Online-Casino ohne Lizenz: Österreichische Spielerin muss Gewinn zurückzahlen​

Seite 2: Die Folgen

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Die Auswirkungen der Entscheidung sind nur teilweise deutlich. Sicherlich stärkt sie die Marktposition des einzigen unstrittig legalen Anbieters, der Österreichischen Lotterien, die online auch Roulette, Black Jack, Poker und andere Glücksspiele anbieten. Denn dort können österreichische Zocker etwaige Gewinne behalten.

Dass die ausländischen Online-Casinos jetzt österreichweit nicht-lukrative Kunden verklagen, ist eher unwahrscheinlich. Schließlich wollen die Anbieter die Spieler bei Laune halten, damit sie wiederkommen und womöglich mehr Geld verlieren. Nicht wahrscheinlich aber auch nicht undenkbar ist, dass sich die maltesischen Casinos organisieren, um selbst weniger zurückgeben zu müssen: Wird ein Anbieter von einem Österreicher auf Rückzahlung dessen Verluste verklagt, könnten die anderen Anbieter prüfen, ob der Kläger bei ihnen Gewinne gemacht hat, und diese gegebenenfalls zurückfordern. Das könnte manche Spieler abschrecken, selbst zu klagen.

Bedeutsamer ist das Zusammenspiel mit Insolvenzrecht. Nicht alle Online-Casinos sind auf Dauer erfolgreich; wird ein Unternehmen zahlungsunfähig, ist das Management (respektive der Konkursverwalter) sogar verpflichtet, möglichst alle Forderungen einzutreiben. In solchen Fällen droht österreichischen Zockern schon eher die Rückzahlungspflicht, zurück bis 1994, plus Zinsen. Sogar bereits liquidierte Anbieter könnten wiederbelebt werden, um Geld aus Österreich zu holen und zu kurz gekommenen Konkursgläubigern nachträglich etwas zukommen zu lassen.

Umstritten ist, ob die Weigerung Österreichs (und Deutschlands), maltesische Glücksspiellizenzen anzuerkennen, zulässig ist. Die EU-Verträge garantieren in Artikel 56 AEUV nämlich die Dienstleistungsfreiheit; Unternehmen sollen ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten können, ohne in jedem Land unterschiedliche Zulassungshürden überwinden zu müssen. Die EU-Kommission hat trotz Beschwerden Betroffener bisher nichts unternommen. Also hat voriges Jahr ein maltesisches Gericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um zu klären, ob das deutsche Online-Glücksspielverbot gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt (Az. C-440/23). Das Verfahren ist anhängig, aber ausgesetzt.

Manche Anbieter befolgen die österreichischen Urteile, andere nicht. Seit 2023 ist es besonders schwierig, sie zwangsweise in Malta durchzusetzen. Seither sieht das Land in seinem Glücksspielrecht nämlich vor, dass solche ausländischen Urteile gegen in Malta legale Anbieter nicht anzuerkennen und nicht zu exekutieren sind. Strittig ist, ob diese Bestimmung gegen EU-Recht verstößt, das grundsätzlich gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen vorsieht. Die EU-Kommission prüft.

Die Rechtslage in Deutschland unterscheidet sich von jener in Österreich in mehrere relevanten Punkten. Gleich ist beiden Ländern, dass sie nie einen Widerspruch zwischen ihrer Glücksspielregulierung und der EU-rechtlichen Dienstleistungsfreiheit anerkannt haben oder anerkennen mussten. Zu den juristischen Unterschieden zählt, dass die Verjährungsfrist in Deutschland mit drei Jahren (in bestimmten Fällen eventuell zehn) deutlich kürzer ist, als die österreichische 30 Jahre.

In Österreich sieht das Glücksspielgesetz Bundesgesetz nur eine einzige, bundesweite Konzession vor. In Deutschland wird das nicht per Gesetz, sondern per Staatsvertrag zwischen den Ländern geregelt, dem Glücksspielstaatsvertrag. Der wurde Mitte 2021 neu abgefasst. War Online-Glücksspiel zuvor republikweit außer in Schleswig-Holstein verboten, können seither alle deutschen Länder Lizenzen erteilen. Aktuell gibt es eine Lizenz für ein Online-Casino (Staatliche Lotterie- und Spielbankenverwaltung Bayern), fünf für Online-Poker (allesamt aus Malta), und zahlreiche für virtuelle Automatenspiele (Firmen aus Malta, Deutschland und eine aus Österreich).

Seither dieser grundlegenden Änderung sind mehr als drei Jahre vergangen, neue Fälle nach der alten Rechtslagen dürfte es also kaum noch geben. Inzwischen haben Deutsche zahlreiche legale Möglichkeiten, ihre Euro zu verzocken – und legale Verluste bekommen sie nicht zurück. Dafür dürfen sie etwaige Gewinne behalten (oder wieder verzocken), und das steuerfrei.