Kia EV6 Facelift im ersten Fahrbericht: Komfortabler als bisher​

Nach drei Jahren hat Kia den EV6 im Detail überarbeitet. Das E-Auto wird dabei etwas komfortabler als bisher, wie eine erste kurze Ausfahrt zeigt.​

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Kia EV6

(Bild: Kia)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Joaquim Oliveira
Inhaltsverzeichnis

Mehr als 200.000 EV6 hat Kia weltweit bislang verkauft. Auf den deutschen Markt entfielen davon bis Ende September genau 17.527 Erstzulassungen. Das sind bemerkenswerte Zahlen für ein Auto, das nicht so recht in gängige Raster passt und mit seinem Design polarisiert. Mit zahlreichen Detailverbesserungen soll das Elektroauto fit für die zweite Hälfte seiner Bauzeit sein. Eine erste kurze Ausfahrt zeigt: Das ist gelungen.

Äußerlich ist neu und alt an der Front unübersehbar. Ob der EV6 damit hübscher geworden ist, überlasse ich gern Ihrem Urteil. Die weiteren Änderungen sind gemessen daran unauffällig. Mit einer Länge von 4,7 m und knapp 1,9 m Breite blieben die Abmessungen gleich. Das Platzangebot ist dank eines Radstands von 2,9 m auch hinten sehr großzügig. Der Kofferraum fasst nur 490 Liter – da bieten Konkurrenten mit ähnlichen Abmessungen zum Teil mehr. Unter der vorderen Haube bringt das Modell mit Hinterradantrieb 52 Liter zusätzlichen Stauraum mit, im Allradler sind es 20.

Im Innenraum spendiert Kia dem EV6 ein neues Lenkrad. Wichtiger als die andere Form dürfte vielen Fahrern sein, dass die Erkennung, ob der Fahrer die Hände am Steuer hat, nun kapazitiv erfolgt. Das soll die Fehlerquote mindern – und tut es auch. Hier zeigt sich ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem bisherigen Modell. Eine gründliche Überarbeitung bekam auch das Infotainmentsystem, das flotter als bislang arbeitet. Zwei Updates reicht Kia via "Over-the-Air"; der Kunde kann sich überlegen, ob er diese für Kartenmaterial oder Aktualisierungen des Betriebssystems nutzen möchte. Danach gibt es Updates beim Händler oder über diese Webseite.

Unterwegs macht das System unverändert einen ausgereiften Eindruck. Auf dieser ersten kurzen Ausfahrt fielen keine Bugs auf. Das aufpreispflichtige Soundsystem bietet keinen Spitzenklang, tönt aber passabel. Die belüftete Ladeschale lädt Handys, die das können, mit bis zu 15 Watt. Für die teuerste Ausstattung gibt es ein Paket, mit dem sich das Smartphone als Fahrzeugschlüssel einrichten lässt. Es ist naheliegenderweise vermutlich nicht repräsentativ, aber in meinem Umfeld sind etliche Handys in Gebrauch, die nur nachlässig aktualisiert werden. Mir wäre es immer ein wenig zu spannend, solchen Geräten meinen Fahrzeugzugang anzuvertrauen, aber das kann man natürlich auch viel entspannter sehen.

Kia EV6 2025 (6 Bilder)

Abgesehen von der Front und leichten Veränderungen bei den Stoßfängern blieb der EV6, was er zuvor schon war: ein optisch polarisierendes Auto. (Bild:

Kia

)

Fühlbar wird die Modellpflege an zwei weiteren Stellen. Der Heckmotor ist umfangreicher gekapselt als bislang, der EV6 damit nochmals spürbar leiser geworden. Die Fahrwerksabstimmung bleibt auf der straffen Seite, allerdings sprechen die hinteren Dämpfer sensibler auf kleine Unebenheiten an. Auch hier ist der Fortschritt unverkennbar.

