Microtargeting: Datenschutz-Lobby beschwert sich über deutsche Parteien​

Der Datenschutzverein Noyb kritisiert CDU, SPD, Grüne & Co. Für deren Facebook-Werbung seien politische Ansichten der Nutzer ausgewertet worden.

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(Bild: I'm friday/Shutterstock.com)

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Der Datenschutzverein Noyb hat am Dienstag bei deutschen Datenschutzbehörden Beschwerden gegen AfD, CDU, Grüne, die Linke, ÖDP und SPD eingereicht. Er wirft den Parteien vor, während der Bundestagswahl 2021 mithilfe von Microtargeting auf Facebook potenziellen Wählern personalisierte Anzeigen mit Wahlversprechen vorgesetzt zu haben.

Diese gezielte Ansprache sei mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) unvereinbar, da damit politische Meinungen besonders geschützt würden, argumentiert der Verein. Das Vorgehen sei daher rechtswidrig und berge "erhebliche Gefahren für die Demokratie" und die Privatsphäre der Betroffenen.

Die TV-Sendung "Neo Magazin Royale" hatte zwei Tage vor der Bundestagswahl den Microtargeting-Einsatz bei politischer Facebook-Reklame aufgedeckt. Nach der Sendung hatten zahlreiche Facebook-Nutzer eingewilligt, Noyb ihre Daten zu übergeben und dafür eine Browsererweiterung installiert. Damit konnte der Verein eigenen Angaben zufolge konkrete DSGVO-Verstöße ausfindig machen.

Die Auswertung ergab laut dem Verein, dass viele deutsche Parteien Facebook-Nutzer mit politischer Werbung adressierten, die auf deren Interessen zugeschnitten war. Dies sei zwar nicht verboten, betont Noyb, doch konnten die Parteien die Nutzer nur auswählen, "weil Facebook im Hintergrund deren politische Ansichten ausgewertet hatte". Der Verein sieht darin einen DSGVO-Verstoß sowohl der Parteien als auch des Plattformbetreibers.

Daten zur politischen Einstellung von Personen seien nicht nur extrem sensibel, sondern erlaubten auch "großflächige Manipulation von Wählern", erläutert Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei Noyb. Dies habe der Fall Cambridge Analytica gezeigt. Die Beschwerden des Vereins sind fast alle an die Berliner Datenschutzbeauftragte Meike Kamp gerichtet, weil die Parteien ihren Sitz in der Hauptstadt haben. Die Eingabe wegen der ÖDP ging an das für die Ökopartei zuständige Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht. Von den im Bundestag sitzenden Parteien blieben die CSU und die FDP außen vor.

(vbr)