Ortung muss sein
Seite 2: Manuell Goodbye
Manuell Goodbye
Lediglich zwei aktuell verfügbare Kameras besitzen bereits eingebaute GPS-Chips: die Nikon CoolPix P6000 und die Ricoh Caplio 500SE . Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Nikon stellte im August 2008 die erste für Privatknipser gebaute Kamera mit GPS-Empfänger im soliden Metallgehäuse vor. Sie löst 13,3 Megapixel auf und kostet etwa 400 Euro. Gemessen am kleinen Sensor und der hohen Auflösung rauschen bei schwachem Licht aufgenommene Bilder vergleichsweise wenig. Im Menü lässt sich das GPS-Modul aktivieren. Es aktualisiert alle fünf Sekunden seine Position und bleibt auch im ausgeschalteten Zustand aktiv. Dann sucht es alle 90 Minuten nach dem Standort. Im Gebäude, auch am offenen Fenster, bleibt die Kamera ortsblind. Auch nach längerem Aufenthalt draußen dauerte es beim Ausprobieren 45 Sekunden bis zur Positionierung. Nach wenigen Tagen ist der Akku leer – ob man fotografiert oder nicht. Dass der Chip lange braucht und viel Strom frisst, ist ein Grund, warum bisher nicht mehr Kameras diese Funktion besitzen. Lässt man die Kamera im Freien eine Weile laufen, findet sie ihre Position zuverlässig. Wer sie immer nur kurz für ein Bild aktiviert, lässt ihr keine Zeit dazu. Hat die Kamera keine Position gefunden, schreibt sie ein aussagekräftiges „0,00; 0,00“ in die vorgesehenen EXIF-Felder. Auf der Landkarte erscheint die Stecknadel zum Foto dann im Atlantik irgendwo südwestlich von Nigeria am nullten Breitengrad auf dem Äquator – einem Ort, der Geotaggern bald zur zweiten Heimat wird.
Das Ricoh-Modell eignet sich im Unterschied zur Nikon kaum für den Sommerurlaub. Die 8-Megapixel-Kamera kostet knapp 1400 Euro. Sie soll der Dokumentation auf Baustellen dienen und ist nach der Schutzart IP 67 gegen das Eindringen von Staub und kurzzeitiges Untertauchen geschützt. Man flüstert, dass die Kamera ursprünglich im Auftrag des Militärs entwickelt wurde. Das graue Gummigehäuse wirkt mit seinen bunten Knöpfen demgemäß wie eine Mischung aus Irak-Ausrüstung und Kinderspielzeug. Im Unterschied zur Nikon fand die Ricoh bei unseren Versuchen dank langer Antenne ihre Position auch von der Fensterbank aus. Die Daten schreibt sie in den EXIF-Header oder belichtet sie inklusive Datum ins Bild. Ein eingebauter Kompass findet zusätzlich zur Position auch die Aufnahmerichtung. Das 2,5 Zoll kleine Display und das DOS-artig anmutende Menü erschweren die Handhabung. Die großen Gummiknöpfe sind aber auch mit Handschuhen zu bedienen. Mittlerweile erschien eine neue Version der Kamera mit aktuellem GPS-Chip, die schneller als die getestete Kamera ihre Position finden soll.
Das Angebot für Kameras mit GPS-Chip dürfte wachsen. So ist die Kamera ST1000 von Samsung, welche Daten über WLAN oder Bluetooth auf den Rechner überträgt und dank eingebautem GPS-Empfänger automatisch mit Geodaten versieht im September zu einem Preis von 450 Euro erschienen. Bei den Handys sieht es schon besser aus. Etliche Kamerahandys besitzen eingebaute GPS-Empfänger. Das erste iPhone nutzte noch das Skyhook-System, um die ungefähre Position anhand von WLAN-Routern zu triangulieren. Die zweite Generation besaß bereits einen eingebauten GPS-Chip, der mit dem iPhone aufgenommene Fotos direkt mit einem Geotag versah. Auch Telefone anderer Hersteller können mittlerweile Geoinformationen schreiben.
Angestöpselt
Spiegelreflexfotografen machen bisher dicke Backen, wenn sie eine Kamera mit GPS-Empfänger wollen: Es gibt keine. Die Zubehör-Hersteller Solmeta und Dawntech – beide im deutschen Vertrieb bei www.gps-camera.eu – sowie Nikon selbst bringen aber Zusatzgeräte heraus, die auf den Blitzschuh gesteckt werden. Sie versorgen Nikon-Kameras mit Geodaten, vorausgesetzt diese sind mit einem runden 10-Pin-Anschluss für Fernbedienungen ausgestattet. Das ist bei den Modellen D200, D300, D3, D2X, D700 und Fuji S5 Pro der Fall. Einige Tagger bringen auch ein Kabel mit rechteckigem Stecker für die D90 und D5000 mit. Über den Anschluss kann die Kamera die Geodaten direkt in den Metadaten der JPEG- oder NEF-Datei speichern. Leider können die Geräte ihre Daten nicht über den Blitzschuh an die Kamera schicken. Dort zeigt sich nacktes Plastik, das ausschließlich der Befestigung dient. Die Daten gelangen über ein Kabel in die Kamera.
