Vorstellung BMW 2er Active Tourer: Nur kurz erfrischt

Der 2er Gran Tourer wird beerdigt, nur der kürzere Active Tourer geht in eine zweite Runde. Viel getan hat sich beim Infotainment, wenig beim Antrieb.

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BMW 2er Active Tourer 2022

(Bild: BMW)

Lesezeit: 6 Min.
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Es war schon eine mutige Entscheidung von BMW: Mit den zwei Vans, die offiziell natürlich nie als solche bezeichnet wurden, investierte der Konzern in ein sterbendes Segment, verbunden mit einer Ausrichtung, die nicht zur Marke passte. Dreizylinder und Frontantrieb – es ist noch gar nicht so lange her, da hätte man sich im Münchener Vierzylinder mit Grausen weggedreht. Doch der Erfolg gab den Machern recht, denn immerhin 420.000 Exemplare von 2er Active Tourer konnte BMW seit 2014 verkaufen – vorwiegend an Menschen, die zuvor kein Modell der Marke hatten. Ab Februar 2022 steht die nächste Generation bei den Händlern.

Dabei hat BMW ein wenig aufgeräumt: Der größere Gran Tourer fliegt aus dem Sortiment, der 2er Active Tourer wächst ein wenig in der Länge, bleibt mit knapp 4,39 m aber kürzer als ein VW Touran. Der Radstand ist mit 2,67 m sogar identisch. Erhebliche Unterschiede zwischen den Modellen gibt es im Kofferraum. In den Modellen ohne Mild-Hybridisierung (218i und 218d) fasst das Gepäckabteil 470 Liter, in allen anderen 415. Die Rückbank lässt sich um 13 cm verschieben – wir rechnen damit, dass BMW für die Angabe des Kofferrauminhalts eine mittlere Position gewählt hat.

Riesig ist nicht nur die Niere, die auch hier geradezu groteske Ausmaße erreicht hat, was BMW mit einem Mehr an "Präsenz" umschreibt. Gewaltig sind auch die Fortschritte im Bereich Infotainment, denn der Van bekommt das "Operation System 8" und überspringt damit gleich mehrere Generationen. Die frei belegbaren Favoritentasten und selbst der iDrive-Drehregler, im BMW iX noch vorhanden, sind im 2er-Van Geschichte. Das System wird damit sicher nicht intuitiver zu bedienen sein. BMW setzt auf eine Steuerung über Gesten und Touchscreen, vor allem aber darauf, dass sich die Kunden mit der Sprachsteuerung anfreunden werden. Die soll nun viel besser funktionieren als je zuvor, was jenen, die dieses Umfeld bearbeiten wollen oder müssen, nur zu wünschen ist.

BMW 2er Active Tourer innen (13 Bilder)

Im Innenraum wagt BMW einen radikalen Schritt, denn hier blieb kaum etwas, wie es war. Mit der hellen Inneneinrichtung wirkt das Interieur sehr viel freundlicher ...

Es gibt so gut wie keine Tasten mehr, mit denen sich Funktionen direkt ansteuern lassen. Ausnahmen wie Heckscheibenheizung und Defroster für die Frontscheibe ragen noch hervor. Mehr denn je muss der Fahrzeugbesitzer bereit sein, sich intensiv mit dem Auto auseinanderzusetzen. Wer das nicht will, wird es sehr schwer haben, denn die Welt der unzähligen Funktionen eröffnet sich nur dem Lernwilligen. Skurril übrigens die Entscheidung, in diese tastenbefreite Hightech-Landschaft ein Head-up-Display mit eigener Projektionsscheibe zu setzen. Es erscheint nicht sonderlich geschickt, die Kundschaft auf diesem Wege jeden Tag zart daran zu erinnern, dass es nur für einen 2er Active Tourer gereicht hat.

Kern des OS8 ist die Verlagerung von vielen Rechenoperationen ins Netz. Dazu gehört beispielsweise die Navigation. Für BMW hat das gleich mehrere Vorteile: Die Hardware im Auto kann weniger leistungsstark ausfallen. Vor allem aber behält die Marke so über die gesamte Lebensdauer Zugriff auf das Infotainmentsystem, inklusive sich daraus ergebendem Geschäftsmodell. Wer die sehr gute BMW-Routenführung nutzen will, muss dafür zahlen, erhält dafür aber auch einen Wegweiser, der stets auf aktuellem Stand sein wird – zumindest so lange, wie BMW die Systempflege aufrechterhält.

