Missing Link: Kooperationen mit der KI-Macht China werden zum heißen Eisen

Seite 3: Kooperation mit Huawei

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(Bild: Rad K/Shutterstock.com)

Zu Gerüchten, dass das DFKI eine breit angelegte Kooperation mit Huawei plane, wollten sich weder das BMBF noch das BMWi äußern. Involviert sind der umstrittene chinesische Technologiekonzern und das DFKI bereits in die Initiative SmartFactory, die an der "autonomen Produktion" und der "Fabrik der Zukunft" arbeitet. Eine entsprechende Demonstrations- und Forschungsplattform betreut das DFKI in seiner Niederlassung in Kaiserslautern. Auch in der Plattform Industrie 4.0 sind das DFKI und Huawei zusammen Organisationen wie der China Telecommunications Corporation, Shenzhen Polytechnic, Haier, dem Wuhan Institute of Technology, Bosch, der Deutschen Telekom, SAP und Siemens in der deutsch-chinesischen Projektsparte vertreten.

"China ist ein wichtiger Player im Bereich der KI-Forschung", stellte der DFKI-Chef Antonio Krüger gegenüber heise online klar. Man arbeite in Forschungsfragen eng mit wissenschaftlichen Institutionen weltweit zusammen. Zugleich hob Krüger aber hervor: "Das DFKI unternimmt zur Zeit keine neuen Aktivitäten in China mit wirtschaftlichen Partnern."

Parallel zu der laufenden Anfrage beim DFKI gab es Ende Februar eine Handelsregisterbekanntmachung zum AITC Europe mit Sitz in Berlin: Zu dessen Rechtsverhältnis heißt es in der Unternehmensrolle nun: "Die Gesellschaft ist aufgelöst." Zu den Liquidatoren zählt Professor Uszkoreit. Das AITC China läuft aber weiter, auch die vom BMBF als "Fake News" gebrandmarkten Angaben zur vermeintlichen DFKI-Repräsentanz finden sich auf dessen Homepage nach wie vor. Die Frage, welche Fördergelder möglicherweise in das Pekinger KI-Zentrum geflossen sind und wer dieses finanziert, beantwortete das DFKI nicht.

"2018 war die weltpolitische Situation noch eine andere", erklärte DFKI-Sprecher Reinhard Karger zu der damaligen Vertragsunterzeichnung mit dem AITC. Die Lage habe sich "aus vielen Gründen verändert, und wir tragen dem Rechnung". Die "Anpassung der Darstellung" auf externen Webseiten müsse man dabei noch aktiver verfolgen. Zum spezifischen Punkt des potenziellen Abflusses von Know-how aufgrund der Dual-Use-Vorgaben Pekings lägen "keine Informationen" vor.

Im November meldete der Bremer Senat allerdings auch, dass ein deutsch-chinesisches Konsortium von Software-Herstellern bei der Jacobs University der Hansestadt einsteigen und den Betrieb der Privathochschule auf Künstliche Intelligenz ausrichten wolle. Beteiligt seien SAP, das chinesische IT-Systemhaus Neusoft und das DFKI. "Gespräche wurden und werden geführt", bestätigte Karger. Es handle sich um einen laufenden Prozess, zu dem es derzeit aber nicht viel zu sagen gebe.

In den Nuller-Jahren sei die Zusammenarbeit mit China noch eher gesucht als vermieden worden, weiß der DFKI-Sprecher. In dieser Zeit habe das Forschungsunternehmen etwa unter dem Aufhänger Compass2008 "hochinteressante Projekte" mit Partnern im Reich der Mitte durchgeführt. Als Ansprechpartnerin beim DFKI fungierte mit Feiyu Xu die Gattin Uszkoreits, der selbst auch an Vorhaben im Rahmen der Zusammenarbeit teilnahm.

Im Kern ging es darum, verschiedene mehrsprachige mobile Informationsdienste für die Olympischen Spiele in Peking 2008 zu entwickeln. Dazu gehörte ein digitaler Reiseführer für Besucher der chinesischen Hauptstadt, der auf mobilen Endgerät wie einem PDA oder Smartphone lief. Auch einen "Shopping Assistant" programmierten die Beteiligten, mit dessen Hilfe Touristen ohne Sprachkenntnisse ein Verkaufsgespräch mit einheimischen Anbietern führen können sollten. Ein "Smart Dining Service" half Olympiade-Begeisterten, vor Ort passende ortsabhängige Dienste über Mobilgeräte zu finden. Die Experimente finanzierten das BMBF, das chinesische Ministerium für Wissenschaft und Technologie sowie die teilnehmenden Firmen, zu denen auf Pekinger Seite der Konsortialpartner Capinfo gehörte.

"Mich faszinieren die Entschiedenheit, der Enthusiasmus und die Geschwindigkeit, mit der die KI hier in China aufgenommen, weiterentwickelt und in den Markt gebracht wird", verriet Uszkoreit im November 2019 in einem Interview mit dem von der Bundesregierung betriebenen Portal "deutschland.de", das als "Visitenkarte" der Bundesrepublik im globalen Internet dienen soll. Die Erfolge lägen vor allem in der Kommerzialisierung der KI-Methoden: "Die größten Erfolgsgeschichten kommen aus den Bereichen der Bild- und Videoverarbeitung, dem E-Commerce, der Sprachtechnologie und verschiedensten Internetdiensten."

Die deutschen Stärken sieht der Computerlinguist dagegen vor allem "in der tiefen Durchdringung und Beherrschung der Grundlagen der KI und in hochkomplexen industriellen Anwendungen". Dies passe gut zu den Bedürfnissen "der stärksten deutschen Industrien wie Fahrzeug- und Maschinenbau oder Chemie".