Die Antriebspalette blieb unangetastet. Vorerst bietet Kia drei verschiedene Konfigurationen. Die beiden Hecktriebler bieten 125 und 168 kW, das Allradmodell mit zusätzlichem E-Motor vorn 239 kW. Im kommenden Jahr wird Kia wieder einen "GT" mit deutlich mehr als 400 kW nachreichen. Für diese erste Ausfahrt stand der Hecktriebler mit 168 kW zur Verfügung, der seine Sache ausgezeichnet macht. Er beschleunigt bei Bedarf spontan schon sehr druckvoll, Schluss ist erst bei 185 km/h. Das Allradmodell hatten wir vor knapp drei Jahren für einen Test in der Redaktion. Es beschleunigt nochmals erheblich schneller und bietet damit ein Plus, welches sich im Alltag nur selten ausschöpfen lässt. Im Verkauf haben Hinterrad- und Allradantrieb ungefähr die gleichen Anteile.

Warum der EV6 drei Antriebsmodi hat, die sich kaum unterscheiden, bleibt einigermaßen unverständlich. Fühlbar ist in erster Linie ein Unterschied bei der Bremskraftunterstützung, die sich in den Tiefen des Infotainmentsystems einstellen lässt. Die Intensität der Rekuperation lässt sich mit den Schaltwippen hinter dem Lenkrad verändern. Der Fahrer kann zwischen sechs Stufen wählen.

Jeweils rund 10 Prozent mehr Energiegehalt bringen die beiden Batterien mit. Mit 63 und 84 kWh ist Kia gut aufgestellt, zumal die Peak-Ladeleistung mit 195 bzw. 258 kW (84-kWh-Batterie) noch immer weit überdurchschnittlich hinausragt. In einer früheren technischen Modellpflege wurde eine Vorkonditionierung nachgereicht, die unserem damaligen Testwagen noch fehlte. Damit sollte sich die Ladeleistung auch im Winter nutzen lassen. Hoffentlich hat der Hyundai-Konzern, zu dem ja auch die Marke Kia gehört, die Probleme mit der integrierten Ladekontrolleinheit (ICCU) in den Griff bekommen, die Autos auf dieser Basis hartnäckig verfolgte und viele Kunden vergrätzt hat. In Foren finden sich dazu viele Einträge.

Je nach Reifengröße nennt Kia für den EV6 mit 168 kW im WLTP einen Verbrauch von 15,9 bis 16,9 kWh/100 km. Das schließt die Ladeverluste mit ein, anders als die Angabe des Bordcomputers. Laut der lag der Verbrauch auf dieser ersten Probefahrt bei 22 kWh/100 km – allerdings mit reichlich Potenzial für "Luft nach unten". Die Reichweite im Zyklus gibt Kia in Verbindung mit den 19-Zoll-Felgen mit 582 km an. Es braucht keine übertriebene Rücksicht, um auf der Autobahn 400 km am Stück fahren zu können und sich dabei eine gewisse Reserve zu belassen. Unter idealen Bedingungen sollten dann nach etwa 20 Minuten rund 60 kWh nachgeladen sein, was locker für weitere 300 km genügt. Mit reichlich Puffer sind also 700 km mit einem Stopp von 20 Minuten machbar, sofern man es auf der Autobahn nicht übertreibt oder einen Wohnanhänger dranhängt. Der darf nach der Überarbeitung in den Varianten mit großer Batterie bis zu 1,8 Tonnen wiegen. Das Basismodell ist auf 750 kg Anhängelast begrenzt.

Der EV6 bleibt, was er zuvor schon war: Ein attraktives Elektroauto – das mit der Überarbeitung noch besser wurde.

(Bild: Kia)

Der Einstiegspreis liegt nach der Modellpflege bei 44.990 Euro. Wer die große Batterie bevorzugt, ist ab 49.990 Euro dabei. Die Serienausstattung der Basis ist bereits sehr umfangreich, lässt sich aber kaum gezielt erweitern. Soundsystem. Schiebedach, Head-up-Display oder die induktive Ladeschale für Smartphones bleiben dem Grundmodell verwehrt. Andererseits sind die Zuschläge für deutlich mehr Ausstattung human. Es bleibt auch nach der Überarbeitung dabei: Der Kia EV6 ist kein billiges Auto, angesichts seiner Qualitäten aber eines, das in seinem direkten Umfeld halbwegs fair kalkuliert erscheint.

(mfz)