Urteil im Abgas-Skandal: Kaum Hoffnung auf Schadenersatz

Wer einen vom Abgasbetrug betroffenen Volkswagen geleast hat, kann nicht auf Schadenersatz hoffen, meint der Bundesgerichtshof in einer ersten Einschätzung.

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Der erste Diesel-Direkteinspritzer von Audi aus dem Jahr 1990. Damit begann ein Siegeszug der TDI, den erst die Aufdeckung des Betrugs vor sechs Jahren abrupt beendete.

(Bild: Audi)

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Von
  • dpa

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe machte deutlich, dass Leasing nach ersten Erwägungen des Senats grundsätzlich anders zu bewerten sei als der Kauf eines Wagens mit der manipulierten Abgasnachbehandlung. Mit der Entscheidung für Leasing erwerbe man das Recht, das Auto über einen bestimmten Zeitraum hinweg zu fahren. Genau dieses Recht habe der Kläger auch uneingeschränkt ausüben können, so die Richter. Das Unternehmen, die Klage richtet sich direkt gegen Audi, könne deshalb vermutlich nicht verpflichtet werden, die Leasingraten zurückzuerstatten. Verkünden will der BGH das endgültige Urteil am 16. September 2021.

Damit steht eine Grundsatzentscheidung bevor, wie ein BGH-Sprecher erläuterte. Das Gericht hatte sich erstmals auch mit dieser speziellen Frage befasst. Laut Volkswagen ist der Ausgang relevant für eine vierstellige Zahl von Verfahren. (Az. VII ZR 192/20). Geklagt hatte ein Mann aus dem Ostalbkreis. Er hatte 2009 einen Audi mit dem Dieselmotor EA189 vier Jahre lang geleast. Nach Ablauf der Leasingzeit kaufte er den Wagen. Er möchte nicht nur das Geld für die Raten zurück, sondern auch den Kaufpreis abzüglich Wertverlust wiederhaben.

Der BGH machte dem Mann auch in diesem Punkt keine großen Hoffnungen. Ob Audi als Konzernmarke von Volkswagen überhaupt vom Betrug Kenntnis gehabt habe, sei in der Vorinstanz nicht ausreichend dargelegt worden. Die Anwälte von Audi zeigten sich mit Blick auf die BGH-Ausführungen erfreut. Zum einen habe Audi von den manipulierten Motoren nichts gewusst. Zum anderen seien Ansprüche auf Erstattung von Leasingraten abwegig.

"Hätte ich geahnt, dass der Motor manipuliert ist, hätte ich den Wagen damals weder geleast noch gekauft", sagte der 45-jährige Kläger im Anschluss an die Verhandlung. Er hoffe darauf, wenigstens in Bezug auf den Kaufpreis nicht leer auszugehen. "Wir geben da noch nicht auf", sagte seine Anwältin Monika Buchholz-Duffner. Sie hatte vehement bezweifelt, dass Audi nichts wusste von der illegalen Abschalteinrichtung. Die Vorinstanz hatte dem Kläger Schadenersatz für den Kauf zugesprochen, eine Erstattung von Leasingraten aber ebenfalls verneint.

In ihrem ersten und wichtigsten Urteil zum Abgasskandal hatten die BGH-Richter im Mai 2020 entschieden, dass Volkswagen seine Kunden systematisch getäuscht hat: Hätten sie gewusst, dass die Dieselautos mit dem Motor EA189 viel mehr Schadstoffe ausstießen als auf dem Prüfstand messbar, hätten sie sich vermutlich für ein anderes Fahrzeug entschieden. In den meisten Fällen haben Kläger deshalb das Recht, ihr Auto zurückzugeben. Sie bekommen aber nicht das komplette Geld wieder, sondern müssen sich die Nutzung anrechnen lassen.

Wie es sich mit Konzernmarken wie Audi verhält, ist noch nicht grundsätzlich geklärt. Zu zahlreichen anderen speziellen Konstellationen im Zusammenhang mit dem Skandal hat der BGH bereits Stellung bezogen, etwa zum Thema Schadenersatz beim Autoverkauf, zur rückwirkenden Verzinsung des Kaufpreises oder zur Verjährung.

(mfz)