Fußball-WM: "Clearing Points" für VIPs geplant

Mittels mobiler Dateneingabestationen sollen die WM-Eintrittskarten für Very Important People nachpersonalisiert und zum Stadionbesuch freigeschaltet werden. Etwas unklar ist noch, wann die Daten wieder gelöscht werden.

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Von
  • Detlef Borchers

Bei der nahenden Fußball-WM werden Very Important People nicht vor dem Stadion in den Bewirtungszelten ausharren müssen: Die rund 300.000 bisher nicht personalisierten VIP-Tickets sollen an speziellen "Clearing Points" nachpersonalisiert werden, erklärte ein Sprecher des WM-Organisationskomitees (OK) gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Die Clearing Points sind mobile Dateneingabestationen (Laptops mit WLAN), die die Eingabe von Name, Anschrift und Ausweisnummer gestatten und damit die Karte zum Stadionbesuch freischalten. Ob dabei die Gäste mit einem VIP-Ticket auch datentechnisch überprüft werden, indem etwa die Datei "Gewalttäter Sport" abgefragt wird, prüft das OK nach eigenen Aussagen derzeit noch. Auf keinen Fall soll jedoch das Sicherheitskonzept in Frage gestellt werden. Wenn etwa ein Besucher mit VIP-Ticket von Puma im Stadion eine Leuchtrakete zünde, wolle man schnell auf den Besucher zugreifen können, erklärte OK-Sprecher Jens Grittner gegenüber der Zeitung.

Diese Aussage steht freilich nicht ganz im Einklang mit einer Ankündigung des OK-Vizepräsidenten Horst R. Schmidt. Dieser hatte vor laufenden Fernsehkameras zur Beruhigung der VIPs erklärt, dass die Daten "sofort nach Spielschluss" gelöscht werden. Schmidts Erklärung verweist auf ein Problem, das nichts mit der Sicherheit der WM zu tun hat: Teure VIP-Tickets sind finanztechnisch ein "geldwerter Vorteil" beziehungsweise ein Geschenk, das entweder die schenkenden Unternehmen oder der Beschenkte versteuern muss. Derzeit sollen rund 300.000 von insgesamt 350.000 VIP-Tickets noch nicht personalisiert sein, weil die VIPs oder die Firmen mit VIP-Karten misstrauisch sind, was mit den Daten passiert. Außerdem scheint die mit dem Verkauf von VIP-Karten beauftragte Firma ISE ihre Kunden nicht deutlich genug auf den Personalisierungszwang aufmerksam gemacht zu haben.

Insgesamt soll das Personalisierungsprogramm aber erfolgreich laufen, heißt es beim OK. So sollen die im normalen Verkauf erhältlichen Tickets zu 99 Prozent personalisiert sein. Die solchermaßen vor allem via Internet gekauften Tickets können, einmal personalisiert, nicht wie die VIP-Tickets einfach weiterverschenkt werden. Die Ticket-Inhaber können jedoch die Eintrittskarten über ein Web-Interface umschreiben lassen. Bei der WM-Beschwerdestelle liegen derzeit 2000 Klagen von Ticketbesitzern vor, denen das Umschreiben von der Software verweigert wurde. Ein Programmierfehler soll es angeblich unmöglich machen, beim Umschreiben mehrerer Tickets zweimal den gleichen Nachnamen einzugeben.

Die vom OK-Sprecher bemühten Leuchtraketen dürften nach den strengen Personenkontrollen eigentlich nicht ins Stadion gelangen. Sie wurden schon einmal vom OK-Vizepräsidenten Wolfgang Niersbach als Begründung für die aufwendige Personalisierung benutzt: "Es war besonders auch eine vorbeugende Maßnahme. Wenn aus Block 17, Reihe 12, Platz 35 eine Leuchtrakete abgeschossen wird, wissen wir sofort, wer das war."

Zur Sicherheit, Technik und zum Datenschutz bei der Fußball-WM 2006 siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)