Batterien in Elektroautos: Kosten sinken, Nutzen steigt rasant

Batteriesysteme, Zellchemie, Solid State, dazu neue Materialien an Kathode und Anode: Bei Batterien für E-Autos verändert sich gerade viel in rasendem Tempo.

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Elektroauto Ladeanschluss

Fortschritte bei Aufbau und Chemie von Batteriezellen senken die Kosten. Der Kunde profitiert aber nicht nur durch geringere Preise. Die Speicher lassen sich immer schneller befüllen, auch die prognostizierte Haltbarkeit nimmt zu.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Batterien für Elektroautos werden kontinuierlich besser. Die Summe der Optimierungen führt zum Fortschritt, wenngleich die Revolution ausbleibt. Das sind zusammengefasst die keineswegs neuen Erkenntnisse, wenn man die Produkte der Industrie betrachtet. Trotzdem lassen sich Trends herausarbeiten, die teilweise banal und manchmal überraschend sind. Die gute Nachricht ist: Es geht für alle Kunden schrittweise voran. Wir geben eine Übersicht über das, was sich aktuell tut.

In einem System sind viele Zellen zusammengefasst. Lange hatten Vertreter der deutschen Autoindustrie in Hintergrundgesprächen behauptet, es käme ausschließlich auf das Batteriesystem mit dem Softwaremanagement, dem Packaging und der Wohlfühl-Temperierung an. Die Zelle selbst wäre lediglich ein Zulieferteil. Tesla dagegen hatte zu Beginn argumentiert, dass die Batteriezelle als kleinste Einheit unbedingt zur eigenen Wertschöpfung gehören müsse. Inzwischen sind die Dogmen aufgeweicht. Alle machen (bald) alles: Tesla kauft komplette Batteriesysteme zu. Volkswagen baut Zellen in Eigenregie.

Bei den Batteriesystemen zeigen sich unterdessen CATL – der weltgrößte Hersteller – und BYD (für Build Your Dreams) am fortschrittlichsten. CATL hat die "Qilin"-Batterie vorgestellt. Qilin lässt die Modulebene weg, in der zum Beispiel zwölf Zellen in einem Paket kommen. In der Branche ist von CTP (Cell-To-Pack) die Rede, wenn die Modulebene wegfällt. Das ist bei sämtlichen guten Systemen inzwischen so, weil es das Modul nur gibt, um den Einkauf durch die Autoindustrie zu vereinfachen. Technisch ist es überflüssig. CATL praktiziert CTP bereits in der zweiten Generation. Das Ergebnis: 72 Volumenprozent des Systems sind Aktivmaterial. Das ist derzeit die Spitze.

Außerdem, und das ist die nächste Stärke des Qilin-Systems, konnte eine multifunktionale Schicht zwischen den Zellen optimiert werden: Die Kühlfläche vervierfacht sich, sodass die Ladeleistung steigen kann. In zehn Minuten von zehn auf 80 Prozent SoC sind damit theoretisch greifbar. Gleichzeitig ist es möglich, unterschiedliche Zellchemien zu integrieren: Mit LFP-Zellen ist eine Energiedichte von 160 Wattstunden pro Kilogramm machbar. Mit NMC-Zellen sind es 255 Wh/kg. Der Seitenhieb auf Tesla, man sei damit 13 Prozent besser als deren 4680-Zellen, lässt Elon Musk kalt: Tesla kauft einfach bei CATL ein.

Das wohl innovativste Batteriesystem heißt Qilin und kommt vom Weltmarktführer CATL: 72 Prozent des Volumens sind Aktivmaterial, der Rest ist Verpackung. Qilin kann mit LFP- oder NCM-Zellen bestückt werden. Die Energiedichte liegt dann bei 160 bzw. 255 Wh/kg.

(Bild: CATL)

BYD produziert anders als CATL auch Elektroautos. Die BYD Blade Battery ist international bekannt. Dieses System kombiniert kostengünstige und großformatige LFP-Zellen mit einem 800-Volt-Bordnetz. Das ist einzigartig. Darüber hinaus kann die Oberseite des Batteriesystems zugleich der Innenraumboden sein (Cell-To-Body oder CTB). So erhöht sich die Energiedichte, ohne das Karosseriesteifigkeit verloren geht.

Die Blade Battery gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Die neuste Entwicklungsstufe kommt in der Limousine BYD Seal zum Einsatz. Technisch baugleich ist der Toyota bZ3. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die beste Batterie von BYD ausgerechnet mit der vorgeblich elektroskeptischen Marke Toyota zu uns kommt. Endkunden in Deutschland kennen BYD eher durch die "Box", einen populären stationären Speicher für Strom aus der eigenen Photovoltaik-Anlage.

CATL und BYD machen vor, was die Ziele bei den Systemen sind: Immer besseres Packaging, um das Verhältnis von Verpackung und Aktivmaterial zu verbessern und so letztlich die Kosten zu senken. Hinzu kommen immer bessere Kühlungen und Heizungen, um unter allen Bedingungen sicher und schnell laden zu können. Die Kosten sind zugleich der wichtigste Treiber bei den Fortschritten in der Zellchemie. Es geht ums Geld. Nur so ist es diesseits der Luxusklasse in den preissensiblen Segmenten möglich, akzeptable Reichweiten anbieten zu können.

Neben CATL ist BYD ganz weit vorne: Das Batteriesystem im BYD Seal vereint robuste und großformatige LFP-Zellen mit 800 Volt Spannung. Die Oberseite des Systems ist zugleich der Innenraumboden, also ein tragendes Teil. Das verbessert die Energiedichte und senkt die Kosten.

(Bild: BYD)

Die meisten Traktionsbatterien der in Deutschland verkauften Elektroautos haben Zellen mit einer Kathodenmischung aus Nickel, Mangan und Kobalt (abgekürzt NMC). Diese Rohstoffe sind drastisch teurer geworden, und auch der Preis von Lithium hat sich vervielfacht. Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen (LFP) werden als billigere Alternative zunehmend Verbreitung finden. Die Einstiegsmodelle von Tesla fahren bereits mit LFP, und einige Varianten von MG sind damit unterwegs. Spätestens 2025 könnte weltweit betrachtet mehr LFP- als NMC-Kapazität produziert werden.

LFP-Zellen haben eine relativ schlechte Energiedichte. CATL nennt repräsentative 160 statt 255 Wh/kg. Das Laden bei Minusgraden ist eine herbe Schwäche. Aber neben den niedrigen Kosten gibt es weitere Vorteile: LFP-Zellen sind äußerst robust. Die zyklische Dauerhaltbarkeit ist sehr hoch, und das Risiko des thermischen Durchgehens gering. Auch in der Fertigung selbst sind LFP-Zellen anspruchslos.