Wer hat's erfunden?

Viele Chefs glauben, dass die Ideen und Erfindungen eines Mitarbeiters automatisch in den Besitz der Firma übergehen. So einfach ist die Sache aber nicht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die Frage, wem Mitarbeitererfindungen eigentlich gehören, sorgt immer wieder für Auseinandersetzungen. Der Unternehmer geht davon aus, dass alle Rechte automatisch auf ihn übergehen, schließlich hat der Angestellte die Erfindung ja während der Arbeitszeit und für die Firma gemacht. Mitarbeiter glauben hingegen, dass sie Patente und Rechte beim Verlassen der Firma mitnehmen können, dem Unternehmen bis dahin quasi nur ein Nutzungsrecht schulden. Aber wie ist die rechtliche Lage wirklich?

Die Antworten darauf finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG). Denn Arbeitnehmererfindungen sind tatsächlich ein heikler Fall, schließlich besagt die Gesetzgebung auch, dass ein Erfinder immer auch ein Recht auf sein Patent hat. Also besteht ein Konflikt zwischen dem Erfinderrecht und den Ansprüchen des Arbeitgebers auf die Leistung seiner Mitarbeiter. Dieses Problem löst das Arbeitnehmererfindungsgesetz. Es sichert dem Arbeitgeber den Anspruch auf die Diensterfindung und dem Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch als Ausgleich zu. Doch was genau ist eine Diensterfindung?

Darunter versteht der Gesetzgeber die Erfindungen, die während des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden und auch im Rahmen der beruflichen Tätigkeit entstanden bzw. auf dem im Betrieb erworbenen Know-how basieren. Oder anders ausgedrückt: Der Softwareentwickler, der für einen Spielehersteller arbeitet, wird die neue 3D-Animation wohl melden müssen, den neuen Mixer, den er in seiner Freizeit auch noch erfunden hat, nicht. Das ist dann eine "freie Erfindung" auf die sein Arbeitgeber keinen Anspruch hat.

Eine Diensterfindung muss der Mitarbeiter seinem Arbeitgeber unverzüglich und detailliert beschrieben melden. Diese Pflicht sollte man lieber nicht vernachlässigen, denn sonst kann der Arbeitgeber gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Arbeitgeber muss den Eingang bestätigen, kann gegebenenfalls noch weitere Informationen einfordern. Aber nur innerhalb der ersten zwei Monate nach Eingang, danach gilt die Erfindungsmeldung als ordnungsgemäß abgeliefert. Der Arbeitgeber hat dann nochmal zwei Monate Zeit, um die Erfindung wieder freizugeben. Tut er das nicht, gilt sie als in Anspruch genommen. Dann gehen alle Rechte an der Diensterfindung von dem Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber über. Bis Ende 2009 war es genau andersrum: Meldete der Arbeitgeber die Ansprüche nicht an, galt die Erfindung als freigegeben.

Der Arbeitgeber hat dann die Pflicht, die Diensterfindung als Patent (oder in einigen Fällen auch als Gebrauchsmuster) anzumelden – außer, es handelt sich um eine sogenannte "betriebsgeheime Erfindung". Dann kann die Erfindung quasi in der Schublade des Chefs verschwinden. Allerdings müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden und der Arbeitnehmer muss trotzdem für die Erfindung vergütet werden. Auch muss der Erfinder genau über die Abläufe informiert werden und Kenntnis davon erhalten, in welchen Ländern der Arbeitgeber das Patent anmeldet. Für andere Länder muss er das Patent freigeben. Dann kann der Erfinder selbst seine Rechte wahren.

Ist die Erfindung der Mixer, also eigentlich eine freie Erfindung, sollte der Arbeitgeber dennoch informiert werden, damit dieser auch die Möglichkeit hat, diese einzustufen. Dies ist abhängig davon, ob die angeblich freie Erfindung nicht doch in den Arbeitsbereich des Betriebes fällt.

Das klingt alles sehr arbeitgeberfreundlich. Tatsächlich ist es das aber nur, wenn sich das Unternehmen genaustens an die Vorgaben hält. Wird beispielsweise die Kommunikation über die Erfindung nicht schriftlich festgehalten, wird es schwierig nachzuweisen, dass alle Fristen ordnungsgemäß eingehalten und die Rechte übergegangen sind. Noch problematischer ist es, wenn die Firma den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ignoriert und kein Geld geflossen ist. Dann hat der Arbeitnehmer gute Chancen, sein Patent beim Ausscheiden aus der Firma wieder für sich zu beanspruchen und zum neuen Arbeitgeber mitzunehmen. Denn dann hat der Arbeitgeber sein "Vorkaufsrecht" eventuell verwirkt. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)