Wie man günstig offroad fährt

Offroad autofahren kann sehr teuer sein, muss es aber nicht. Wir beleuchten ein paar Aspekte, die das spaßige Hobby auch günstig erlebbar machen.

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Dieses Auto fährt an Orte, an denen Sie ein 80.000-Euro-Auto ganz sicher nicht hinfahren möchten.

(Bild: Christof Windeck)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Eine sehr häufige Begegnung auf Schlechtwegstrecken ist die mit sehr teuren Fahrzeugen, die auf sehr einfachen Untergründen sehr langsam fahren. Keine Sorge, das wird nicht einer dieser Bashing-Texte, sondern eine Betrachtung, wie günstig man offroad fahren kann. Die langsam fahrenden Fahrzeuge haben einen Grund, langsam zu fahren, und der heißt: Kosten. Es gibt kaum noch vollwertige Offroad-Fahrzeuge, und die verbliebenen Optionen sind viel teurer als früher. Dass ein Auto für einen sechsstelligen Betrag meistens am liebsten getragen würde, kann wahrscheinlich jeder hier nachvollziehen. Dass selbst auf einfachen Strecken schnell Schäden entstehen, die sich zu erheblichen Beträgen zusammenläppern, wissen zwar weniger Leute, die werden das aber nicht vergessen. Daraus folgt aber im Umkehrschluss aus Fahrersicht: Das schnellste Offroad-Fahrzeug ist das für mich billigste. Gehen wir vor diesem Hintergrund einmal auf die Suche!

Bei den ersten Erfahrungen mit den niedrigeren Traktionsniveaus von Schlechtwegstrecken kann es meiner Erfahrung nach fast jedes ältere Auto sein. In Schwedisch-Lappland etwa gibt es hauptsächlich unasphaltierte Straßen, im Winter mit einer schön ebenen Oberfläche aus Pressschnee, im Sommer sind es Schotterpisten. Die Leute fahren: alte Straßen-Volvos. Wenn wir ein Auto suchen für erste Experimente, dann würde ich zwei Dinge sagen. Erstens: Gewicht sticht, suchen Sie möglichst kleine, leichte Autos. Alte Opel Corsas etwa erfreuen sich auf europäischen Schlechtwegstrecken erstaunlicher Beliebtheit. Zweitens: Bodenfreiheit ist wichtiger als Allradantrieb, und vor allem billiger. Das wahrscheinlich berühmteste Auto mit Schlechtwegtauglichkeit direkt aus dem Pflichtenheft war der Citroën 2CV, die "Ente".

Federwege und Schluckvermögen sind im Geländesport besonders gefragt. Deshalb kam Honda auch mit seinem ProLink für Enduros so groß raus.

(Bild: Citroën)

Frontantrieb. Dafür Bodenfreiheit, geringes Gewicht, kompakte Außenmaße und die Maßgabe, dass ein Bauer damit einen Korb Eier heile über einen Acker fahren können muss. Leider sind die verbliebenen 2CV aufgrund ihres Alters längst als Liebhaberstückchen im Visier der kaufkräftigen Oldtimer-Freunde und entsprechend teuer. Wir können uns dieses Auto aber vorstellen, um andere Kandidaten daran zu messen. Den Opel Corsa nannte ich bereits.

Andere typische Geländewagen wären etwa VW Golf II. Oder der Opel Corsa B auf dem Bild.

(Bild: Myriam Pillau)

Ein ebenso beliebtes, noch besser geeignetes Auto ist der Fiat Panda. Pandas aus den Neunzigern können für Leute mit Selberschrauberfahrung durchaus interessant sein, obwohl einige bereits für ein H-Kennzeichen in Frage kommen und entsprechend teurer werden. Neuere Pandas kommen im Vergleich zu ihren Vätern mit weniger Bodenfreiheit und Böschungswinkel, dafür ist aufgrund der geringeren Nutzungszeit oft weniger dran zu tun. Sie sehen, in welche Richtung das geht: gut abgehangene Kleinwagen sind günstig und haben bereits die Kratzer, die sie abseits des Asphalts eh erwerben werden. Es hilft, sich Richtung Vergangenheit zu orientieren, weil damals die 1. Gänge tendenziell kürzer waren. Ein langer 1. Gang bedeutet einen erheblich höheren Kupplungsverschleiß. Gut unter neueren Autos: Dacias Duster kam schon bei der Einführung mit einem lobenswert kurzen Ersten. Der hilft auch bei der Frontantriebs-Version ohne zusätzlichen Haldex-Hinterachsantrieb.

Wir sehen ein Allradfahrzeug. Wir sehen wenig Bodenfreiheit. Eine alte Ente wäre hier durchgeknallt wie nix. Den Golf mussten wir fast tragen.

