VW vs. Gewerkschaft: In dieser Tarifrunde geht es um mehr als Geld​

Seite 2: Die VW-Werke in Deutschland

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Derzeit betreibt VW zehn Standorte in Deutschland, an denen Auto gebaut werden. Mit der Ankündigung, notfalls auch Produktionsstätten zu schließen, stiegt vor Ort die Verunsicherung. Dabei ist allerdings nicht jeder Standort gleichermaßen von einer Schließung bedroht. Einen Abbau von Arbeitsplätzen könnte es aber überall geben.

Gegründet wurden das Werk und die Stadt Wolfsburg 1938 für die Produktion des "KdF-Wagen", aus dem später der VW Käfer wurde. Heute werden hier Golf, Tiguan und Touran gebaut. Mit zuletzt rund 500.000 Fahrzeugen Jahresproduktion ist der Standort aber nur zur Hälfte ausgelastet. Pläne für den Bau eines weiteren Werks für E-Autos in Wolfsburg hatte VW 2023 wieder aufgegeben. Das VW-Stammwerk am Mittellandkanal gilt als größte zusammenhängende Autofabrik der Welt. Auf 6,5 km2 erstrecken sich die Anlagen, rund 62.000 Mitarbeiter arbeiten am Stammsitz für VW.

Am Stammsitz von VW arbeiten derzeit rund 62.000 Menschen bei VW.

(Bild: VW)

Hannover war 1956 das zweite deutsche Werk des Konzerns. Sechs Jahre zuvor war in Wolfsburg der erste VW Transporter vom Band gelaufen. Jetzt bekam der "Bulli" seinen eigenen Standort. Der Transporter blieb bis zum Auslaufen der sechsten Generation Mitte 2024 das wichtigste Modell in Hannover. Heute entstehen hier der Multivan und der 2022 gestartete vollelektrische ID. Buzz. Der Standort hat rund 14.700 Mitarbeiter. Bereits seit 2020 wird Personal abgebaut – ohne Entlassungen, indem frei werdende Stellen nicht besetzt werden. 3000 Arbeitsplätze fielen seither weg, weitere 2000 sollen bis 2029 folgen.

1964 wurde das Werk in Emden eröffnet. 50 Jahre lang war das VW-Werk in Emden vor allem mit einem Modell verbunden: dem Passat, der hier ab 1974 vom Band lief. Der wird inzwischen auf einer Linie mit dem Skoda Superb in Tschechien gebaut. Im Werk in Emden mit heute 8600 Mitarbeitern werden momentan nur die Elektroautos ID.4 und der ID.7 gebaut. Mehr als eine Milliarde Euro hat VW dafür seit 2020 investiert. Wegen der zuletzt schwachen Nachfrage nach E-Autos musste VW bereits zeitweise die Bänder stoppen.

Das 1958 gegründete Volkswagenwerk Kassel steht gar nicht in Kassel, sondern im nahen Baunatal. Der Standort ist heute das weltweit größte Komponentenwerk des Konzerns und mit 16.800 Mitarbeitern größter deutscher VW-Standorte nach Wolfsburg. Produziert werden Getriebe und Abgasanlagen für Verbrenner sowie die E-Motoren für die Elektro-Modelle. In einer eigenen Gießerei entstehen auch Teile für Karosserie und Fahrgestell. Zum Standort gehört zudem das größte Ersatzteillager Europas, das die Originalteile der Marken VW, Audi, Skoda und Seat weltweit vertreibt.

Bereits vor dem Stammwerk in Wolfsburg lief in Braunschweig 1938 die Herstellung von Werkzeugen für die künftige Autoproduktion an. Heute werden an dem Standort mit rund 7200 Mitarbeitern unter anderem Achsen, Bremsscheiben und Lenkungen hergestellt. Die Produktion erfolgt verteilt auf drei Standorte in der Stadt. Zudem spielt Braunschweig eine wichtige Rolle bei der E-Mobilität: Hier entstehen seit 2013 aus angelieferten Zellen die Batteriesysteme, die dann in den E-Autos verbaut werden.

