Elektroauto-Test: Hyundai Ioniq Elektro

Auch mit einer auf 38,3 statt zuvor 28,5 kWh vergrößerten Kapazität und Batteriekühlung bleibt der Ioniq bemerkenswert sparsam. Nur das Laden dauert zu lang.

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Elektroauto-Test: Hyundai Ioniq Elektro
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Rekord: Nur 15,3 kWh/100 km Verbrauch bei per GPS-gemessenen 130 km/h (Anzeige dabei: 133 km/h). Zugegeben, die Bedingungen auf dem 42 Kilometer langen Streckenabschnitt der A1 zwischen den Anschlussstellen Rade und Bockel waren optimal: Leichter Rückenwind, knapp 20 Grad Außentemperatur und ab und zu ein vorausfahrender Windschattenspender. Trotzdem steht dieses Teilergebnis repräsentativ für den Hyundai Ioniq: Kein batterieelektrisches Auto geht so effizient mit der Energie um. Er ist und bleibt der Sparmeister.

Hyundai Ioniq Elektro (17 Bilder)

Der Luftwiderstandsbeiwert liegt bei cW 0,25, und die Stirnfläche beträgt 2,22 Quadratmeter. Auch ist der Ioniq mit 1650 kg nach EU-Norm in der höchsten Ausstattung relativ leicht.
(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Die fünfsitzige Schräghecklimousine hat zum aktuellen Modelljahr eine umfassende Überarbeitung erfahren: Die Batteriekapazität beträgt jetzt 38,3 statt zuvor 28,5 kWh. Der Speicher hat anders als bisher eine Flüssigkeitskühlung, die nach Auskunft der Pressestelle in den Kreislauf der Wärmepumpe (serienmäßig ab Linie „Style“) eingebunden ist.

In der Fahrzeugfront können sich nun bei Bedarf zwei Luftklappen öffnen. Die Assistenzsysteme und das Mediasystem haben nochmals einen Schritt vorwärts gemacht. Und endlich gibt es eine App, die alle Funktionen erfüllt, die von einem zeitgemäßen Elektroauto erwartet werden: Von der Vorklimatisierung über die Standortbestimmung bis zum Ladestand ist alles abruf- oder steuerbar.

Es ist schwer, einen direkten Konkurrenten für den Ioniq zu finden. Bei der Karosseriegrundform ähnelt er entfernt einem Tesla Model 3, wobei die charakterlichen Unterschiede extrem sind: Auf der einen Seite der US-amerikanische Topseller, ganz auf Dynamik und Fahrspaß ausgelegt, in der Basisversion Tesla 3 SR+ (Test) mit Heckantrieb, höherer Ladeleistung und mehr Batteriekapazität als im Hyundai. Auf der anderen Seite der eindeutig hochwertiger verarbeitete Ioniq, feingeschliffen bis ins Detail, mit einer großen Heckklappe statt einem Stummeldeckel, ein Gleiter, kein Sportler. Ja, man kann die beiden Autos vergleichen, aber man kann sie nicht gleichsetzen. Der Hyundai Ioniq steht für sich – er ist eher eine Art Toyota Prius (Test) als Elektroauto.

Die herausragende Stärke des Hyundai Ioniq Elektro ist wie eingangs beschrieben der geringe Stromverbrauch. Die Details: Im Testmittel waren es exakt 15 kWh/100 km (exklusive Ladeverluste). Daraus ergibt sich eine rechnerische Reichweite von 255 km, die anders als bei der ersten Generation recht präzise prognostiziert wird. Dass der dunkelrote („Fiery Red“) Testwagen mit dem Durchschnittsverbrauch von 15 kWh etwas mehr als der 2017 gefahrene Hyundai Ionic mit 13,3 kWh (Test) konsumierte, lag am autobahnlastigen Einsatzprofil. Auf einer 270 km langen Tour zum Beispiel, bei der meistens im Wohlfühltempo zwischen 130 und 160 km/h gefahren wurde und zugleich immer wieder dichter Verkehr und Baustellen bremsten, zeigte das Display 18,1 kWh an. Wo es mit anderen Elektroautos schwerfällt, die 20 kWh-Schwelle zu unterbieten, ist es beim Hyundai Ioniq schwierig sie zu überschreiten.

