Britische Unix-Nutzergruppe erhebt Klage wegen OOXML

Die UK Unix and Open Systems User Group (UKUUG) hat das britische Standardisierungsinstitut aufgrund seines "Ja" zu Office Open XML während der abschließenden Abstimmungsrunde bei der ISO verklagt.

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Die Auseinandersetzung um die Anerkennung von Microsofts umstrittener Spezifikation Office Open XML (OOXML) als Standard durch die Internationale Organisation für Normung (ISO) kommt nicht zur Ruhe. Nach zahlreichen Berichten über Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung in beteiligten Ländern hat die UK Unix and Open Systems User Group (UKUUG) das britische Standardisierungsinstitut nun aufgrund seines "Ja" zu Office Open XML während der abschließenden Abstimmungsrunde in Genf laut ZDNet UK verklagt. Der Entscheidungsprozess bei der British Standards Institution (BSI) sei fehlerhaft gelaufen, beklagt die Nutzergruppe. Zuvor hatte sie bereits moniert, dass die Befürwortung von OOXML nicht im Interesse der Allgemeinheit liege, und rechtlichen Rat eingeholt.

Die UKUUG hat auch nach wie vor allgemeine Bedenken gegen Microsofts Antwort auf das bereits zuvor von der ISO zertifizierte Open Document Format (ODF). Ihr zufolge bestehen Probleme mit Patenten bei der Spezifikation. Weiter sei die Dokumentation von OOXML nach wie vor nicht vollständig. Die Nutzergruppe hat dem Bericht nach daher den britischen High Court of Justice angerufen, um die Entscheidung der BSI zu prüfen und möglicherweise für nichtig zu erklären.

Die ISO hatte am 2. April verkündet, dass OOXML hat im zweiten Anlauf das Rennen um die symbolisch wichtige Standardisierung in Genf schaffte. In der ersten Runde des im Namen der European Computer Manufacturers Association (ECMA) gestarteten "Fast Track"-Verfahrens zur beschleunigten Standardisierung des Dokumentenformats im September 2007 hatte Microsoft die aufgestellten Hürden noch nicht ganz überspringen können. Interessenvertretungen wie die Free Software Foundation Europe (FSFE) hatten sich in Folge schwer besorgt gezeigt über die Qualität des Standardisierungsprozesses bei der ISO. Die Probleme mit der gut 6000 Seiten umfassenden Dokumentation seien nicht ausgeräumt worden. Von einem "offenen Standard" könne nicht die Rede sein.

Auch in Norwegen hat die Zustimmung des dortigen Standardisierungsinstituts zu bösem Blut geführt. So beklagte der Vorsitzende des technischen Normierungsausschusses bei Standard Norway, Steve Pepper, in einem Blogeintrag, dass das "Ja" des Instituts allein auf das Konto des Vorsitzenden der Organisation gehe. Obwohl 80 Prozent der abgegebenen Kommentare des entscheidenden Gremiums unzufrieden mit OOXML gewesen seien, habe der Chef von Standard Norway befunden, dass "kein Konsens" erzielt worden sei und ihm daher das letzte Wort gebühre. Pepper hat seine Vorwürfe inzwischen noch einmal untermauert.

Kritiker bemängeln zudem, dass es für die im Rahmen des ISO-Prozesses geänderte OOXML-Spezifikation noch keine einzige Implementierung gebe. So habe sich selbst Alex Brown, Leiter der für das Verfahren zuständigen Gruppe bei der ISO, verwundert gezeigt, dass Dokumente aus Microsoft Office 2007 nicht der neuen Norm entsprächen. Nationale Standardisierungsorganisationen haben theoretisch noch bis Ende Mai Gelegenheit, Einspruch gegen die OOXML-Anerkennung durch die ISO zu erheben.

Siehe zu den Dokumentenformaten und ihrer Standardisierung auch:

(Stefan Krempl) / (jk)