Warnstreiks bei VW: Mehr Lohn vs. Verzicht

In der aktuellen Tarifrunde könnten die Positionen nicht unterschiedlicher sein: Beschäftigte wollen mehr Lohn, das Unternehmen weniger zahlen als bisher.

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VW-Zeichen

(Bild: Franz)

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Bei VW gab es heute an neun von zehn Standorten erste Warnstreiks. Sie dürften nicht mehr als Vorboten in einem Arbeitskampf sein, der vermutlich härter werden wird als in den vergangenen Jahrzehnten erlebt. Den die Positionen liegen weit auseinander: Betriebsrat und IG Metall fordern mehr Lohn und eine Zusage, dass die deutschen Werke erhalten bleiben. Das Unternehmen will dagegen weniger zahlen als bisher und keine Standort-Garantie geben.

In der aktuellen Tarifauseinandersetzung fordern die Beschäftigten sieben Prozent mehr Lohn und 170 Euro mehr für Auszubildende. Doch angesichts der Krise bei Volkswagen drohen massive finanzielle Einbußen, betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen, wenn der Vorstand Ernst macht mit seinen Sparplänen. Deswegen hatte die IG Metall an fast allen Standorten bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen. Sie ist in der Belegschaft exzellent vernetzt: Rund 90 Prozent der Beschäftigten sind Mitglied in der Gewerkschaft.

Den Anfang machten die Beschäftigten in der Zwickauer E-Auto-Fabrik. Sie legten um 9.30 Uhr für zwei Stunden die Arbeit nieder und zogen vor das Werkstor. "Wir haben die Schnauze voll", sangen sie in Sprechchören und machten ihrem Unmut mit Trillerpfeifen und Rasseln Luft. Gewerkschaft und Betriebsrat sprachen von 4000 bis 5000 Teilnehmern. Im Motorenwerk in Chemnitz zogen kurze Zeit später ebenfalls rund 500 Beschäftigte vor das Tor, am Mittag folgten 150 Mitarbeiter der Gläsernen Manufaktur in Dresden. Bei VW brenne es lichterloh, konstatiert Betriebsrat Uwe Kunstmann.

Der Gesamtbetriebsratschef von Volkswagen Sachsen nutzte seine Rede in Zwickau für eine Generalabrechnung mit dem VW-Vorstand. Nicht die Beschäftigten, sondern das Management habe die aktuelle Krise zu verantworten, sagte Uwe Kunstmann. "Eigentlich müssten wir beim Vorstand eine leistungsorientierte Vergütung einführen. Aber dann würde der Vorstand verhungern." Er sprach von einem Versagen des Managements. "Genau vor drei Monaten hat der Vorstand den Laden Volkswagen angezündet. Seit Sonntag 0.01 Uhr brennt dieser Laden lichterloh." Damit spielte er auf die Ankündigung des Unternehmens von milliardenschweren Einschnitten vor drei Monaten an.

Am 1. Dezember war nun die Friedenspflicht in der aktuellen Tarifauseinandersetzung ausgelaufen. "Wir werden erbittert kämpfen um jeden Arbeitsplatz", betonte Kunstmann. Er verwies darauf, dass bereits Hunderte Jobs in Zwickau abgebaut wurden. Dabei geht es um Beschäftigte mit befristeten Verträgen, die nicht verlängert wurden. Aktuell zählt der Standort noch etwa 9200 Mitarbeiter, hinzu kommen Auszubildende. Kunstmann mahnte, dass es in Deutschland keine Standortschließungen und keine Massenentlassungen bei Volkswagen geben dürfe.

"Sollte der Vorstand nicht zur Vernunft kommen, wird das nicht der letzte Warnstreik sein", betonte Kunstmann. "Wenn es sein muss, war das heute der Anfang eines heißen Winters." Die IG Metall bereitet sich bereits auf einen längeren Arbeitskampf vor. "Dieser Arbeitskampf wird weitergehen, solange der Vorstand mit Werksentschließungen, Massenentlassungen und Tarifeinschnitten droht", betonte Bezirksleiter Dirk Schulze. Man sei bereit, den Arbeitskampf zu 24-Stunden-Streiks und gar unbefristeten Arbeitsniederlegungen auszuweiten, sagte Thomas Knabel, 1. Bevollmächtigter der Region Zwickau, bei der Kundgebung.

Zur Bewältigung der Krise bei VW haben Vertreter der sächsischen Linken finanzielle Beiträge von Management und Anteilseignern gefordert. "Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die VW-Beschäftigten, bis hin zu den Auszubildenden, um ihre wirtschaftliche Zukunft fürchten müssen, nachdem alleine die VW-Eigentümerfamilien Dividendenausschüttungen in Milliardenhöhe erhalten haben", heißt es in einem Brief an den Vorstand. Zu den Unterzeichnern gehören die Fraktionschefin im Landtag, Susanne Schaper, und der Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann.

"Die finanzielle Sicherheit, die VW-Führungskräfte trotz der Krise genießen, steht den Beschäftigten ebenfalls zu", schreiben sie. Die Konsequenzen falscher unternehmerischer Entscheidungen müssten aus ihrer Sicht in erster Linie von denen getragen werden, die dafür verantwortlich waren und sind. Ähnlich äußerte sich die Linke-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger. Vorstände, Management und Anteilseigner sollten selbst erhebliche Einschnitte hinnehmen, um in die Zukunft des Autobauers zu investieren, betonte sie.

(mfz)