(Bild: Clemens Gleich)

Dass Allradantrieb erheblich extra kostet, weiß jeder treue Audikunde. Der neu billigste Allradwagen, der Lada Niva, kostet gebraucht oft immer noch hohe Preise im Vergleich zum Preisverfall bei reinen Straßenfahrzeugen. Ausnahme: sehr viele brutale Betriebsstunden, die sich nicht immer in hohen km-Leistungen ausdrücken müssen. Stellen Sie sich nur vor, Sie müssten jeden Tag durch den Matsch an den Waldarbeitsplatz fahren: kaum Kilometer, viele Betriebsstunden. Wenn Sie da ein gutes Angebot finden, hat der Niva den großen Vorteil kompakter Maße und den Nachteil sozialistischen Technologieniveaus: ein Jimny ist das nicht. Für Suzukis Klassiker (Test) müssen Sie bei den mit brutalen Betriebsstunden gequälten Einstiegsangeboten mit dem doppelten Preis rechnen, allerdings bietet der Japaner dafür bessere Technik. Eine Alternative kann der Suzuki Samurai sein, der in deutschen Forsten weniger verbreitet und damit weniger bekannt war. Mit Kugelumlauflenkung!

Sie werden hier lauter Bilder neuer Autos auf Schlechtwegstrecken sehen. Das liegt daran, dass ich für Bilder neuer Autos bezahlt werde. Ich verspreche Ihnen: Oft habe ich mir gewünscht, auf diesen Strecken einen alten Corsa fahren zu dürfen, denn auf den muss ich nicht so aufpassen wie auf arschteure Neuwagen. Im Bild ein Renault Koleos im Busch nahe des Mount Dandenong in Australien. I was not gentle. It was a rental.

(Bild: Clemens Gleich)

Wer Allrad-Schnapper machen will, sucht alte Subarus, die es im verranzten, aber fahrbereiten Zustand oft schon für vergleichsweise schmale Münze gibt. Schlechtweg-Modelle wie Outback oder Forester bringen sogar erhöhte Bodenfreiheit mit. Wenn Sie unbedingt Allrad möchten, wird es bei den besten Verhältnissen von Preis zu Leistung wahrscheinlich auf einen alten Subaru hinauslaufen. Aber wie gesagt: eine angetriebene Achse reicht zum Einstieg und im Zweifelsfall lernen Sie in so einem Auto viel mehr. Upgraden können Sie später immer noch, die erste Geländehure wird wahrscheinlich sowieso nicht besonders lange halten.

Vergessen Sie einmal das ganze Spezialzubehör wie Schnorchel oder Camping-Kabinen, mit dem die Offroad-Szene handelt. Sie sind für den Einstieg irrelevant. Für den sollten Sie die zwei Hauptsachen beachten: Erstens werden Sie viele Fehler machen, zweitens hat loser Untergrund weniger Traktion. Aufgrund des "Erstens" sollten Sie unbedingt ein Reserverad mitnehmen. Reparaturkits können größere Steinschäden nicht reparieren. Haben Sie sich mal gefragt, warum an Geländefahrzeugen immer Ersatzräder hängen? Darum. Wir haben schon auf einem Felsen einen Schlauch gewechselt und diese Erfahrung mag eine nette Geschichte sein, sollte aber im Auto mit seinen Platzverhältnissen nicht vorkommen (es war ein Motorrad). Im Platzzweifel: Schmeißen Sie die fette Camping-Kaffeemaschine raus, die bringt Sie beim unvermeidlichen Reifenschaden nicht weiter. Weiterhin dem "Erstens" geschuldet haben wir die Notwendigkeit eines billigen Autos bereits diskutiert. Wenn Sie das aber in einen Graben fahren, kann das dennoch sehr viel kosten, nämlich Zeit. Das Zubehör, das Sie also für ihren neuen alten Corsa o. ä. anschaffen sollten, sind Bergeseile, Gummizug-Abschleppseil, Schlaufen und eine Handwinch. Eine brauchbare Handwinch kostet um die 80 Euro. Sie besteht in der häufigsten Bauart aus einem Hebel, einer Zahnradratsche, Haken und Seil, oft mit einer Umlenkung zur Untersetzung.

Ich lade Berge-Zeug auf ein ATV. Mit ein paar Seilen, Schlaufen, Haken und einer Handwinch kann man alleine ein Auto aus dem Graben ziehen. Bequemer ist es natürlich, wenn man es eine andere Person alleine machen lässt.

(Bild: Clemens Gleich)

In Verbindung mit den soeben empfohlenen Seilen können Sie damit alleine ein Auto aus dem Loch ziehen. In Schweden fuhren wir nie ohne. Kaufen Sie das Bergezeug und werfen Sie es in das Offroad-Lernauto, damit Sie es nicht vergessen. Schauen Sie ruhig schon unmittelbar nach dem Kauf im Handbuch des Fahrzeugs nach, wo die Bergehaken liegen und ob eine einzuschraubende Bergeöse überhaupt noch im Bordwerkzeug vorhanden ist. Wie schon viele hoffnungsfrohe Berger zu ihrem Leidwesen feststellen mussten, kann man ein Autogewicht nicht an beliebigen (oder auch nur vielen) Stellen aus saugendem Matsch ziehen. Das ist beim Menschen ja ähnlich. Sie können sich ja überlegen, an welchen Teilen Helfer ihr Körpergewicht anseilen könnten und an welchen vielleicht besser nicht.