Abgasnorm Euro 7 – Einigung erreicht

Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten haben sich auf die neue Abgasnorm Euro 7 geeinigt. Sie wird weniger streng als geplant, aber umfangreicher.​

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Motor im Mazda CX-60

Strengere Abgaswerte für Pkws soll es mit der Abgasnorm Euro 7 nicht geben.

(Bild: Pillau)

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Es war ein zähes Ringen: Rund um die Abgasnorm Euro 7 gab es lange heftigen Streit, was nicht verwunderlich ist, denn es geht um sehr viel Geld. Allerdings nicht nur, denn ein Teil der Auseinandersetzung wurde auch darum geführt, wann die Norm verbindlich eingeführt wird. Nun haben sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten in Brüssel auf die neue Abgasnorm Euro 7 geeinigt. Einzelheiten der Einigung sind noch nicht bekannt, doch in den letzten Verhandlungen ging es vor allem um Details. Die Eckpfeiler wurden zuvor schon eingeschlagen.

Das Ziel war klar formuliert: Der Verkehrssektor soll weniger gesundheitsschädliche Stoffe freisetzen. Neu ist, dass künftig auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann, reguliert werden. Das bedeutet, dass die Vorschriften auch für Elektroautos und Fahrzeuge mit Brennstoffzelle gelten. Weiterhin sollen nach Parlamentsangaben Mindestanforderungen an die Lebensdauer der Batterien von Elektro- und Hybridfahrzeugen eingeführt werden. Jedes Fahrzeug soll einen Umweltpass kommen, der Informationen etwa über den Kraftstoff- und Stromverbrauch oder die Lebensdauer der Batterie enthält, wie aus der Mitteilung des Parlaments hervorgeht. Aktuelle Informationen dazu sollen über die Systeme im Auto abrufbar sein.

Unter der Abgasnorm Euro 6 waren bislang Stickoxide (NOx), Kohlenmonoxid (CO), Partikel, Kohlenwasserstoffe und Methan sowie Ammoniak für Lastkraftwagen und Busse geregelt. Die Euro 7 schreibt strengere Regeln für die Emissionen aus dem Auspuff vor, allerdings nur für Busse und Lastwagen. Für Autos und Kleintransporter einigten sich Länder und Parlament auf die Beibehaltung der derzeit geltenden Euro-6-Werte. Außerdem sollen für alle Fahrzeugarten die Testbedingungen der im September 2023 eingeführten Euro 6e weiterhin gelten, hieß es aus Verhandlungskreisen. Die beiden letztgenannten Punkte sind wichtig für die Einordnung. Die Abgasnorm Euro 6 wurde für erstmals zugelassene Autos im September 2015 Pflicht. Seitdem blieben die Grenzwerte an sich nahezu unangetastet, allerdings wurden die Bedingungen, unter denen sie eingehalten werden müssen, über die Jahre massiv verschärft.

Die Überarbeitung der Grenzwerte geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2022 zurück, der mit Blick auf die Abgasemissionen von Pkw allerdings von Parlament und Ländern deutlich abgeschwächt wurde. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Regeln waren weder beim Europaparlament noch bei den EU-Ländern auf große Zustimmung gestoßen.

Die neuen Regeln für Autos sollten 2025, für Lkw und Busse 2027 in Kraft treten. Teils waren die Vorschläge sogar dem von der Grünen-Politikerin Steffi Lemke geführten Umweltministerium zu weit gegangen, insbesondere die angedachten Einführungsfristen waren ihr zu knapp. Allerdings hatte sich Deutschland in den Verhandlungen für strengere Grenzwerte für Luftschadstoffe eingesetzt, war jedoch von einer Mehrheit der anderen EU-Staaten überstimmt worden. Der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss bezeichnete das Verhandlungsergebnis als verpasste Chance. "Wenn die EU und Deutschland weiterhin weltweit die Goldstandards der Industrie setzen wollen, brauchen wir zukunftsweisende Regeln, die die Weiterentwicklung der Industrie vorantreiben." Sonst würden die Standards bald in anderen Weltregionen gesetzt.

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Gegner von deutlich strengeren Vorgaben hatten argumentiert, dass das Emissionsgeschehen im Verkehrssektor schon jetzt vorwiegend durch Fahrzeuge bestimmt werde, die nicht die Abgasnorm Euro 6 einhalten würden. Zudem sei fraglich, welchen Nutzen strengere Abgaswerte für Neuwagen ab dem Jahr 2025 für die Luftqualität tatsächlich bringen würden, wenn die Zahl der Autos mit Verbrenner absehbar sinken werde. Strengere Grenzwerte würden Neuwagen mit Verbrennungsmotor erheblich teurer machen, ohne einen spürbaren Effekt auf die Schadstoffemission insgesamt zu haben.

Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe und Verhandlungsführer der christdemokratischen EVP-Fraktion, argumentierte dagegen, mit den Regeln würde eine bessere Luftqualität erreicht. "Gleichzeitig verhindern wir aber auch eine unverhältnismäßige Belastung der Industrie, die schon den Umstieg auf die Elektromobilität bewältigen muss." Der Spagat zwischen Gesundheitsschutz und Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sei gelungen. Von der deutschen Autoindustrie hieß es, die neue Norm werde dazu beitragen, die Emissionen im Straßenverkehr weiter zu senken. Zwar seien die Anforderungen in Teilen sehr ambitioniert, "unsere Industrie ist jedoch fest entschlossen, alle Anforderungen umzusetzen", sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Der Euro-7-Beschluss verbinde die Verbesserung der Luftqualität und die Realisierbarkeit für die Industrie auf sinnvolle Weise.

Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen der Einigung noch formal zustimmen. Die Regeln sollen nach Angaben des Parlaments 30 Monate nach ihrem Inkrafttreten für Autos sowie Kleintransporter und 48 Monate nach diesem Zeitpunkt für Busse und Lkw gelten. Laut Studien der Europäischen Umweltagentur und der sogenannten Gemeinsamen Forschungsstelle war der Straßenverkehr 2018 für 39 Prozent der schädlichen Stickoxid-Emissionen – in Städten 47 Prozent – und 11 Prozent der gesamten PM10-Emissionen (Feinstaub) verantwortlich.

(mfz)