Abseits der Autobahn sinkt der Verbrauch nochmals deutlich. Die Messung auf einer Überlandtour ergab 10,3 kWh/100 km, und eine Stadtsafari endete bei genau 10 kWh/100 km. Das entspricht über 370 km Reichweite. Im gesamten Testzeitraum wurde weder an der Klimaanlage noch an anderen Nebenverbrauchern gespart, und der Fahrmodus war auf „normal“ eingestellt. Bei den aktuell günstigen Wetterbedingungen werden ehrgeizige Fahrer also einstellige Werte erzielen. Das ist spitze, und so relativiert sich auch die relativ geringe Batteriekapazität von 38,3 kWh.

Herbe Kritik aus der Szene der Elektroautofans muss die überarbeitete Version des Ioniq wegen der Ladeleistung einstecken. AC-seitig stagniert sie anders als bei anderen Konzernfahrzeugen laut Anzeige wie gehabt bei einphasigen 4,4 kW. Mit Gleichstrom (DC) wurde er sogar langsamer: Der niederländische Ladesäulenbetreiber Fastned verzeichnet einen Rückgang von 70 auf knapp 50 kW. Oberhalb eines Batteriestands (abgekürzt SOC für State of Charge) von 75 Prozent sackt die Leistung sogar auf 14 kW ab. Das ist müde und zwingt die Kaufinteressenten zur immer gleichen Rechnung: Was brauche ich für mein individuelles Fahrprofil? Subjektiv geht es mit dem neuen Ioniq Elektro übrigens besser voran als mit dem Vorgänger, weil die gewählten Routen mit vertretbaren Zwischenladungen bewältigt werden konnten.

Die Ladeleistung bleibt unterdurchschnittlich.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Die bundesweite Abdeckung mit DC-Ladesäulen von 50 oder mehr kW Leistung jedenfalls ist sehr gut, und die beigelegte Ladekarte arbeitete tadellos. Das wiederum ist kein Wunder, denn es handelt sich um eine gebrandete EnBW-Karte, die unter anderem auch vom ADAC verwendet wird. Allein an den superschnellen Ionity-Säulen, die für den Ioniq wegen der DC-Schwäche ohnehin keinen Mehrwert bieten, verweigert sie wegen des schwelenden Anbieterkonflikts den Dienst. Hier half, wenn es denn sein musste, die empfehlenswerte Maingau-Ladekarte aus.

Der Preis für die Effizienz des Ioniq Elektro ist gering. Das Raumangebot ist gut, und es fehlt trotz exzellenten Luftwiderstandsbeiwerts (cW 0,25) und geringer Stirnfläche (2,22 Quadratmeter) nicht an Innenhöhe. Besser geworden sind auch der Abrollkomfort der rollwiderstandsoptimierten Reifen sowie die Geräuschdämmung des Fahrwerks. Ein klarer Abstrich bleibt die Haftung der Pneus: Wie alle Elektroautos des Hyundai-Konzerns hat der Ioniq eine ausgeprägte Traktionsschwäche, die sich bei Nässe verstärkt. Wenn es regnet, fängt er in Kurven früh an, über die Vorderräder zu schieben. Das zwingt zu einer gewissen Umsicht.

Neben der Antriebseffizienz sind die Assistenzsysteme und das Radionavigationssystem eine besondere Stärke des Ioniq. Der adaptive Tempomat arbeitet unter allen Umständen verlässlich bis zum Stillstand. Der Radar differenziert außerdem sauber und fehlerfrei zwischen anderen Verkehrsteilnehmern wie Radfahrern einerseits und Hindernissen, die gar keine sind, andererseits. Der Ioniq reagiert auch souverän auf schnelle Einscherer auf der Autobahn: Er lässt sich einfach zurückfallen, statt eine harte Bremsung einzuleiten. Verkehrszeichen werden klar erkannt, aber noch nicht in die Geschwindigkeitsregelung übernommen.

Gute Noten verdienen auch die verschiedenen Einstellungen des Spurhalteassistenten. Der Ioniq lenkt in der ersten Stufe sanft gegen, wenn das Überfahren einer durchgezogenen Linie droht. In der zweiten Stufe, der Mittenspurführung, lenkt er aktiv mit. Wenn Hyundai dem Ioniq hier noch eine gewisse Restnervosität abgewöhnt, ist das System ganz weit vorne.

