IDF: Digitale Aufbruchsstimmung

Der Chef von Intels Forschungsabteilung stellte auf dem IDF einige seiner Visionen für eine digitale Zukunft, höhere Energieeffizienz und Schützlinge der Intel-Forschung vor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Benjamin Benz

Gelsingers Affenkönigstab trug heute Andrew Chien auf die Bühne.

Am zweiten Tag des IDF in Shanghai kam der Chef der Intel-Forschungabteilung, Andrew Chien, mit Pat Gelsingers Monkey-King-Stab auf die Bühne und stellte einige Projekte aus seinem eigenen Forschungszoo vor. Sein Motto lautete "Digital Transformers", was bedeuten soll, dass jeder Nutzer digitaler Technik dank Internet die Chance hat, zum (digitalen) Wandel unserer Welt beizutragen.

Er spannte dabei einen Bogen von Digitalkameras, Blogs bis hin zu ökologischen Themen. So forderte er alle PC-Käufer auf, auf ein insbesondere im Standby effizientes Netzteil zu achten. Passenderweise hatte er ein solches in petto: Ein zusammen mit der Firma Delta entwickeltes Schaltnetzteil für Server, welches im Leerlauf nicht benutzte Wandlerphasen abschalten kann, soll über den gesamten Regelbereich mindestens 70 Prozent Effizienz haben. Intel nennt das Load Adaptive Power Supply Unit (LAPSU). Im Desktop-Bereich gibt es indes schon länger eine 80-Plus-Spezifikation für Netzteile, die Climate-Savers-Partner wollen im Server-Bereich noch deutlich darüber hinaus.

Wenn man das Energiemanagement nicht dem Betriebssystem überlässt, sondern die Hardware damit beauftragt, sind laut Intel bis zu 34 Prozent Einsparungen möglich.

Insgesamt bemühte sich Chien, den Energiesparball von den Intel-CPUs wegzuspielen: So zeigte er eine Demo, bei der ein Prozessor – trotz ruhendem Windows-Desktop – nur sehr selten in einen tiefen Schlafzustand fallen konnte, weil das Betriebssystem ihn mit Abfragen von USB-Geräten und anderem immer wieder störte. Er wiederholte dann die Forderung, dass die Energieverwaltung vom Betriebssystem in die Hardware ziehen müsste. Ein Stromspar-Board konnte mit einem "Platform Power Management" bis zu 34 Prozent Energie sparen – verglichen mit dem Standard-Powermanagement von Windows. Würde das (Windows-)Betriebssystem komplett auf das regelmäßige Abfragen von Schnittstellen und Co. ("tick free") verzichten, wären laut Chien sogar 50 Prozent Ersparnis möglich.

Treibhausgase wie Methan will Intel mit einem speziellen Sensor detektieren. Dieser nennt sich Cascaded Silicon Laser und ist laut Intel der erste seiner – in Siliziumtechnik hergestellten – Art.

Das auf der Keynote mit einer Light-Field-Kamera aufgenommene Bild lässt sich nachträglich auf andere Bildebenen fokussieren.

Als zentral für die Teilhabe möglichst vieler Menschen an den "Digital Transformations" nannte Chien, dass mobile Geräte permanent online sein können, es eine Menge an regional angepassten Inhalten gibt und nicht zuletzt, dass die Technik auch für eine breite Masse verfügbar ist. Dann zitierte Chien zwei Schulkinder mit ihrer Lehrerin auf die Bühne, die erst einmal ihren Classmate-PCs der zweiten Generation auf den Boden warfen – um zu zeigen, wie robust er ist.

Ein Light-Field-Bild besteht nicht aus Pixeln, sondern aus Vektorinformationen über einzelne Lichtstrahlen.

Wie viel Rechenleistung die Fotografie revolutionieren kann, zeigte das aus der Uni Stanford hervorgegangenes Startup Refocus Imaging: Ihre Light Field Camera verwendet viele Mikrolinsen, um zu ermitteln wie die Lichtstrahlen bei einer Aufnahme einfallen. Anhand dieser Vektordaten lässt sich nachträglich festlegen, welche Bereiche eines Bildes scharf sein sollen. Für ein Beispielbild wurden auf der Bühne drei Models mit Gold-Konfetti beworfen und fotografiert (siehe zu den daran demonstrierten Möglichkeiten der Light-Field-Technik die Bilderstrecke). Bereits 2001 hatte Intel über die Light Fields berichtet, damals waren allerdings die Datenmengen noch schwer zu handhaben.

IDF: digitale Aufbruchsstimmung (11 Bilder)

Intel demonstriert eine Light Field Camera

Ein mit einer Light Field Kamera aufgenommenes Bild lässt sich nachträglich auf andere Bildebenen fokussieren.

Der Roboter Fuwa hörte längst nicht auf jeden Stimmbefehl.

Der Forschungsroboter Fuwa gehorcht – mehr oder weniger – aufs Wort: Als seine Chefin ihn mit "come forward" auf die Bühne zitierte, rollte er brav herbei. Dem gleichen Wunsch von Chien folgte er erst einmal nicht; als sein Frauchen allerdings das Kommando wiederholte, prägte er sich auch Chiens Stimme ein und konnte das folgende (identische) Kommando interpretieren. Das dahinterstehende Lernmodell braucht viel Rechenleistung und läuft auf einem "Intel-Prozessor" – den genauen Typ verriet Frauchen aber nicht.

Das Fahrerassistenzsystem von Neusoft erkennt in Echtzeit Fußgänger und andere Hindernisse.

Einen ganz anderen Forschungsbereich beleuchtete eine Demo der chinesischen IT-Firma Neusoft, die Fahrassistenzsysteme entwickelt (und an der Intel Capital beteiligt ist): Aus den Daten von Rundumvideokameras berechnet ein Achtkernrechner in Echtzeit die Positionen von Fußgängern, anderen Fahrzeugen und Verkehrsschildern. Damit die Software möglichst gut skaliert und trotzdem einfach zu programmieren ist, verwendet die Firma Intels Programmiermodell Ct, das an C++ angelehnt ist. Bei Ct erfolgt die Parallelisierung zur Laufzeit, und der Code soll sogar kürzer ausfallen als ein C-Äquilvalent. Dabei liegt die erzielte Performance bei mehren Kernen – laut Intel – sogar über der von handoptimiertem SSE-Code. Ct hatte Intel bereits früher im Zusammenhang mit dem Terascale-Programm vorgestellt.

Mehr zum IDF Shanghai 2008: