für ihr Stadtgebiet an das TNA-Pilotprojekt in Goslar anschließt. Seit dem Februar 2024 ist ein zweiter Standort in der Rettungsleitstelle Ems-Vechte im Einsatz und deckt die Landkreise Emsland und die Grafschaft Bentheim ab.

Das Klinikum Oldenburg kooperiert nicht nur mit dem Telenotarztstandort Goslar, sondern betreibt eine eigene Telemedizinzentrale. Mit der Telemedizinzentrale wird die Offshore-Windindustrie in der Nord- und Ostsee betreut, sie kommt aber auch bei intensivmedizinischen Televisiten von Heimbeatmungspatientinnen und -patienten zum Einsatz. Außerdem unterstützt die Telemedizinzentrale den ärztlichen Bereitschaftsdienst und die Gemeindenotfallsanitäter.

Aktuell werden in den TNA-Projekten in Niedersachsen und in der Telemedizinzentrale im Klinikum Oldenburg Softwarekomponenten von der Firma Corpuls, konkret die TNA-Lösung corpuls.mission eingesetzt. "Als niedersächsischen Weg planen wir [...] das im Landkreis Goslar pilotierte technisch unaufwändige Verfahren einzuführen, das keine Umrüstung der Rettungsmittel erforderlich macht, sondern auf Seiten der Rettungskräfte lediglich technisch dazu befähigte Smartphones und vitaldatenversendungsfähige Monitore bedarf" erklärt Rickwärtz als der Sprecher des Innenministeriums. Welche Software zukünftig in Niedersachsen landesweit zum Einsatz kommen soll, steht allerdings bisher nicht fest – eine davon unabhängige und neutrale Ausschreibung soll noch folgen.

Für die TNA-Standorte wird es voraussichtlich im vierten Quartal 2024 ein Bewerbungsverfahren des Landes geben. Die Stadt Braunschweig hat ihr Interesse für einen TNA-Standort bei der Integrierten Regionalleitstelle Braunschweig-Peine-Wolfenbüttel bereits angekündigt. Der Gesetzentwurf sah vor, dass "das Land ein einheitliches telenotfallmedizinisches System für Niedersachsen bis möglichst zum 31.12.2025" einführt. Diese Umsetzungsfrist wurde gestrichen, da nicht klar ist, wann die Einführung tatsächlich landesweit abgeschlossen sein wird.