"Sehr abgefahren, sehr spacig, sehr cool"

Seite 7: "Sehr abgefahren, sehr spacig, sehr cool"

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Für die Weltraum-Touristen gibt es auf der ISS nicht viel zu tun. Normalerweise beschäftigen sie sich mit Fotografieren, E-Mailen und zuhause Anrufen. Richard Garriott drehte einen Science-Fiction-Film mit den anderen Astronauten und Kosmonauten als Besetzung. Und jeder an Bord verbringt viel Zeit damit, nach irgendwelchen Sachen zu suchen.

Simonyi: Der Commander sagt einem, wo man sich aufhalten soll.

Garriott: Sie haben mir einen kleinen Arbeitsplatz in der Nähe des Funkgeräts im Service-Modul gegeben, mit einem kleinen Klapptisch und einem Laptop darauf. Ich dachte "Na toll, sie haben mich mitten im Weg platziert. Ich werde andauernd stören. Es wird schwer sein, etwas zu filmen."

Ansari: Ansari: Ich suchte mir einen Platz nahe am Fenster im Docking-Modul aus. Sie sagten, dass es dort kalt und laut werden würde. Ich sagte: "Das ist egal, ich will nah an einem Fenster sein." Sie haben mir meinen Willen gelassen. Ich bekam ein Stück Stoff, und der Commander [der Station] sagte: "Wenn Sie etwas Ruhe brauchen, hängen sie es einfach auf, und wir kommen nicht rüber." Also hatte ich einen netten Platz für mich.

Simonyi: Sie gaben mir einen Sack für meine Sachen. Ich stopfte alles hinein, verschloss ihn mit dem Zugband und hängte ihn an die Wand. Das eigene Zimmer ist sozusagen unsichtbar.

Olsen: Es ist wie Camping. Oder eher wie Rucksack-Tourismus.

Ansari: Sich zu waschen ist eine Qual. Es gibt keine Dusche auf der Raumstation. Man hat da oben nur diese feuchten und trockenen Handtücher, mit denen man sich jeden Tag wischt, und ein Paket mit den persönlichen Toilettenartikeln – Kamm, Zahnbürste und was man noch so mitnehmen darf.

Shuttleworth: Es gibt noch eine wichtige Tradition bei den Russen: Für jede ISS-Mission wird eine eigene Briefmarke entworfen. Die Leute nehmen dann Postkarten und Umschläge mit und lassen sie dort oben frankieren.

Olsen: Ich hatte meinen iPod dabei und jede Menge Fotos. Auf dem iPod hatte ich alles, von Opern bis Rock 'n' Roll.

Garriott: Ein guter Freund von mir schreibt die Dragonlance-Buchserie für das Unternehmen, von dem Dungeons and Dragons stammt. Ich hatte ihn gebeten, mir ein Drehbuch zu schreiben. Im Prinzip geht es dabei darum, dass meine Mutter heimlich mit dem Versorgungsraumschiff mit zur ISS geflogen ist.

Ansari: Die unbemannte Fracht-Mission vor dem bemannten Flug nimmt etwas Kleidung mit, etwas Essen und ein Päckchen mit persönlichen Sachen. Aber ich war ja zuerst gar nicht als Crew-Mitglied vorgesehen, sondern Dice-K [Daisuke Enomoto]. Sie sagten, sie hätten in letzter Minute noch alles ausgetauscht, aber als ich oben war, waren doch nur die Sachen von Dice-K dabei. Ich hatte seinen Rasierschaum, seinen Rasierer, Rasierwasser und solche Sachen. Ich konnte nichts davon gebrauchen außer Zahnbürste und Zahnpasta. Zum Glück hatte ich einige Dinge selbst eingepackt. Ich mußte nicht seine Unterwäsche tragen.

Shuttleworth: Man trifft öfter jemanden, der etwas sucht. Manchmal schwebt es direkt hinter seinem Kopf.

Ansari: Ich habe ständig irgendetwas verloren. Ich habe etwas geschrieben, den Stift weggelegt und vergessen, dass er vom Tisch schweben würde. So bin ich auch meinen Lippenstift und den Lipgloss losgeworden.

Olsen: Ich habe eine kleine Kamera verloren, weil ich sie in die Tasche gesteckt und vergessen hatte, den Reißverschluss zu schließen.

Shuttleworth: Irgendwann lernt man, so ziemlich alles festzumachen oder irgendwo hineinzulegen. Überall sind Klettbänder, um sicherzustellen, dass alles, womit man arbeitet, an mindestens zwei Punkten fixiert ist.

Garriott: Ich hatte alles in Taschen innerhalb von Taschen, mit Klettverschluss, Reißverschlüssen und Gummibändern.

Simonyi: Wenn sich etwas selbständig macht, ist es sehr schwer wiederzufinden. Wenn man auf der Erde etwas verliert, sucht man auf dem Boden. Da oben geht das nicht. Man muss überall schauen, und überall ist irgendwelches Zeug. Es könnte sonst wo sein, hinter allem möglichen.

Simonyi: Die ISS ist so unaufgeräumt! Man kann das gar nicht beschreiben. Es ist wie in einem unglaublich unordentlichen Baumarkt, der jeden Artikel nur einmal hat. Versuchen Sie dort etwas zu finden – es wird eine Weile dauern.

Shuttleworth: Es gibt dort etwa 17.000 Stücke loser Ausrüstung. Man würde glauben, dass alles dokumentiert wäre, dass sozusagen alles seinen festen Platz hat. Aber das Ganze ist zu groß und zu komplex dafür.

Garriott: Die Station ist voll gestopft. Aber nach einer Weile merkst Du, dass das nur stimmt, wenn man in 2D denkt. Wenn sich das Gehirn auf 3D umstellt, merkst Du, dass es gar nicht so voll ist. Ich konnte mitten in diesem recht engen Raum mit meiner Kamera filmen, und trotzdem konnten die Leute leicht am Boden oder an der Decke an mir vorbei oder umgekehrt.