Gebrauchtwagen: Elektroautos mit hohem Wertverlust​

Gebrauchtwagen sind günstiger zu haben als noch vor einem Jahr. Der Wertverlust ist bei E-Autos höher als bei Verbrennern - zumindest auf den ersten Blick.​

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VW e-Up

Elektroautos verlieren prozentual stärker an Wert als Modelle mit Verbrenner – sofern man als Basis den ehemaligen Listenpreis heranzieht. Im Bild: VW e-Up im Dauertest

(Bild: Lorenz)

Lesezeit: 4 Min.
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Corona und Chipmangel haben die Preise für Gebrauchtwagen in die Höhe getrieben. Ein knappes Angebot an Neuwagen führte zu einer verstärkten Nachfrage auf dem Markt der Gebrauchten. Insbesondere junge Autos waren begehrt. Inzwischen sind Neuwagen in den meisten Fällen wieder mit normalen Lieferfristen zu haben. In der Folge sinken die Preise für Gebrauchtwagen wieder auf ein normales Niveau. Auffällig ist, dass Elektroautos gegenüber Modellen mit Verbrennungsmotor einen höheren Wertverlust verzeichnen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Auswertung des Marktbeobachters DAT.

Vergleicht man die aktuellen Händlerverkaufswerte für typische dreijährige Elektroautos aus dem April mit denen des Vorjahreszeitraums, ergibt sich ein Rückgang um 18 Prozent. Auch Benziner und Diesel gaben deutlich nach, mit sieben und fünf Prozent aber weniger extrem. Insgesamt gebe es eine Kaufzurückhaltung, stellt die DAT fest. Daher stehen die Autos wieder länger auf den Höfen der Händler, die deswegen die Preise senken müssen. Das Tempo, mit dem die Preise sinken, lasse inzwischen aber nach. "Wir gehen davon aus, dass der erste starke Abschwung vorbei ist und die Kurve jetzt eher abflacht", sagte ein Sprecher.

Dass der Rückgang beim Diesel weniger stark ausgeprägt ist, führt er auf ein deutlich geringeres Angebot und eine höhere Nachfrage zurück. Dies führt dazu, dass der prozentuale Restwert beim Diesel im April den der Benziner überholt. Laut DAT geschehe dies zum ersten Mal seit 2015, dem Jahr, in dem der Betrug von Volkswagen öffentlich bekannt wurde. Schnäppchen sind die gebrauchten Verbrenner dadurch aber nicht. In Folge von Corona- und Chipmangel waren ihre Preise zwischenzeitlich enorm angestiegen.

Auch nach dem aktuellen Rückgang liegen sie mit prozentualen Restwerten von 64,5 bei Benzinern und 64,6 bei Dieseln noch weit über den Werten der Vor-Corona-Zeit, die sich typischerweise im Bereich um 55 Prozent plus minus einige Punkte bewegt hatten. "Insgesamt haben wir im Gebrauchtwagenmarkt nach der Zeit des Mangels wieder normalere Verhältnisse", sagt der Vizepräsident des Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Thomas Peckruhn. "Das Angebot ist größer und der Kunde muss nicht mehr jedes Auto kaufen."

Bei Elektroautos liegen die prozentualen Restwerte nach dem aktuellen Einbruch mit 50,7 deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau, das ähnlich wie bei den Verbrennern war. Einen Boom bei gebrauchten Elektroautos werden die niedrigeren Restwerte eher nicht auslösen, meint die DAT. Denn einerseits bezieht sich der Restwert immer auf den Listenneupreis vor Abzug von Prämien und Rabatten, und der war bei den Elektroautos oft deutlich höher als bei vergleichbaren Verbrennern. Damit ist auch klar: Der tatsächlich real hinzunehmende Verlust ist geringer, als es diese Zahlen beschreiben. Denn bis Dezember 2023 war der Markt in Deutschland kräftig subventioniert, und zum Teil haben Hersteller nach dem plötzlichen Ende der Kaufprämie hohe Nachlässe eingeräumt.

In den ersten vier Monaten dieses Jahres zählte das Kraftfahrt-Bundesamt gut 44.000 Besitzumschreibungen von Elektroautos – ein Anteil von nur zwei Prozent. Hintergrund ist, dass der Anteil von Elektroautos am deutschen Fahrzeugbestand mit knapp drei Prozent aktuell relativ gering ist. Der Großteil ist zudem noch relativ jung und viele Autos sind in privater Hand. Beides führt dazu, dass der Markt für gebrauchte Elektroautos wohl noch einige Zeit brauchen wird, um anzulaufen. Die Schere zwischen Elektroautos und Verbrennern könnte noch weiter aufgehen: "Aktuell sind die Restwerte im Verbrennerbereich wieder relativ stabil – insbesondere bei attraktiven Fahrzeugen", sagt Peckruhn. "Im Elektrobereich gibt es dagegen noch immer Druck."

(mfz)