Bei der D300 verschwindet es elegant an der Vorderseite im Gehäuse. Bei der D5000 und der D90 muss es in die Seite. Das erschwert die Handhabung. Beim Nikon GP-1 zeigt das Kabel noch dazu im rechten Winkel aus der Kamera heraus. Solmeta und Dawntech haben mitgedacht und Stecker mit L-Stück entwickelt, die weniger Platz brauchen. Leider hat Nikon bei der Entwicklung der Einsteiger-Spiegelreflexkamera D5000 wiederum nicht an diese Zusatzgeräte gedacht. Die Buchse ist dort so angebracht, dass der L-Stecker des Solmeta N2 nach unten weist, wodurch das Kabel stark spannt. Je nach Sicht sind die Datenlogger nach ein bis zwei Minuten einsatzbereit. Dass sie etwas empfangen, signalisiert einerseits eine LED am Gerät. Zum anderen zeigt das Display auf der Rückseite des Kameragehäuses zusätzlich zur Bildvorschau und Metadatenansicht eine weitere Ansichtenoption, welche die gespeicherten Ortsdaten verrät.
Foto-Handys mit GPS-Empfänger
Mobiltelefone der Oberklasse vereinen Telefonie, Web-Browser und Medienplayer, schieĂźen Fotos mit 5
bis 8 Megapixeln, besitzen eingebauten Autofokus und Blitz und orten ihre Position per GPS-Chip. Zur Ortung stehen dem Handy außer GPS noch andere Möglichkeiten zur Verfügung, beispielsweise über die Position der GSM-Funkmasten. Wenn das Telefon per Internet die Satellitenpositionen abfragt, verkürzt sich die Ortung von drei auf etwa eine Minute. Das Assisted GPS genannte Verfahren unterstützen mittlerweile alle neueren Oberklasse-Handys. Wir haben uns verschiedene Vertreter exemplarisch angesehen.
Das Samsung Jét S8000 aktiviert auf Wunsch den GPS-Chip beim Verwenden der Kamera. Bevor der Chip die Position gefunden hat, lässt er den Nutzer eine Weile warten – ohne dass dieser das Gerät währenddessen verwenden kann. Die Positionierung scheiterte im ersten Anlauf. In die Fotos trug es derweil einen Haufen Nullen ein. Erst in Freiheitsstatuenpose mit dem Handy als Fackel bekamen wir ein Signal. Es taggte die kommenden drei Fotos korrekt in der Nähe des Heise-Parkplatzes. Wenige Sekunden später befanden wir uns wieder mitten im Atlantik.
Das LG GC900 Viewty Smart schaltete wie das Samsung-Gerät bei jeder Gelegenheit, beispielsweise beim Wechseln in den Standby-Modus, das GPS-Modul aus, um Strom zu sparen. Im Unterschied zu allen übrigen Handys fand es den Ort überhaupt nicht. Es trug stattdessen die Atlantikposition ein.
Das Sony Ericsson C905 zeigte bei aktivierter GPS-Ortung zwar die Geodaten im Handy in Google Maps an, die JPEG-Fotos selbst enthielten aber keine Geotags – anders beim C903, welches EXIF-Daten mit Geoinformation schrieb.
Das iPhone 3GS fragt beim Einschalten der Kamera, ob man dem Telefon die Ortsbestimmung erlauben möchte. Daraufhin findet es selbst im geschlossenen Raum sofort seine ungefähre Position. Draußen leistete es sich einige Ausreißer, speicherte aber zu jedem Foto die grobe Position in den EXIF-Daten des JPEG. Auch nach Standby und erneutem Aufruf der Kamera war die Ortsbestimmung noch aktiv. Auch das Nokia-Telefon fand nach dem Einschalten bereits im Gebäude seine ungefähre Position – mit gehöriger Abweichung von mindestens 25 Metern, aber immerhin. Nach etwa zwei Minuten verbesserte sich die Ortung qua GPS deutlich. Alle Tags erschienen sauber in den EXIF-Daten. Handy-Ingenieure setzen sich deutlich mehr mit dem Thema „Senden und empfangen“ auseinander als Kamerahersteller. Das könnte erklären, warum sie deutlich schneller in der Implementierung von GPS-Chips sind. Dass die Bilder dann auch tatsächlich Geotags erhalten, ist aber noch nicht selbstverständlich.