Angeklagte beteuern Unschuld im Prozess um Mannesmann-Prämien

Als einziger der Angeklagten verriet Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auf Nachfrage des Gerichts sein Einkommen.

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  • dpa

Bei der Neuauflage des spektakulären Mannesmann-Prozesses hat sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zu den Untreue-Vorwürfen in Schweigen gehüllt. Der 58-Jährige werde sich dazu erst in der kommenden Woche äußern, sagten seine Verteidiger vor dem Düsseldorfer Landgericht. In dem Wirtschaftsstrafverfahren verhandelt die Justiz bereits zum dritten Mal über den Vorwurf der schweren Untreue bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone vor sechs Jahren. Es geht um die Ausschüttung von Prämien und Pensionsabfindungen an Manager in Höhe von 57 Millionen Euro. Ackermann hat angekündigt, im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung zurückzutreten. Neben Ackermann müssen sich in dem Prozess der frühere Mannesmann-Chef Klaus Esser, Aufsichtsratschef Joachim Funk sowie der ehemalige IG Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel, der Mannesmann-Betriebsratschef Jürgen Ladberg und der Manager Dietmar Droste verantworten.

Unmittelbar nach der Verlesung der Anklageschrift warteten die Verteidiger mit einem formaljuristischen Schachzug auf: Die Ersatzrichterin sei nicht ordnungsgemäß zum Verfahren hinzugezogen worden. Das Gericht will über den Einwand später entscheiden. Ackermann verriet auf Nachfrage des Gerichts im Gegensatz zu den übrigen fünf Angeklagten sein Einkommen: Einschließlich der Einkünfte aus Vermögen seien es 15 bis 20 Millionen Euro im Jahr.

Funk und Zwickel beteuerten in ersten Stellungnahmen ihre Unschuld. "Zu keinem Zeitpunkt habe ich eine Straftat der Untreue gesehen, erkannt oder erlebt – weder objektiv noch subjektiv", sagte Funk. Zugleich wies er darauf hin, dass Anerkennungsprämien bei Mannesmann schon früher gewährt wurden und ein "Stück Unternehmenskultur" gewesen seien. Nachfragen wollte Funk trotz Drängen des Gerichts nicht beantworten. "Ich habe mir in strafrechtlicher Hinsicht nichts zuschulden kommen lassen", bekräftigte Zwickel. Er habe niemals bewusst und willkürlich Geld verschleudert, wie ihm vorgeworfen werde. "Ein Geschenk ist die Zahlung an Dr. Esser nie gewesen", sagte Zwickel. Kein Arbeitnehmer habe bei der Übernahme seinen Arbeitsplatz verloren. Weil die Höhe der Millionenprämien den Arbeitnehmern damals nicht zu vermitteln gewesen sei, habe er sich bei den Beschlüssen der Stimme enthalten. Er habe geglaubt, sich dadurch "genügend distanziert zu haben".

Grundsätzlich seien die Zahlungen aber notwendig gewesen, sagte der einstige Gewerkschaftsführer, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, die umstrittenen Millionenprämien für die Manager durch sein Verhalten erst ermöglicht zu haben. Der 67-Jährige attackierte den Bundesgerichtshof, der die Freisprüche der ersten Instanz aufgehoben hatte: "Da wird ein Streit über strafrechtstheoretische Fragen auf unserem Rücken ausgetragen." Eine Nachfrage des Gerichts zur besonders umstrittenen Millionenzahlung an Funk wollte Zwickel allerdings zunächst nicht beantworten. "Das werden wir ergänzen", versprach sein Anwalt. Oberstaatsanwalt Peter Lichtenberg wertete die dreistündige Verhandlung als "ruhigen, unauffälligen Prozessverlauf".

Im ersten Mannesmann-Prozess waren die Angeklagten von dem Landgericht freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof hatte in den Vorgängen während der damals mit 180 Milliarden Euro teuersten Unternehmensübernahme der Welt dagegen den "objektiven Tatbestand der Untreue" erfüllt gesehen. Die Düsseldorfer Richter müssen nun vor allem aufklären, ob die Angeklagten vorsätzlich gehandelt haben, oder sich im Recht sehen durften. Die zehnte große Wirtschafts-Strafkammer des Gerichts hat bis Ende Februar kommenden Jahres vorläufig 26 Verhandlungstage für den Prozess angesetzt.

Die Angeklagten im Mannesmann-Prozess:

  • Josef Ackermann: Ackermann ist seit 2002 Chef der Deutschen Bank. Der Manager gehörte zum Zeitpunkt der Mannesmann-Übernahme durch Vodafone dem Aufsichtsrat der Mannesmann AG an und hat über die Abfindungszahlungen mitentschieden. Anklagevorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall
  • Joachim Funk: Bis zur Übernahme war Funk Vorsitzender des Mannesmann-Aufsichtsrats, davor Vorstandschef. Für diese Zeit hatte er im Nachhinein eine Millionen-Prämie erhalten. Vorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall.
  • Klaus Zwickel: Der ehemalige Vorstandschef der IG Metall war stellvertretender Aufsichtsratschef von Mannesmann und hat wie Ackermann die Abfindungen im Kontrollgremium genehmigt. Vorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall.
  • Klaus Esser: Esser war von Mitte 1999 an bis zur Vodafone-Übernahme Vorstandschef von Mannesmann. Mit der Ablehnung der Kaufofferte des britischen Konzerns hatte Esser die Übernahmeschlacht ausgelöst. Er erhielt Prämien und Abfindungen von rund 30 Millionen Euro. Vorwurf: Beihilfe zur Untreue.
  • Jürgen Ladberg: Ladberg war Konzernbetriebsratschef von Mannesmann und vertritt heute die Arbeitnehmerinteressen bei der Salzgitter AG. Als Aufsichtsratsmitglied hat er die Bonuszahlungen mit getragen. Vorwurf: Untreue in besonders schwerem Fall.
  • Dietmar Droste: Droste war Manager im Personalbereich von Mannesmann und Protokollführer im Präsidium des Aufsichtsrates. Vorwurf: Beihilfe zur Untreue.

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(dpa) / (jk)