Online-Casino ohne Lizenz: Österreichische Spielerin muss Gewinn zurückzahlen​

Das Glücksspiel war illegal, der Gewinn echt. Doch jetzt muss die Spielerin ihn zurückgeben. Weil das Glücksspiel illegal war.

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Spieljetons und Würfel

(Bild: Netfalls Remy Musser/ Shutterstock.com)

Lesezeit: 18 Min.
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Eine österreichische Spielerin muss einem maltesischen Online-Casino bereits erhaltene Gewinne rückerstatten, weil das Casino in Österreich keine Konzession besitzt. Das hat der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) rechtskräftig entschieden (Az. 8 Ob 21/24g). Ohne Konzession sind die Glücksspielverträge nämlich absolut nichtig, weshalb sie in beiden Richtungen rückabzuwickeln sind.

Bislang war in Österreich nur klargestellt, dass Spieler erlittene Verluste von nicht genehmigten Glücksspielanbietern zurückverlangen können. Könnten Spieler ihre illegalen Verluste zurückverlangen, ihre illegalen Gewinne aber behalten, wäre die Teilnahme an den illegalen Spielen risikolos. Das würde die Teilnahme an illegalem Glücksspiel erst recht attraktiv machen und Suchtgefahr bergen, führt der OGH aus. Er verweist auf die Rückabwicklungsbestimmung in Paragraph 877 ABGB: "Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, muß dagegen auch alles zurückstellen, was er aus einem solchen Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat."

"Durch die Möglichkeit der Veranstalter, die Auszahlung des versprochenen Gewinns zu verweigern oder bereits Geleistetes zurückzufordern, wird den Spielern die Aussicht genommen, den erhofften Gewinn behalten zu können", schreibt der Richtersenat, "Sobald dies unter den Spielern allgemein bekannt wird, wird damit dem unerwünschten Geschäftsmodell insgesamt die Grundlage entzogen." Ob das Casino weiß, dass die Spiele in Österreich als unzulässig erachtet werden, tut nichts zur Sache: "Auf ihre Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Unzulässigkeit ihres Angebots kommt es angesichts des ordnungspolitischen Zwecks des Glücksspielgesetzes nicht an."

Denn Zweck des österreichischen Glücksspielgesetzes sei nicht nur der Schutz der Spieler, sondern auch, möglichst hohe Einnahmen für den Staat zu erzielen und "die mit illegalem Glücksspiel verbundene Kriminalität hintanzuhalten. (…) ein wesentlicher ordnungspolitischer Zweck des Glücksspielgesetzes (ist) in der Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu erblicken."

In Österreich besteht ein Monopol auf Glücksspiel; die Republik hat für Online-Glücksspiele nur eine einzige Konzession erteilt (an die Österreichische Lotterien GmbH, eine Tochter der Casinos Austria AG). Mehrere ausländische Anbieter werben dennoch in österreichischen Medien für ihre Online-Glücksspiele, zahlen Abgaben auf ihre österreichischen Glücksspielumsätze an die Republik Österreich und berufen sich auf Lizenzen ihres Sitzstaates, häufig Malta.

Dennoch sind diese Online-Glücksspiele laut ständiger Rechtsprechung des OGH in Österreich illegal und die zugrundeliegenden Verträge gemäß Paragraph 879 ABGB absolut nichtig (anderes gilt für Sportwetten). Daher können Spieler ihre Verluste (Gewinne abzüglich Einsätze) zurückverlangen. Tausende Österreicher haben solche Klagen erhoben, durchschnittlich sind es fünf pro Tag. Die Verjährungsfrist beträgt in Österreich 30 Jahre, nicht bloß drei Jahre wie in Deutschland, so dass fast die gesamte Ära von Online-Glücksspielen vor Gericht gebracht werden kann.

Auch im jetzt vom OGH entschiedenen Fall verklagte zunächst die Spielerin den maltesischen Anbieter auf Rückzahlung behaupteter Verluste. Darauf reagierte der beklagte Glücksspielanbieter mit einer Gegenklage: Tatsächlich habe die Spielerin von 22. Mai 2020 bis 27. Juli 2020 21.928 Euro eingezahlt und 29.090,71 Euro ausgezahlt erhalten, mithin 7.152,71 Euro Gewinn gemacht. Da die Spielerin behaupte, der zugrundeliegende Glücksspielvertrag sei nichtig, müsse sie ihren Gewinn zurückgeben. Die Österreicherin zog zwar ihre Klage zurück, doch der Stein rollte bereits.

In erster Instanz konnte sie die Klage noch abwehren, doch die zweite Instanz urteilte für das Casino. Die Frau wandte sich an den OGH, der allerdings bestätigt, dass die Spielerin ihren Gewinn zurückgeben muss. Zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten. Die Klage des Casinos ist demnach auch nicht rechtsmissbräuchlich. Da der OGH ein Höchstgericht ist, heißt das: rien ne va plus.

Wenig Trost wird der vor dem OGH unterlegenen österreichischen Spielerin sein, dass sie sich aufgrund eines Rechnungslegungsfehlers des Casino-Anwalts einen kleinen Teil der Summe erspart. Der Jurist hat vor Gericht die Rechnung für seine Leistung mit 20 Prozent österreichischer Umsatzsteuer eingereicht. Da er aber für ein maltesisches Unternehmen tätig war, hätte er die (geringere) maltesische Umsatzsteuer verrechnen, erläutern und den Steuersatz mit Dokumenten untermauern müssen. Weil er das nicht getan hat, spricht der OGH dem Casino gar keinen Ersatz der Umsatzsteuer auf die Anwaltskosten zu.