E-Fuels nicht sinnvoll für Pkw und Lkw, sagen Forscher

Die Bundesregierung setzt auf dem Weg zur Klimaneutralität auch auf E-Fuels. Zu Unrecht, meint das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.

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Defekte Zapfsäule an einer Shell-Tankstelle in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

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E-Fuels sind für den großflächigen Einsatz in Pkw und Lkw nicht geeignet, meinen Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI). Es gebe günstigere Alternativen, der Energiebedarf sei hoch und die Umweltbilanz fragwürdig. Zudem könne er sich zu einem Hindernis für die Verkehrswende entwickeln, sagt Fraunhofer ISI nach Durchsicht wissenschaftlicher Erkenntnisse zu dem Thema. Damit stellen sie sich gegen die jüngste Entscheidung der Bundesregierung, nach der E-Fuels künftig eine wichtige Rolle spielen sollen, um im Verkehr Klimaneutralität zu erreichen.

E-Fuels werden mit Hilfe elektrischer Energie aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt. Die Bundesregierung hat in der EU durchgesetzt, dass ausschließlich mit E-Fuels betankte Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 in der EU zugelassen werden können. Fraunhofer ISI meint, dass der kurz- und mittelfristige Einsatz strombasierter E-Fuels im Straßenverkehr nach derzeitigem Wissensstand wenig sinnvoll sei.

Die weltweite erneuerbare Stromproduktion müsste im Vergleich zum heutigen Stand fast verdoppelt werden, um im Jahr 2050 einen weltweiten Anteil von zehn Prozent an grünem Wasserstoff und synthetischen Brenn- und Kraftstoffen einschließlich E-Fuels zu erreichen. Daher würden letztere noch lange knapp und teuer sein, meint das Forschungsinstitut in seinem Diskussionspapier.

Grüner Wasserstoff und synthetische Brenn- und Kraftstoffe sollten dort zum Einsatz kommen, wo keine anderen wirtschaftlichen Alternativen bereitstehen, mit denen Treibhausgasneutralität erreicht werden könnte. Das seien der Stahlsektor, die Grundstoffchemie, Raffinerien und der internationale Flug- und Schiffsverkehr. Alleine auf diese Bereiche würden 2045 rund 15 Prozent des Endenergiebedarfs entfallen, für den Straßenverkehr verblieben dann kaum nutzbare Mengen.

"Eine großflächige Nutzung von E-Fuels bei Pkw und Lkw ist ökonomisch nicht zielführend. Die Umwandlungsverluste sind enorm und Alternativen wie die direkte Elektrifizierung sind auf die Stromnutzung bezogen bis zu fünfmal effizienter", schreiben die Forscher. E-Fuels seien teuer und könnten von einkommensschwächeren Haushalten in Zukunft kaum bezahlt werden. Zudem würden die Kosten für die CO₂-Vermeidung bei Pkw mit E-Fuels im Jahr 2030 bei etwa 1.000 Euro pro Tonne CO₂ und damit um ein Vielfaches über denen der Elektromobilität oder anderer Klimaschutzmaßnahmen liegen.

Bei der Verbrennung von E-Fuels fallen im Motor Stickoxide, Kohlenmonoxid und Feinstaub an, wenden die Forscher weiter ein. Dadurch sei die Umweltbilanz von E-Fuels problematisch. Der Gesamtwirkungsgrad sei gering und der Energiebedarf für die Herstellung hoch. Der dafür erforderliche starke Ausbau an Stromerzeugungskapazitäten ist unter anderem mit einem enormen Flächen- und Ressourcenbedarf an kritischen Rohstoffen verbunden, der sich in der Ökobilanz von E-Fuels negativ auswirke.

Aus Sicht der "Technologieoffenheit" sei es nicht notwendig, E-Fuels kurzfristig einzuführen. E-Fuels sollen voraussichtlich die heute gültigen Kraftstoffnormen erfüllen, sodass an Motoren und Tankstellen keine weiteren Entwicklungen notwendig seien, heißt es in dem Diskussionspapier. Synthetische Brenn- und Kraftstoffe seien aber für andere Anwendungsfelder wie den internationalen Flugverkehr notwendig, daher sei davon auszugehen, dass die Entwicklung von E-Fuels unabhängig vom Straßenverkehr voranschreiten wird.

"Aus Sicht der heutigen Studienlage könnte sich die Förderung von E-Fuels im Straßenverkehr negativ auf die Verkehrswende auswirken, da ihr Einsatz und ihre Verfügbarkeit derzeit wirtschaftlich und ökologisch nicht zielführend ist", ergänzt Prof. Dr. Martin Wietschel, Leiter des Kompetenzzentrums Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer ISI. Notwendige Initiativen in Richtung Elektromobilität oder andere alternative Mobilitätsformen könnten verlangsamt werden, denn damit die Verkehrswende gelinge, seien klare Signale sowie Planungs- und Erwartungssicherheit nötig.

(anw)