Wie bei den anderen Elektroautos der Marken Hyundai und Kia hat der Ioniq Lenkradwippen, mit denen die Rekuperation eingestellt werden kann. Im Alltag erwies sich die Nullrekuperation, also das widerstandsarme Dahinrollen, als besonders erfreulich. Bei jeder der vier Rekuperationsstärken kann der Fahrer über gleichzeitiges Ziehen beider Wippen wählen, ob er zusätzlich die Automatik aktivieren will oder nicht. Das bedeutet: Die Grundeinstellung bleibt bestehen, und sobald ein Hindernis erkannt wird, verzögert der Ioniq über eine höhere Rekuperationsstufe. Solche Anwendungen gibt es unter anderem auch bei den E-Fahrzeugen von Daimler oder dem Porsche Taycan (Test), und man fragt sich, warum das nicht überall erhältlich ist.

Eine zügige Routenführung mit Echtzeitdaten macht die Smartphone-Anbindung überflüssig

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Ein Wort zum neuen Radionavigationssystem: Die Sprachsteuerung funktionierte sehr gut, und die zügige Routenführung mit Echtzeitdaten macht die Smartphone-Anbindung überflüssig. So soll es sein – ist es aber eben nicht überall.

Der Hyundai Ioniq ist auch nach der Überarbeitung das sparsamste Elektroauto. Es ist verblüffend, wie mühelos sich niedrigste Werte realisieren lassen. Das relativiert auch die Batteriekapazität von 38,3 kWh, die von den meisten Autos in diesem Preissegment überboten wird. Die Reichweite ist trotzdem für viele Anwendungsfälle groß genug. Eine weitere Stärke des Ioniq sind die zeitgemäßen Assistenzsysteme sowie das Radionavigationssystem. Hier fallen etliche Elektroautos zurück, weil sie defizitäre Hard- oder Software eingebaut haben.

Der Testwagen kam in der wegen der serienmäßigen Wärmepumpe empfehlenswerten Mindestausstattung „Style“, die zu einem Bruttolistenpreis von 39.528 Euro angeboten wird. Dieser Kurs reduziert sich um 11.000 Euro, die sich aus 6000 Euro Steuergeld vom BAFA plus dem von Hyundai auf 5000 Euro aufgestockten Herstelleranteil zusammensetzen. Macht 28.528 Euro, auf die sich nur noch die Wunschfarbe (Fiery Red metallic ist serienmäßig) sowie ein Schiebedach addieren können. Nicht zu viel für ein Sparpaket.

Der Hersteller hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt und überführt. Die Fahrenergiekosten wurden zum größten Teil von Hyundai (Ladekarte) getragen. In Einzelfällen (Ionity, Heimladung) hat der Autor für den Strom bezahlt.

Datenblatt
Hersteller Hyundai
Modell Ioniq Elektro
Motor und Antrieb
Motorart Elektro
Leistung in kW 100
Drehmoment in Nm 295
Antrieb Front
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1555
Spurweite hinten in mm 1564
Radaufhängung vorn Doppelquerlenker
Radaufhängung hinten Mehrlenker
Lenkung Zahnstange, elektrisch unterstützt
Wendekreis 10,6
Reifengröße vorn 6.5 J x 16; 205/60 R 16
Reifengröße hinten 6.5 J x 16; 205/60 R 16
Bremsen vorn Scheibe, innenbelüftet; 280 mm
Bremsen hinten Scheibe; 263 mm
Maße und Gewichte
Länge in mm 4470
Breite in mm 1820
Höhe in mm 1475
Radstand in mm 2700
Kofferraumvolumen in Litern 462
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1602 bis 1650
Zuladung in kg 368 bis 320
Dachlast in kg
Anhängelast in kg -
Batteriekapazität in kWh 38,3 netto
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 10,2
Höchstgeschwindigkeit in km/h 165
Verbrauch
Verbrauch kWh/100 km nach WLTP 13,8
Testverbrauch Minimum Strom in kWh/100 km 10,0
Testverbrauch Strom Durchschnitt in kWh/100 km 15,0
Daten Stand April 2020
Modell Hyundai Ioniq Elektro
Ausstattungslinie Style
Preis für diese Ausstattungslinie 40.300 €
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem Serie
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit inklusive
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display -
Assistenz
Tempomat Serie
Abstandstempomat Serie
Einparksensoren vorn In Ausstattung "Premium"
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent -
Rückfahrkamera Serie
Totwinkelwarner In Ausstattung "Premium"
Müdigkeitserkennung -
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe -
Alarmanlage Serie
schlüsselloser Zugang Serie
Fahrwerksoption -
Komfort
Sitzheizung Serie
Ledersitze In Ausstattung "Premium"
Optionssitze -
beheizbares Lenkrad Serie
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Automatikgetriebe Serie
Schiebedach 650
Sonstiges
Metalliclack Serie
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand April 2020

(fpi)