Mondial Paris Motor Show

Pariser Autosalon 2023: Schatten eines Neuanfangs

Die Zahl und Bedeutung großer Automessen ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Der Pariser Autosalon, der am Montag eröffnete, macht da keine Ausnahme.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Renault R5 Turbo 3E

Der Renault R5 Turbo 3E ist eine von zahlreichen Studien, mit denen die Autohersteller auf dem Pariser Autosalon um Aufmerksamkeit buhlen.

(Bild: Renault)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Große Automessen befinden sich im Wandel, sofern es sie überhaupt noch gibt. Der Genfer Autosalon findet auch 2023 nicht statt, die IAA samt neuem Mobilitätskonzept, bzw. die Schaustellung dessen, wird im kommenden Jahr nach nur einer Ausgabe ein tragfähiges Konzept brauchen, um künftig die Großen der Branche anzulocken. Auch der Pariser Autosalon, einst eine zuverlässige Standortbestimmung für den europäischen Automarkt, hat nicht mehr die Anziehungskraft vergangener Tage. Deutsche Schwergewichte wie BMW, Audi und VW sind nicht dabei, Mercedes zog es vor, eine eigene Veranstaltung in der Stadt hochzuziehen.

Nach zwei Jahren Pause werden die Messehallen immerhin wenigstens wieder geöffnet. Im Zentrum der Messe sollen in diesem Jahr der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und der Wandel bei Fahr-Energieträgern stehen. Die Initiatoren hoffen mit einem erlebnisorientierten Programm auf autobegeisterte Besucher: Probefahrten sollen unkompliziert und spontan möglich sein. Es gibt einen neuen Besucherparcours, ein erweitertes tägliches Programm und mehr Möglichkeiten als bisher, mit den Fahrzeugen auf Tuchfühlung zu gehen.

Den Glanz der Messe sucht auch die französische Politik. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron war zur Eröffnung vor Ort. Sein Ziel ist, die Umstellung der Energieträger weg vom Öl für eine Renaissance der französischen Automobilproduktion zu nutzen. Ab 2030 sollen jährlich zwei Millionen Elektroautos in Frankreich produziert werden. Bis 2026/27 werde bereits die Schwelle von einer Million Elektroautos erreicht, und die Regierung werde der Branche helfen, sagte Macron auf dem Pariser Autosalon. "Wir sind da, um langfristig zu unterstützen und zu begleiten, um Innovationen fortzusetzen, um aus Frankreich wieder ein großes Automobilland der Zukunft zu machen."

Zugleich verteidigte Macron sein Vorhaben, die Produktion bis 2035 vollständig auf Elektroautos umzustellen. "Das ist notwendig, um unsere Klimaziele einzuhalten und stellt eine Chance für die Reindustrialisierung unseres Landes dar", sagte er der Zeitung Les Échos. Eine Alternative gibt es für die Autoindustrie ohnehin nicht: Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union keine Autos mehr erstmals zugelassen werden, die auf Benzin oder Dieselkraftstoff als Energieträger setzen. Ein Ausweg könnten eFuels sein, doch sehr wahrscheinlich ist ein großflächiger Einsatz von diesem synthetischen Kraftstoff im motorisierten Individualverkehr nicht.

Insgesamt ist die französische Autoindustrie nicht schlecht aufgestellt, was den batterieelektrischen Antrieb betrifft. Renault war mit der Zoe vergleichsweise früh auf dem Markt und bietet heute ein breites Angebot. Die Megane E-Tech ist ein vielversprechender Neuzugang. Nach Paris hat Renault gleich sechs Premieren mitgebracht.

Auch bei Stellantis macht man mit Elektroautos inzwischen gute Geschäfte. Peugeot und Opel sind mit e-208 und Corsa-e erfolgreich, und die Chancen, das eine Klasse darüber zu wiederholen, sind da. Ab 2023 wird es den Peugeot 308 und den Opel Astra als Elektroauto geben – jeweils auch als Kombi. Beim Messerundgang des Präsidenten kündigte Carlos Tavares, Chef von Stellantis, die Fertigung dreier elektrischer Peugeot-Modelle im elsässischen Mülhausen an. Damit erhöhe sich die Zahl der in Frankreich produzierten E-Modelle von sechs auf zwölf.

Einstellen dürfen und müssen sich alle europäischen Autohersteller auf neue Konkurrenten, die in den kommenden Jahren den Markt umkrempeln werden. Autohersteller aus China werden sich für den nächsten Anlauf auf den europäischen Markt nicht die Mühe machen, ihren Rückstand bei den Verbrennungsmotoren aufzuholen. Sie setzen stattdessen auf den batterieelektrischen Antrieb samt vergleichsweise preiswert herzustellender Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen (LFP). Die mögen nicht so leistungsfähig sein wie die aktuell meist verbauten Nickel-Mangan-Kobalt-Batteriezellen, erlauben den Anbietern aber eine aggressive Preispolitik, die sich in der Klasse von Autos bis rund 30.000 Euro als entscheidend erweisen könnte. Heute noch exotisch klingende Marken wie Ora, MG, BYD oder Aiways belächelt in der Branche niemand mehr.

(mfz)