Der Verkaufsstart im Frühjahr läuft mit drei Benzinern und einem Diesel an, bis zum Sommer folgen noch zwei Plug-in-Hybride. Eine vollständig batterieelektrische Version ist zumindest vorerst nicht geplant. Sollte dem zweiten Active Tourer eine ähnlich lange Bauzeit vergönnt sein wie seinem Vorgänger, wäre es erstaunlich, wenn BMW keine Pläne in dieser Richtung in der Schublade hätte.

225e xDrive 230e xDrive 218i 220i 223i 218d
Motor
Art Plug-in-Hybrid Benziner Mild-Hybrid-Benziner Diesel
Verbrauch im WLTP 1,1 bis 1,4 6,2 bis 6,8 5,9 bis 6,5 6 bis 6,6 4,8 bis 5,3
Leistung in kW/PS 180 / 245 240 / 326 100/136 125/170 160/218 110/150
Leistung Verbrenner in kW/PS 100 / 136 110 / 150 115 / 156 150 / 204
Leistung E-Motor in kW 80 130 - 14 -
Zylinder steht noch nicht fest 3 4
Fahrleistungen
0 auf 100 km/h steht noch nicht fest 9 8,1 7 8,8
Höchstgeschwindigkeit in km/h steht noch nicht fest 214 221 241 220
Karosserie
Länge in mm 4386
Breite in mm 1824
Höhe in mm 1576
Radstand in mm 2670
Kofferraum in Litern steht noch nicht fest 470 415 470
Leergewicht EU in kg steht noch nicht fest 1545 1595 1620
Preis 43950 47550 34750 36750 41000 38550

Ein manuelles Schaltgetriebe gibt es auch im Van nicht mehr, stattdessen ist in den Start-Versionen ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Stufen Standard. Die Preise steigen gegenüber dem Vorgänger kaum, ein 218i mit Automatik kostet aktuell 34.500 Euro.

BMW 2er Active Tourer außen (9 Bilder)

Mehr Präsenz soll die vergrößerte Niere bieten, schreibt BMW. Da dürften die Autoren des Beipackzettels recht haben. Ob die Kunden sich dieses Plus gewünscht haben, wird sich zeigen.

Besondere Aufmerksamkeit fällt, auch mangels alleinigem Elektroantrieb, den beiden Plug-in-Hybriden zu. BMW setzt hier weiterhin auf eine P4-Anordnung, also eine elektrifizierte Hinterachse. Im E-Modus verspricht das ein Fahrgefühl nahe am Elektroauto, denn die Kraft muss bei dieser Aufteilung nicht durch das Getriebe. Zudem bessert BMW den Plug-in-Hybridantrieb an gleich zwei Stellen entscheidend nach: Die Batterie ist mit einem Netto-Energiegehalt von 14,9 kWh so gewählt, dass beide Plug-in-Hybride im WLTP rein elektrisch 80 km schaffen. Dieser Wert ist kein Zufall, sondern eine Orientierung an der künftigen Mindestanforderung für die Förderung.

Hybridantriebe im Pkw

Zudem hat BMW die Forderung nach einer höheren Ladeleistung in Plug-in-Hybriden endlich erhört. Die Frage ist noch, wie deutlich zugehört wurde, denn in der Pressemeldung ist zwar von bis zu 7,4 kW die Rede, allerdings lässt BMW offen, ob dies über eine oder über zwei Phasen ins Auto kommt. Dieses Detail wäre aber wichtig, denn wenn BMW hier den Stellantis-Weg geht, ließe sich die höhere Ladeleistung in den meisten Fällen hierzulande nur an öffentlicher Infrastruktur nutzen. Hat BMW dagegen das Geld für ein zweiphasiges Ladegerät in die Hand genommen, könnten davon auch alle profitieren, die sich gerade eine geförderte Wallbox zugelegt haben. Egal wie die Entscheidung ausgefallen ist: Sie dürfte in gleicher Weise nach und nach alle BMW-Plug-in-Hybride betreffen.

(mfz)