Die derzeit größte Baustelle des Konzerns befindet sich in Salzgitter: Direkt neben dem bestehenden Motorenwerk entsteht dort die erste eigene Batteriezellfabrik des Konzerns. 2025 soll die Produktion anlaufen, Salzgitter dann "vom Leitwerk Motor zum Leitwerk Zelle" werden, wie VW ankündigte. Für den Standort mit heute 6350 Mitarbeitern ist es bereits die zweite große Transformation. Gegründet wurde das Werk 1970 für die Fertigung eines neuen VW-Modells, das sich dann aber nur mäßig verkaufte. Fünf Jahre später machte VW daraus ein Motorenwerk. 2023 wurden mehr als 800.000 Benzin- und Dieselmotoren hergestellt.

Bereits 1901 übernahm Wilhelm Karmann am heutige VW-Standort Osnabrück ein Fahrrad- und Autowerk. Ab 1949 baute die Firma als Auftragsfertiger Cabrios für VW. Als Karmann 2009 Insolvenz anmelden musste, übernahm Volkswagen den Standort. Zu verdanken war das nicht zuletzt dem Einsatz des damaligen Ministerpräsidenten und VW-Aufsichtsrats Christian Wulff (CDU). Heute fertigt der Standort mit 2300 Mitarbeitern vor allem Fahrzeuge für Porsche: Boxster und Cayman. Das letzte VW-Cabrio, der offene T-Roc, läuft 2025 aus.

August Horch legte hier vor 120 Jahren den Grundstein für die Marke Audi. In Zwickau der Trabant gebaut, dessen Produktion mit dem letzten "1.1" im April 1991 endgültig endete. Nach der Wiedervereinigung zog VW am Stadtrand eine neue Fabrik hoch. Heute gilt sie mit rund 9500 Beschäftigten als Leitwerk der E-Mobilität im Konzern. Dazu wurde die Autofabrik bis 2020 für rund 1,2 Milliarden Euro komplett auf Elektro umgestellt, als erste im Konzern. Der Standort leidet nun unter der schwachen Nachfrage nach E-Autos. Deswegen wurden bereits Schichten gestrichen und die Verträge Hunderter befristet Beschäftigter nicht verlängert.

Das Engagement von Volkswagen in Chemnitz begann schon vor der Wiedervereinigung. Bereits seit 1988 wurden hier in Lizenz Viertaktmotoren für die DDR-Modelle Trabant, Wartburg und Barkas hergestellt. Das Ganze war vom damaligen VW-Konzernchef Carl Hahn eingefädelt worden, einem gebürtigen Chemnitzer. Nach der deutschen Einheit übernahm Volkswagen dann das Motorenwerk. Anders als Zwickau hängt der Standort noch komplett am Verbrenner. Im vorigen Jahr produzierten die 1800 Mitarbeiter 690.000 Motoren – ausschließlich für Benziner.

Den Motoren-Deal mit der DDR fädelte auch der damalige VW-Chef Carl Hahn mit ein. Er starb im vergangenen Jahr.

(Bild: VW)

Es ist der jüngste und zugleich kleinste VW-Standort: die "Gläserne Manufaktur" in Dresden. Gegründet 2001 für das Oberklassemodell Phaeton war es ein Prestigeprojekt des damaligen Vorstandschefs Ferdinand Piëch. Doch 2016 zog VW angesichts immer weiter sinkender Verkaufszahlen die Reißleine. Seither ringt die Manufaktur mit ihren 340 Mitarbeitern um eine neue Bestimmung. Seit Anfang 2021 wird der ID.3 montiert - in geringen Stückzahlen. VW denkt inzwischen offen über Ende der Fahrzeugfertigung in Dresden nach. Stattdessen könnte Dresden zum reinen Auslieferungszentrum neben der Autostadt in Wolfsburg werden.

(mfz)