Widerrufsbelehrung nach Auktionsende ist "unverzüglich"

Ein Höchstgebot bei einer Auktion ist zwar eine Willenserklärung für den Vertragsschluss, seinen Informationspflichten muss der Händler aber erst später nachkommen.

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Von
  • Marzena Sicking

Unternehmer haben gegenüber dem Verbraucher umfangreiche Informationspflichten: Sie müssen unter anderem ihre Identität und den geschäftlichen Zweck der Firma offenlegen, Kontaktdaten angeben, die Merkmale der Ware beschreiben, dem Verbraucher die Einzelheiten des abgeschlossenen Vertrages erläutern. Auch die Erläuterung des Widerrufs- und Rückgaberechts gehört dazu. Und hier spielt es nicht nur eine Rolle, wie diese Inhalte gestaltet sind, sondern auch, wann der Verbraucher sie bekommt.

Bei Fernabsatzverträgen gilt: Bekommt der Verbraucher die Belehrung unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform zugeschickt, beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB). Erfolgt die Belehrung später, beträgt die Widerrufsfrist einen Monat.

Aber was genau bedeutet "unverzüglich" bei einer Auktion? Denn gibt ein Verbraucher hier ein Gebot ab, hat er im Grunde die für den Abschluss eines Kaufvertrages nötige Willenserklärung schon abgegeben. Muss der Händler die Widerrufsbelehrung also schon an die Bieter verschicken bzw. darf er nach Auktionsende nur von einer einmonatigen Widerrufsfrist ausgehen, weil die Belehrung ja nicht unverzüglich erfolgte? Mit genau dieser Frage hat sich jetzt das Oberlandesgericht Hamm beschäftigt. Das Urteil des 4. Zivilsenats: Eine Übermittlung der Widerrufsbelehrung per Email unmittelbar nach Auktionsende reicht aus, um die verkürzte 14-tägige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 BGB auszulösen. Damit wurde die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund bestätigt.

Geklagt hatte ein Versandhändler, der einen Konkurrenten wegen eines angeblichen Wettbewerbsverstoßes belangen wollte. Beide vertreiben Waren über die Auktionsplattform Ebay . Der Kläger hatte einen Testkäufer beauftragt, bei seinem Konkurrenten das Höchstgebot für einen Ring abzugeben. Nach Auktionsende erhielt der Testkäufer per Email eine Widerrufs- und Rückgabebelehrung, die eine Widerrufsfrist von 14 Tagen vorsah. Darin sah der Kläger einen Wettbewerbsverstoß und machte Unterlassungsansprüche geltend. Allerdings ohne Erfolg.

Die Verkürzung der Widerrufsfrist von einem Monat auf 14 Tage setze nach § 355 Abs. 2 BGB voraus, dass die Widerrufsbelehrung unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - nach Vertragsschluss in Textform übermittelt wird, so die Richter. Eine unmittelbar nach Auktionsende verschickte Belehrung erfülle diese Voraussetzungen. Und zwar auch dann, wenn das Höchstgebot bereits mehr als 49 Stunden vorher abgegeben wurde. Damit sei der Zeitraum von einem Tag, den der Gesetzgeber noch als "unverzüglich" akzeptiert, zwar verstrichen, doch bei Auktionen sei nicht der Zeitpunkt der Angebotsabgabe, sondern das Auktionsende entscheidend.

Wie die Richter erklärten, sei dem Händler ein früheres Handeln faktisch nicht möglich und auch nicht zumutbar. Schließlich werde die Identität des Vertragspartners auch erst nach Auktionsende bekannt gegeben. Zudem sei denkbar, dass das Höchstgebot noch mehrfach überboten werde. Auch der Bietende müssen bis zum Ende der Auktion noch damit rechnen, dass er noch überboten wird. Daher sei es für beide Seiten zumutbar, auf das Auktionsende zu warten. Der Verbraucher werde nur so lange über sein Widerrufsrecht im Unklaren gelassen, wie es aufgrund des Vorgangs unvermeintlich sei (Urteil vom 10.01.2012, Az.: I-4 U 145/11). (masi)