Fahrbericht Fantic Caballero 500
Seite 2: Sitzposition und Handling
Autobahnen sind naturgemäß nicht so das Ding der Caballero Scrambler, auch wenn sie keine Tendenz zum Aufschaukeln zeigt. Immerhin gibt der Hersteller für sie 139 km/h Höchstgeschwindigkeit an, was sich selbst auf einem Motorrad ohne Windschutz noch gut aushalten lässt. Begleitet wird der Fahrer von einem angenehmen und fast schon dezenten Auspuffsound. Im Gegensatz zu manch anderem (italienischen) Hersteller hat Fantic begriffen, dass Krach einfach nervt.
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Sitzposition "old school"
Die Sitzposition auf der Caballero Scrambler Anniversary 500 geriet sehr "old school": Wegen des langen Tanks rückt der Fahrer deutlich nach hinten, während die Füße dadurch weit vorne platziert sind und auch zum hohen Lenker muss Fahrer weit vor sich greifen. Im Sitzen fühlt sich das recht entspannt an, aber wer sich im Gelände auf die Fußrasten stellt, wird in eine verkrampfte Haltung gezwungen. Gleichzeitig geriet der Sattel recht breit, sodass trotz der gemäßigten Sitzhöhe von 820 mm die Beine im Stand weit gespreizt werden. Keinen Gefallen macht sich Fantic mit dem Sitzbankbezug aus Lederimitat, der einfach zu billig wirkt. Lobend zu erwähnen sind hingegen die breiten, gezackten Fußrasten, die den Stiefeln offroad guten Halt geben und die Rückspiegel mit Gelenk, die für Geländeritte rasch eingeklappt werden können.
Fantic Caballero 500 Details (9 Bilder)
![](https://heise.cloudimg.io/width/696/q50.png-lossy-50.webp-lossy-50.foil1/_www-heise-de_/imgs/71/3/2/2/5/1/1/8/07-8ee97b0fe270939e.jpg)
(Bild: Ingo Gach)
Spielerisches Handling
Der Motor fühlt sich auch bei niedrigen Drehzahlen durchaus wohl, nur untertouriges Fahren im hohen Gang mag er nicht sonderlich. In der City bietet die Caballero spielerische Agilität, die 500er lässt sich so locker dirigieren wie ihr kleiner 125er-Ableger. Rangieren oder Wenden auf der Straße wird mit dem Leichtgewicht zur simplen Übung. Der Doppelschleifen-Rohrrahmen besteht aus Stahl, ebenso wie die Schwinge. Das treibt zwar das Gewicht hoch, hält aber die Kosten niedrig. Der Spardruck wird auch bei den Bremsen sichtbar, sie stammen von Bybre, der indischen Tochterfirma von Brembo. Sie erledigen ihre Aufgabe gut, die Doppelkolben-Bremszange und die 320 mm große Bremsscheibe vorne übertragen die Verzögerungskräfte zuverlässig.
Puristisches Bike
Im Cockpit findet sich ein kleines, rundes LCD-Instrument, das seine wenigen Informationen in winzigen Zahlen liefert. Als puristisches Bike weist die Caballero Scrambler Anniversary 500 als einziges elektronisches Assistenzsystem das gesetzlich vorgeschriebene ABS auf. Für Geländeausflüge kann das Zweikanal-ABS von Conti auch abgeschaltet werden.
Die Ausbuchtung mit den vier Gummipads oben auf der Tankabdeckung soll mehr als nur ein optischer Gag sein und dient als Aufnahme für den winzigen Tankrucksack, der an der Anniversary 500 eigentlich serienmäßig ist, aber bei unserem Testmotorrad nicht mitgeliefert wurde. Andererseits passen dort nicht viel mehr als ein Mobiltelefon, die Kreditkarte und eine Zahnbürste rein, ist also ohnehin nur was für Existenzialisten.
Als Zubehör stehen unter anderem ein Gepäckträger, eine höhere Sitzbank, Kennzeichenhalter aus Stahl, diverse Carbonteile sowie Seitenträger und Seitentasche im Katalog, letztere allerdings nur für die linke Seite, da rechts der Auspuff im Weg hängt.
Genuss durch Leichtigkeit
Die Fantic Caballero Scrambler Anniversary 500 bereitet viel Spaß und gefällt mit charmantem Design. Mit 6990 Euro ist die Fantic in der 48-PS-Klasse nicht gerade billig, die KTM 390 Adventure gibt es etwas günstiger, den Bestseller KTM 390 Duke gibt es schon für fast tausend Euro weniger. Sie ist zwar kein Sonderangebot, bietet dafür aber hohen Retro-Faktor und Genuss für jene, für die es sich mühsam anfühlt, fünf Zentner Gewicht mit entsprechender Leistung herumwuchten zu müssen.