Dreirad-Roller Piaggio MP3 310 im Fahrbericht

Piaggio hat seinen vergangenes Jahr ausgemusterten MP3 300 mit mehr Leistung, modernerem Design und höherem Komfort wiederbelebt. Wir haben ihn gefahren.

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Piaggio MP3 310

(Bild: Piaggio)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Als Piaggio 2006 einen Roller mit drei Rädern auf den Markt brachte, dessen beide Vorderräder in Kurven in Schräglage kippten, war es eine Sensation. Bis heute hat die italienische Marke insgesamt rund 300.000 Stück der Dreirad-Roller mit verschiedenen Hubräumen verkauft. Seine Beliebtheit verdankt der unter anderem der Tatsache, dass er auch mit einem Autoführerschein chauffiert werden darf. Die neueste Entwicklung nennt sich MP3 310 und deutet damit schon auf den vergrößerten Einzylindermotor hin. Der Motor mit Flüssigkeitskühlung und vier Ventilen im Zylinderkopf soll über 70 Prozent neu entwickelte Teile besitzen. Wies das Vorgängermodell noch 278 cm3 Hubraum auf, sind es aktuell 310 cm3 und die Höchstleistung steigt leicht auf 26,4 PS, die jetzt aber bereits 250 Touren früher, bei 7500/min anliegen. Das maximale Drehmoment von 27,3 Nm steht nun schon bei 6000/min bereit.

Dank einer verbesserten Aerodynamik – der cW-Wert sank um rund zehn Prozent – erreicht der MP3 310 jetzt 129 km/h. Piaggio gibt an, dass der neue Dreiradroller aus dem Stand die ersten 100 m in 7,7 Sekunden zurücklegt. Genauso erfreulich ist das gesunkene Drehzahlniveau, bei Tempo 50 dreht der Motor 4100 Touren, 600 weniger als beim alten Motor. Laut Hersteller begünstigt das den Verbrauch des MP3 310, sein Spritkonsum soll 3,1 Liter auf 100 km betragen. Bei einem 11 Liter großem Tank resultiert damit eine theoretische Reichweite von 355 km.

Piaggio MP3 310 (8 Bilder)

Piaggio hat mit dem MP3 310 einen neuen Dreiradroller herausgebracht. (Bild:

Piaggio

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Auffallend ist die neu gestaltete Front, sie wurde den größeren Modellen MP3 400 und MP3 530 angepasst und wirkt erwachsener und dynamischer. Die beiden schräg stehenden Scheinwerfer samt Tagfahrlichter sind mit LEDs bestückt wie auch das Rücklicht und die Blinker. Unterhalb der großen Frontfläche befindet sich eine Art Diffusor, der dafür sorgt, dass die Luftströmung nicht unter die Front gelangt und sie hochdrückt, denn ein Roller mit zwei Rädern vorne hat dasselbe Auftriebsproblem wie ein Auto. Der große Schild hält viel Wind vom Fahrer ab, ist aber leider nicht einstellbar.

Piaggios klassischer Einspur-Roller

Der MP3 310 bietet viel Komfort, die großzügige Sitzbank ist sowohl für Fahrer als auch Sozius sehr bequem mit einem dicken Sitzpolster. Allerdings ist der Roller mit 790 mm Sitzhöhe nicht gerade niedrig, berücksichtigt man die bei der breiten Sitzbank und den Trittbretten relativ große Schrittbogenlänge. Mir passt der Roller, Fahrer oder Fahrerin sollten aber schon mindestens um die 1,75 m messen, um mit beiden Füßen flach auf den Asphalt zu kommen.

Dank Keyless Entry starte ich den MP3 ganz einfach ohne Zündschlüssel und höte beim Start, aber auch während der Fahrt nur sehr dezente Geräusche. Der MP3 310 setzt sich dank Fliehkraftkupplung und stufenloser Automatik sanft und spontan in Bewegung. Kein Ruckeln, kein Vibrieren, weder bei niedrigen noch bei hohen Drehzahlen stört mich Kribbeln durch lästig vibrierende Teile am Roller.

Sänftenartig befördert mich der MP3 310 über die Straße, und selbst wenn Löcher und Flicken auftauchen, arbeiten die beiden vorderen und hinteren hydraulisch gedämpften Federbeine gut. Sie schlucken mit 95 mm vorne und 122 mm hinten viel weg, allerdings setzen die 13 Zoll messenden Vorderräder aus Aluminiumguss natürlich Grenzen. Das Fahrgefühl mit drei Rädern unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem auf zwei Rädern, denn die beiden Vorderräder klappen durch eine patentierte Viergelenksaufhängung synchron in Schräglage. Spätestens nach der dritten Kurve hat man sich daran gewöhnt und nach ein paar Kilometern traut man sich schon an größere Schräglagen heran. Ihr Limit kündigen die Vorderräder mit einem leichten Stuckern an. Zwar bietet der MP3 310 nicht ganz die Agilität eines zweirädrigen Rollers, ist aber immer noch handlich genug, um flink jede kurvige Strecke zu bewältigen.

Piaggio MP3 310 (7 Bilder)

Den MP3 310 gibt es Standard und als MP3 310 Sport (im Bild). (Bild:

Piaggio

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Der Vorteil des Dreiradrollers ist natürlich, dass seine Front kaum wegrutschen kann, außerdem verfügt er neben dem vorgeschriebenen ABS auch noch über eine Schlupfregelung, die sich abschalten lässt. Die Bremsen verzögern ausreichend gut, wenn auch nicht auf Top-Niveau, und Piaggio baut sogar ein Bremspedal ins Trittblech. Ein besonderer Clou ist der kleine Schalter rechts am Lenker, der die Vorderradaufhängung im Stillstand senkrecht verriegelt. So kann der MP3 310 nicht umkippen und so lasse ich die Füße beim Warten vor der roten Ampel einfach auf dem Trittbrett. Eine Funktion, die ich nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ausgiebig nutze. Beim Losfahren entriegelt der "Roll-Lock-Mechanismus" automatisch. Wird der im Beinschild eingelassene Handbremshebel nach unten geklappt, rollt der MP3 310 im Hang nicht mehr weg.

Im Cockpit bleibt es bei einem fünf Zoll großen LC-Display. Warum Piaggio dem MP3 310 kein modernes TFT-Display spendiert, wie es heute eigentlich Standard ist, bleibt unverständlich. Dennoch kann es über die App Piaggio MIA per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden und eingehende Anrufe, Nachrichten sowie Musik per Sprachbefehl gesteuert werden – Helm mit Mikrofon und eingebautem Lautsprecher vorausgesetzt. Dafür kann der Piaggio-Roller in anderen Kategorien überzeugen: Er hat ein riesiges Stauvolumen unter der Sitzbank, ein kleines Fach mit einem USB-Stecker zum Laden des Handys oberhalb des Cockpits und der Metall-Gepäckträger ist Serie.

Den MP3 310 gibt es in der Standard-Variante und als MP3 310 Sport. Während die Basis in Weiß und Grau erhältlich ist, kommt der Sport in den Farben Schwarz, Mattblau und glänzendem Grau. Außerdem hat der Sport Kontrastnähte auf dem Sattel und blaue Aufkleber auf den schwarzen Felgen, zusätzlich weisen die vorderen Bremsscheiben ein Wellenprofil auf und die Trittbretter haben Aluminiumeinsätze. Bei ihm ist das Connectivity-System Serie. Der MP3 310 kostet 8099 Euro und der MP3 310 Sport 8299 Euro. Damit bleibt Piaggio preislich deutlich unter dem härtesten Konkurrenten Yamaha Tricity 300.