Trendstudie Open Source

Seite 2: Open Source ist in den Unternehmen angekommen

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In über 80 % der Firmen spielt Open Source eine wichtige Rolle.

In 40 Prozent der Unternehmen in unserer Studie ist Open Source von unternehmenskritischer Bedeutung, bei weiteren 43 Prozent spielt Open Source eine wichtige Rolle in der Unternehmens-IT. Das bestätigt den Befund von Gartner 2008, dass Open Source fast ebenso häufig in unternehmenskritischen Bereichen zum Einsatz kommt wie in anderen Einsatzfeldern. Die immer noch verbreitete Vorstellung, dass Open-Source-Software vor allem in weniger wichtigen Bereichen eingesetzt wird, trifft also nicht mehr zu.

Je länger Open Source eingesetzt wird, desto wichtiger wird ihre Rolle in der IT.

Open-Source-Software wird umso eher in unternehmenskritischen Bereichen eingesetzt, je länger ein Unternehmen Erfahrungen mit OSS gesammelt hat: Open-Source-Einsteiger verwenden OSS nur in Ausnahmefällen für unternehmenskritische Aufgaben, bei zwei Dritteln dieser Unternehmen bleibt sie auf weniger wichtige und unwichtige Einsatzfelder beschränkt. Von den Unternehmen mit mehr als drei Jahren Open-Source-Erfahrung hingegen verwendet fast die Hälfte OSS auch in unternehmenskritischen Bereichen. Offenbar starten die meisten Unternehmen mit Open Source in unwichtigen Bereichen und greifen mit zunehmender Open-Source-Erfahrung mehr und mehr auch in kritischen Einsatzfeldern zu Open Source.

Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen: In den vier Branchen Telekommunikation, Software und Consulting, Forschung und Lehre sowie Gewerbe und Handwerk hat Open-Source-Software bei über 90 Prozent der Unternehmen eine wichtige oder unternehmenskritische Bedeutung, während sie in den Branchen Banken und Versicherungen, Verwaltung, Industrie sowie Sozialwesen und Körperschaften bei weniger als drei Viertel der Unternehmen wichtig oder unternehmenskritisch ist. Das deckt sich mit anderen Studien, die einen besonders hohen Einsatzgrad von Open Source unter anderem in der Telekommunikationsbranche und einen besonders geringen bei Banken und Versicherungen gefunden haben.

Bedeutung von Open Source nach Branchen
Branche unternehmenskritisch / wichtig weniger wichtig / unwichtig kein Einsatz
Gesamt 83,8 15,2 1,0
Forschung und Lehre 91,6 7,5 0,9
Software und Consulting 91,0 8,0 1,0
Gewerbe und Handwerk 90,6 7,1 2,4
Telekommunikation 89,6 9,1 1,3
Handel 83,9 16,1 0,0
Medien und Marketing 83,3 16,7 0,0
Sozialwesen, Körperschaften 75,0 25,0 0,0
Verwaltung 70,8 26,1 3,1
Banken und Versicherungen 69,7 27,3 3,0
Industrie 67,0 31,9 1,1

Der besonders hohe Einsatzgrad von Open Source an den Universitäten (Forschung und Lehre) ist nicht weiter überraschend, auch nicht der hohe Wert für die Branche Software und Consulting: An den Universitäten hat sich Open Source längst etabliert, und die Branche Software und Consulting umfasst viele Unternehmen, die selbst im Open-Source-Umfeld tätig sind. Erstaunlich ist allerdings der hohe Einsatzgrad bei Gewerbe und Handwerk, da diese Branche in Sachen IT nicht als besonders innovativ oder experimentierfreudig gilt.

In kleinen Firmen ist Open Source wichtiger.

Open Source spielt eine umso wichtigere Rolle, je kleiner das Unternehmen ist: In 94 Prozent der Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern ist Open Source unternehmenskritisch oder wichtig, im Mittelstand liegt der Wert bei 85 (Unternehmen bis 50 Mitarbeiter) und 81 Prozent (50 bis 500 Mitarbeiter). In großen Unternehmen über 500 Mitarbeitern ist Open Source bei 70 Prozent der Firmen von unternehmenskritischer oder wichtiger Bedeutung.

Auch wenn der Einsatzgrad von Open Source generell bei großen Unternehmen höher liegt, wie es andere Studien gefunden haben (und worauf auch der hohe Anteil großer Unternehmen in unserer Stichprobe hindeutet), scheinen kleinere Unternehmen, wenn sie denn Open Source einsetzen, besonders stark auf freie Software zu setzen: Während Open Source bei 49 Prozent der Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern unternehmenskritisch ist, sinkt dieser Wert bei Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern auf 30 Prozent.

Interessanterweise schätzen in unserer Studie Teilnehmer auf Entscheidungspositionen die Bedeutung von Open Source besonders hoch ein: 95 Prozent der Firmeninhaber und Angehörigen von Vorstand oder Geschäftsführung sowie über 80 Prozent der IT-Leiter und der Leiter von Fachabteilungen halten Open Source für unternehmenskritisch oder wichtig – bei Sysadmins, Entwicklern und Angehörigen von Fachabteilungen liegt dieser Wert erheblich niedriger. Das widerspricht sehr deutlich einer Studie von TechConsult, in der vor gut einem Jahr gezielt kaufmännische Entscheider im Mittelstand zum Einsatz von Linux befragt wurden und die eine deutliche Unterschätzung des Einsatzgrads von Linux in dieser Stichprobe gefunden hatte.

Allerdings ist bei unserer Stichprobe davon auszugehen, dass bei kleinen Unternehmen die Geschäftsleitung häufig beim Inhaber liegt und der dann auch meist der IT-Verwantwortliche ist. Zudem liegt der Anteil der Teilnehmer, die als Position im Unternehmen Geschäftsführung/Vorstand/Inhaber gewählt haben, bei kleinen Unternehmen besonders hoch; TechConsult hatte in der erwähnten Studie lediglich Unternehmen ab 20 Mitarbeitern untersucht. Daher haben wir uns auch die Einschätzung der Bedeutung von Open Source in Abhängigkeit von der Position im Unternehmen für Firmen mit mindestens 50 Mitarbeitern angesehen.

Open Source ist Chefsache.

Allerdings bleibt auch in dieser Teilstichprobe der Zusammenhang zwischen der Position im Unternehmen und der Einschätzung der Bedeutung von Open Source erhalten. Zwar dürfte auch hier ein gewisser Selektionseffekt wirksam sein in der Richtung, dass vor allem solche Entscheider, denen das Thema IT und Open Source besonders wichtig ist, an der Umfrage teilgenommen haben; dennoch deutet dieses Ergebnis klar darauf hin, dass das Thema Open Source auf Geschäftsleitungsebene angekommen ist. Die alte Vorstellung, dass Open Source "von unten" in die Firma kommt, indem IT-Leute Open-Source-Software ohne Wissen der Vorgesetzten installieren, ist so wohl nicht mehr zu halten: Open Source scheint in vielen Firmen Chefsache geworden zu sein.