"Sehr abgefahren, sehr spacig, sehr cool"

Seite 3: "Sehr abgefahren, sehr spacig, sehr cool"

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Simonyi: Man trifft dort Leute wie [den Astronauten] Sergei Krikalyov. Es ist wahrscheinlich der am besten an das Leben im All gewöhnte Mensch aller Zeiten: Er war bei sechs Missionen insgesamt 800 Tage oben.

Garriott: Auf der ISS sprechen alle Englisch, also ist es dort nicht so schwierig. Aber in der Sojus kommen alle Kommandos auf russisch und alle Instrumente sind russisch beschriftet. Also möchte man schon Grundkenntnisse haben.

Olsen: Das war bei weitem das Schwierigste – Russisch lernen. Unterricht war von 9 bis 16 Uhr, davon an drei Tagen je vier Stunden Russisch. Dann von 16 bis 18 Uhr Übungen im Fitnessstudio. Dann nach Hause und lernen. Jeden Freitag hatten wir mündliche Prüfungen. Sie können darauf wetten, dass ich die Nächte vorher durchgearbeitet habe. Mann, war ich nervös. Der so genannte Multimillionär aus Amerika, Geschäftsmann und Forscher, fällt durch die Prüfung!

Simonyi: Es war interessant, etwas über die Systeme fürs Andocken, Kommunikation und den Wiedereintritt zu erfahren.

Ansari: Wenn sich der Startzeitpunkt nähert, kommt man in Baikonur in Quarantäne.

Olsen: Wir haben dort etwa zehn Tage verbracht, was ein bisschen langweilig ist. Man musste dauernd irgendwelche medizinischen Tests machen.

Simonyi: Die letzte Überprüfung findet in einer Praxis statt, mit einem Mediziner-Team aus drei oder vier Ärzten. Den Einlauf musste der Jüngste von ihnen machen.

Garriott: Es geht darum sicherzustellen, dass man an Bord der Sojus möglichst nicht auf die Toilette muss.

Olsen: Und das ist der Grund dafür: Es gibt auf der Sojus eine Vorrichtung für Stuhlgang, aber man möchte dort wirklich keinen Stuhlgang haben. Stellen Sie sich einfach einen Teekessel vor. Verstanden?

Shuttleworth: Am schwierigsten war für mich der Tag vor dem Start, denn bis dahin steckt man in einem Rausch voller Aktivität. Aber in den letzten Stunden hat man nichts weiter zu tun als nachzudenken.

Nach dem dreimonatigen Training in der Nähe von Moskau kam endlich der Tag des Starts: Die Reise ins All begann mit einer traditionsreichen Busfahrt zur Startrampe auf dem kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur.

Olsen: Viele Traditionen gehen auf Yuri Gagarin [den ersten Menschen im All] zurück. Als er auf dem Weg zum Start war, musste er mal. Daran hatte vorher niemand gedacht. Er sagte: "Haltet mal an", stieg aus dem Bus und pinkelte an den Hinterreifen. Seitdem muss das jeder machen.

Ansari: Ich habe zum Glück einen Weg gefunden, mich zu drücken. Ich fragte unseren Commander, ob er an einfach mich denken könne, während er sein Geschäft am Reifen verrichtet. "Natürlich mache ich das für Sie, Anousheh", sagte er, "ich würde alles für Sie tun."

Simonyi: Es ist eine wunderbare Tradition. Hervorragend zum Entspannen.

Ansari: Vor dem Flug hatte ich Sorge, dass ich ein Nervenbündel sein würde. Ich hatte meinem Flugarzt gesagt: "Wenn ich hohen Blutdruck oder einen schnellen Puls habe, soll das meinen Flug nicht stoppen!"

Olsen: Noch auf dem Weg zu Fuß zur Startrampe haben wir all diese Herz-Monitore getragen.

Garriott: Man geht zu dieser Rakete, voll mit Kerosin und Sauerstoff. Es ist so kalt, dass sie von Frost bedeckt ist. Die Luft in der Nähe strömt die Seiten herunter. Man steht unübersehbar kurz davor, etwas zu betreten, das sozusagen vor dem Explodieren steht. Und dann steigt man ein.

Ansari: Ich musste etwas meditieren, alle möglichen Sachen, um meinen Puls herunterzukriegen. Man sitzt da und denkt "Oh mein Gott, endlich ist es soweit! Ich sitze wirklich auf der Spitze einer Rakete. In ein paar Minuten wird sie zünden, und ich werde mit einer Mordsgeschwindigkeit ins Weltall befördert." Es ist eine surreale Situation. Für einen Zivilisten ziemlich unglaublich.

Das Sojus-Raumschiff sitzt auf der Spitze der Trägerrakete, die so hoch ist wie ein 16stöckiges Gebäude. Es besteht aus dem fünf Kubikmeter großen Wohnmodul für maximal drei Astronauten und ihre Ausrüstung an der Spitze, dem drei Kubikmeter großen Landemodul und dem Servicemodul, das Solarpanele und Treibstofftanks trägt.

NASA-Astronauten verspotten die nur sieben Meter lange und sieben Tonnen schwere Sojus-Raumfähre ob ihrer Enge, der veralteten Ausstattung und ihrer Flugleistung. Alle für den Wiedereintritt nicht benötigten Funktionen befinden sich in den abwerfbaren Wohn- und Service-Modulen. Die Landung ist ziemlich ruppig. Danach ist die Sojus reif für den Schrottplatz – anders als die 37 Meter langen, 70 Tonnen schweren und auf Wiederverwendung ausgelegten US-Raumfähren.

Shuttleworth: Ich habe lange trainiert. Ich habe der Reihe nach NASA-Astronauten gesehen, die sich sehr abfällig über die Sojus geäußert haben. Das schlimmste, was ich gehört habe, war das: Wenn man die Bewohner eines kleinen Dorfes ein Raumschiff entwickeln ließe, käme dabei die Sojus heraus.