Lobbyismus-Vorwurf gegen Autoclub: Luksic stoppt Werbung für Syn-Fuel-Kampagne

Mit Spitzentreffen im Verkehrsministerium soll laut ZDF ein Autoclub geworben haben. Oliver Luksic (FDP) wirbt nun nicht mehr für dessen Syn-Fuel-Kampagne.

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Grupo API historisches Tankstellenfoto

API Tankstelle vor Jahrzehnten, als man über den Ersatz fossiler Kraftstoffe aus Gründen des Klimaschutzes noch nicht nachdachte.

(Bild: Grupo API)

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Weil der Vorwurf im Raum steht, der Automobilclub "Mobil in Deutschland" könnte Lobbyarbeit unterstützt haben, lässt Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) die Schirmherrschaft für eine Kraftstoff-Kampagne des Vereins ruhen. Das Bundesverkehrsministerium beruft sich dazu auf Recherchen des ZDF, denen zufolge der Club in einer Präsentation für die Kampagne "HVO100 goes Germany" damit geworben haben soll, gegen Bezahlung Termine mit Spitzenbeamten des von Volker Wissing (ebenfalls FDP) geleiteten Ministeriums zu vermitteln.

Das Ministerium erklärte, man trete "jeglichen Vorwürfen einer unrechtmäßigen Einflussnahme von Interessengruppen und einer Vermittlung von Terminen mit der Hausleitung gegen Bezahlung mit aller Entschiedenheit entgegen". Die Übernahme von Schirmherrschaften sei grundsätzlich nicht mit Gegenleistungen verbunden. Eine derartige Praxis würde eine Schirmherrschaft von vornherein ausschließen. Das Ministerium forderte Aufklärung von dem Automobilclub.

Mobil in Deutschland teilt mit: "Es gab und gibt selbstverständlich keine bezahlten Terminvermittlungen und diese wurden auch von uns weder erwogen noch mit Dritten diskutiert oder gar angeboten oder durchgeführt. (…) Gespräche mit Politikern oder anderen öffentlichen Personen finden ausschließlich im Rahmen gesetzlicher und ethischer Richtlinien statt, und es war und ist niemals unser Ziel (gewesen), finanziellen Profit daraus zu ziehen."

Das ZDF-Magazin "frontal" beruft sich in seinem Bericht auf mehrere, ihm vorliegende interne Präsentationen des Autoclubs: "Darin werden Leistungen genannt, die Unterstützern von 'HVO100 goes Germany' in Aussicht gestellt wurden – und welche Preise der Verein dafür verlangt. Dazu zählt eine 'Premium-Kooperation' für 9900 Euro pro Jahr mit der 'Möglichkeit, sich bei einem exklusiven VIP-Meeting mit Minister oder Staatssekretär vorzustellen und auszutauschen'". "HVO100" ist die Bezeichnung für eine synthetische Kraftstoffsorte für Dieselmotoren, es handelt sich um ein sogenanntes "Syn-Fuel", das unter Beteiligung von (grünem) Wasserstoff und Kohlenstoff erzeugt wird.

Der Verein Lobbycontrol sagt zu den Vorgängen: "Es ist nicht die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, sich für irreführende Lobbykampagnen einspannen zu lassen". Christina Deckwirth, Sprecherin des Vereins erklärt: "Sie machen damit gemeinsame Sache mit der Verbrenner- und Benzinlobby und bieten deren Anliegen einseitige privilegierte Zugänge." Ziel dahinter sei es, das in Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus zu kippen. Das widerspricht laut Fachleuten sowohl dem Stand der Forschung als auch klimapolitischen Notwendigkeiten. Lobbycontrol will als gemeinnütziger Verein über Machtstrukturen und Einflussstrategien in Deutschland und der EU aufklären.

Mit "Stand der Forschung und klimapolitischen Notwendigkeiten" meint der Verein: Um HVO100 zu erzeugen, werden beliebige Kohlenwasserstoffe, etwa aus Speisefett- oder Kunststoffabfällen, gasförmig ausdestilliert und mit grünem Wasserstoff (also H2-Gas aus Strom aus erneuerbaren Quellen) zu flüssigem Kraftstoff zusammengesetzt. Das grundsätzliche Problem ist dabei der Mangel an grünem Wasserstoff, der auch in Jahren keine ausreichende Produktion erlaubt, um damit die klimaschädlichen fossilen Kraftstoffe in nennenswertem Maßstab zu ersetzen. Der Effekt für den Klimaschutz bliebe marginal. Selbst wenn ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung stünde, wäre die Energiebilanz synthetischen Kraftstoffs für Verbrennungsmotoren im Vergleich zur direkten Nutzung des erzeugten Stroms im Elektroauto sehr schlecht. Er wäre also allenfalls sinnvoll, sobald grüner Wasserstoff im Überfluss vorhanden wäre. Grundsätzlich vorteilhaft: Mit dem HVO100 können bis zu 90 Prozent CO₂-Emissionen gegenüber fossilem Kraftstoff eingespart werden. Zudem ist er schwefelfrei und erzeugt bei seiner Verbrennung deutlich weniger Stickoxide und Feinstaub.

(fpi)