US-Urteil: Recht auf Autoreparatur ist nicht illegal

Die BĂĽrger von Massachusetts haben ein Recht auf Zugriff auf ihre Autodaten fĂĽr Reparaturzwecke beschlossen. Hersteller haben jahrelang dagegen prozessiert.

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Autowerkstatt

(Bild: Boris Rabtsevich/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

In Massachusetts haben die Wähler 2020 per Volksabstimmung ein Recht auf Autoreparaturen beschlossen. Doch Autohersteller, allen voran Fiat (FCA) und General Motors (GM) haben durch jahrelange Prozessführung verhindert, dass das Gesetz in Kraft tritt. Erst jetzt gibt es ein erstinstanzliches Urteil: Die Autohersteller haben diesen Kampf gegen Verbraucherrechte verloren.

Konkret sieht das vom Volk beschlossene Gesetz vor, dass Hersteller, die Kraftfahrzeuge in Massachusetts anbieten, eine standardisierte Datenplattform unterstützen müssen. Über diese sollen sowohl Eigentümer als auch unabhängige Werkstätten auf Telemetriedaten für Diagnose, Wartung und Reparatur zugreifen können. Das gilt für Kfz ab Modelljahr 2022. Drei Viertel der Wähler haben sich im November 2020 dafür ausgesprochen. Die Bundesbehörde für Straßenverkehrssicherheit blockierte dieses Gesetz zunächst, hat ihren Widerstand aber im August 2023 aufgegeben.

Doch einige große Autohersteller fürchten Wettbewerb zwischen (oft günstigeren) unabhängigen Werkstätten und den vom Hersteller gesalbten Markenwerkstätten. Ein Branchenverband der Autohersteller mit dem irreführenden Namen Alliance for Automotive Innovation lief noch 2020 zum US_Bundesbezirksgericht für Massachusetts (Alliance for Automotive Innovation v Andrea Joy Campbell, Az. 1:20-cv-12090). Die Klage wurde vor allem von FCA und GM unterstützt, Toyota zog sich bald zurück. Es kam zu einem Gerichtsverfahren ohne Geschworene, was aber noch zu keinem Urteil führte. Mehrmals gelang es den Klägern, durch neues Aufrollen von Teilaspekten das Urteil hinauszuzögern.

Schließlich musste eine neue Richterin den Prozess übernehmen. Sie machte ihn kurz und hat vergangene Woche entschieden. Das per Volksabstimmung beschlossene Gesetz verstößt demnach weder gegen die Verfassung noch gegen US-Bundesrecht. Die Alliance for Automotive Innovation kann Rechtsmittel einlegen.

Das Gesetz ist eine Erweiterung eines bereits 2012 ebenfalls per Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Rechts auf Zugriff auf Autodaten. Davon waren Telemetrie-Daten aber ausgenommen. Sie sind inzwischen weitaus wichtiger als damals und verschaffen Markenwerkstätten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Daher war eine Erweiterung des Rechts auf Datenzugriff notwendig. Manche Hersteller, darunter Subaru und Kia, versuchen sich dem Gesetz dadurch zu entziehen, dass sie bei in Massachusetts verkauften Autos die Telemetrie deaktivieren.

Im US-Staat Maine wiederholt sich das Schauspiel. Dort haben sich Wähler Massachusetts zum Vorbild genommen und im November 2023 mit über 84 Prozent der Stimmen ebenfalls ein Recht auf Datenzugriff zwecks Autoreparatur beschlossen. Allerdings ist es vage formuliert. Das öffnet eine Flanke, die Autokonzerne seither auszunutzen suchen. Zunächst haben sie bei Abgeordneten lobbyiert, um das Verbraucherrecht zu verwässern.

Der große Durchbruch ist den Konzernen nicht gelungen, sodass das Gesetz zu Epiphanias in Kraft getreten ist. Praktische Wirkung entfaltet es noch keine, da es die unabhängige Einrichtung, die als Datenclearingstelle vorgesehen ist, noch nicht gibt. Die Hersteller haben es damit nicht eilig, und nutzen das Fehlen als Argument in einer neuen Klage am US-Bundesbezirksgericht für Maine (Alliance for Automotive Innovation v Aaron Frey, Az. 1:25-cv-00041). Sie möchten damit das Gesetz in Maine für unwirksam erklären lassen.

(ds)