Mit Fun-Faktor: Yamaha R7 im Fahrbericht

Yamaha stellt den Spaß mit dem Mittelklasse-Sportler in den Vordergrund. Das 73-PS-Bike funktioniert auf der Landstraße wie auf der Rennstrecke verblüffend gut.

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Die kleineren, leichteren Geräte machen viel mehr Spaß als die Overkill-Maschinen, die man eigentlich nur benötigt, um Rennen zu gewinnen. Bei der R7 ist das besonders gut gelungen.

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

1999 präsentierte Yamaha mit der YZF-R7 das Hightech-Superbike schlechthin, vor dem alle Sportfahrer niederknieten: sagenhafte 160 PS aus 749 cm3, 176 Kilogramm leicht, edelste Materialien und unglaubliche 50.000 Mark teuer. Der Überflieger war für den Sieg auf der Superbike-WM konzipiert und auf 500 Stück limitiert. Gerüchte, dass Yamaha 2021 eine neue R7 auflegen würde, machten im Vorjahr viele Racing-Fans nervös. Als durchsickerte, dass sie den CP2-Motor aus dem Bestseller MT-07 bekommen würde, fragten sie sich: "Nur 73 PS in einem Sportmotorrad – kann das überhaupt was werden?" Um diese heiß diskutierte Frage beantworten zu können, muss man sie fahren.

Yamaha betont, dass die neue R7 keine Nachfolgerin des legendären Sportbikes sein soll. Die Bezeichnung ergab sich logisch aus der R-Baureihe, die bislang aus dem 1000er-Superbike R1, der 600er R6, der 300er R3 und dem Leichtkraftrad R 125 besteht – da musste die 700er natürlich den Namen R7 erhalten. Sportmotorräder liegen schon lange nicht mehr im Trend, das weiß auch Yamaha. Seit dem Jahr 2000 nahm die Produktion von Sportlern in den folgenden zwei Dekaden weltweit um 77 Prozent ab: von rund 170.000 auf nur noch 40.000 Stück. Aus Prestigegründen entwickelt Yamaha die YZF-R1 permanent für die WM weiter, aber die Verkaufszahlen des teuren 200-PS-Bikes sind vergleichsweise bescheiden. Um junge Fahrer zu Sportmotorrädern zu locken, setzen die japanischen Hersteller vermehrt auf die günstige Mittelklasse. Das bedeutet zwar nur zweistellige PS-Zahlen, dafür aber erschwingliche Preise.

Die R7 besticht durch ein atemberaubendes Design, dem der unbedarfte Betrachter sofort 200 PS zutrauen würde. Sie übernimmt den markanten Stil des Superbikes YZF-R1, wirkt aber durch ihren einzelnen, kleinen LED-Scheinwerfer und die beiden schmalen LED-Tagfahrlichter in der Vollverkleidung eigenständig. Sie ist sogar schmaler als die kleine R3 und schon die Optik suggeriert, dass die R7 auf Leichtbau getrimmt ist. Der mit Alustreben versteifte Rahmen wiegt nur 15, das gesamte Motorrad mit vollem 13-Liter-Tank 188 Kilogramm. Der Hauch eines Hecks trägt einen winzigen Soziussitz. Im Handumdrehen lässt sich für den Rennstreckeneinsatz der Kennzeichenträger mit den beiden hinteren Blinkern abschrauben. Ein großes Loch in der eleganten Schwinge lässt auf ernsthafte Gewichtsreduzierung schließen.

Yamaha schiebt bei der R7 den Fun-Faktor in den Vordergrund. Sie soll viel Spaß auf der Landstraße bereiten und wer will, kann sich auch auf der Rennstrecke mit ihr austoben. Als Zielgruppe für die R7 nennt Yamaha Aufsteiger aus der 48-PS-Klasse, Hobby-Rennstreckenfahrer und Frauen, die gerne sportlich unterwegs sind, sich aber nicht mit 200-PS-Superbikes anfreunden können.

Fahrbericht Yamaha R7 (7 Bilder)

Yamaha bringt mit der R7 einen Sportler in der Mittelklasse. Der CP2-Motor leistet 73 PS und reicht aus, um viel Spaß zu haben.

Auf schmalen, gewundenen Bergstraßen beweist die R7, dass sie Yamahas Versprechen halten kann. Sie gibt sich schon auf den ersten Metern sehr handlich, wobei die Sitzposition in 830 Millimeter Höhe zwar sportlich, aber nicht gnadenlos ausfällt. Selbst nach 150 Kilometer flotter Landstraßenhatz fühle ich mich noch fit, ohne malträtierte Handgelenke oder schmerzende Knie. Im Cockpit informiert ein neu entwickeltes, leichtes LCD, das allerdings bei ungünstigen Sonnenwinkel spiegelt.

Die voll einstellbare Upside-down-Gabel von KYB arbeitet sehr gut, filtert grobe Unebenheiten des Asphalts souverän und bietet dennoch einen angenehmen Grundkomfort. Yamaha stellt sie für mehr Agilität mit 66,3 Grad um 0,8 Grad steiler als in der MT-07. Das in Vorspannung und Zugstufe variable Federbein arbeitet nicht ganz so feinfühlig, aber immer noch auf hohem Niveau. Um die Agilität noch weiter zu fördern, verkürzten die Entwickler den Radstand um fünf auf 1395 Millimeter. Die R7 sticht präzise in jeden Kurvenradius, liegt absolut stabil in Schräglage und lässt sich dennoch problemlos nachkorrigieren.

Sie geht weich, aber direkt ans Gas und zieht nachdrücklich aus der Kurve raus. Perfekt für winklige Landstraßen, zumindest bei halbwegs gutem Asphalt. Dazu begleitet den Fahrer ein gelungen sonorer Sound aus dem kurzen Auspuff. Die Kupplung reduziert die Handkraft am Kupplungshebel rund 33 Prozent, ihre Anti-Hopping-Funktion hält das Hinterrad ruhig beim Runterschalten. Die radial montierten Vierkolben-Bremssättel liefern zwar keinen glasklaren Druckpunkt, aber verzögern vehement und fadingfrei. Yamaha zieht serienmäßig den sehr haftfreudigen Sportreifen Bridgestone S22 auf die R7, vorne in 120/70 ZR17 und hinten in 180/55 ZR17.

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Kommen wir zum vermeintlichen Schwachpunkt: dem Motor. Dass der 689-cm3-Zweizylinder für den Einsatz im normalen Straßenverkehr viel Spaß bereiten würde, war klar, aber ich gestehe, dass ich im Vorfeld arge Zweifel hatte, ob die R7 mit 73 PS bei 8750/min auch auf der Rennstrecke performen könnte.