Motorrad-Navi Garmin Zumo XT – braucht es das?

Der Zumo XT setzt als Zumo 595-Nachfolger die motorradspezifische Reihe von Garmin fort. Funktioniert meist gut, in der Praxis aber leider oft etwas hakelig.

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Motorrad-Navi Garmin Zumo XT – braucht es das?

Höhere Auflösung, hellere Hintergrundbeleuchtung, Bugs in Serie: Das Garmin Zumo XT am Krad.

(Bild: Handschuher)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Manfred Handschuher
Inhaltsverzeichnis

Es gibt dedizierte Motorradrouten-Smartphone-Apps, die den Bruchteil eines reinen Motorrad-Navis kosten und zumindest in den Augen ihrer Anwender ebenfalls ihren Zweck erfĂŒllen oder sogar einige Dinge besser können. Wo liegen die Unterschiede und was spricht fĂŒr ein richtiges Navi oder aber eine passende App fĂŒr ein Smartphone?

FĂŒr die Smartphone-Verwendung spricht einmal, dass praktisch jeder eins hat und nicht extra Geld dafĂŒr ausgeben muss. Passende Apps gibt’s in der Regel fĂŒr ‘nen Appel und ein Ei und das Problem mit der Wasserdichtigkeit ist bei vielen – meist allerdings höherpreisigen – Modellen auch gelöst. Ohne Bordstromanschluss macht allerdings der Akku relativ schnell die GrĂ€tsche, weil der GPS-EmpfĂ€nger im Betrieb anstĂ€ndig Strom frisst. Bei Tagestouren ĂŒber 8 Stunden wird es ohne Bordstrom bei den meisten GerĂ€ten sehr eng.

Das Thema "Stromanschluss" fĂ€llt zusammen mit der passenden Halterung. Da gibt es inzwischen auch vielfĂ€ltige Lösungen, angefangen von Halterungen, in die das Smartphone direkt eingeklinkt werden, bis zu HĂŒllen, die das Smartphone komplett umschließen (das Smartphone dann aber nur noch erschwert bedienbar machen). Eine Bordstromversorgung erfordert aber meist ein Kabel und damit beginnt eine Smartphone-Lösung kritisch zu werden. Bekanntermaßen sind die Vibrationen auf einem motorisierten Zweirad nicht unerheblich. Ein eingestecktes USB-Kabel hat eine gewisse Eigenmasse und belastet durch die Vibrationen die Buchsen der Smartphones, was schnell zu einem Totalschaden des GerĂ€ts fĂŒhren kann. Aber nicht nur der Stromanschluss ist eine Schwachstelle; neuerdings gibt es Berichte ĂŒber defekte Kameras, weil die Bildstabilisierungstechnik die herben Vibrationen nicht einfach so wegsteckt.

In Sachen Routenplanung dagegen hat sich bei den Apps so viel getan, dass sie hĂ€ufig mit weniger Aufwand bessere Routen generieren als Motorrad-Navis. Von A nach B routen kann jede App, und im Prinzip tut es dafĂŒr auch Google Maps. Motorradfahrer haben aber andere Anforderungen. Sie wollen selten ĂŒber die Autobahn fahren und sind in der Regel auf der Suche nach interessanten, kurvenreichen Nebenstraßen. Das können sowohl Apps als auch Motorrad-Navis, doch Apps können es mittlerweile im direkten Vergleich probiert besser. Die App Calimoto geht den Weg der einfachen Bedienung: Selbst auf dem Smartphone gelingt es, bei einem kurzen Stopp ad hoc eine interessante Route zur Weiterfahrt festzulegen – in erstaunlich kurzer Zeit. FĂŒr mich fĂŒhrt jedoch – speziell bei mehrtĂ€gigen AusflĂŒgen oder Urlaubsreisen – an einer Routenplanung am PC kein Weg vorbei.

Womit wir dann beim Thema wĂ€ren, dem dedizierten Motorrad-Navigationssystem Garmin Zumo XT. ZunĂ€chst bietet die Firma Garmin als Alleinstellungsmerkmal mit dem dazugehörigen Software Paket "Basecamp" eine Routenplanung am PC und das mit dem identischen Kartenmaterial wie auf dem Navi. Sprich auf dem Navi landen die geplanten Routen – mit etwas Feintuning – in aller Regel genau so, wie man sie am PC geplant hat. FĂŒr mich ist das essentiell, zumal ich Routen auch mit Hilfe von Generalkarten akribisch plane.

Garmin Zumo XT (17 Bilder)

Garmins neues Zumo XT glÀnzt mit schnellem Prozessor und tollem Bildschirm, nervt aber auch mit alten Bugs.

Der Zumo XT setzt als Nachfolger des Zumo 595 die motorradspezifische Zumo-Reihe der Garmin-Navis fort. In Gewicht und vor allem Ausmaßen ordentlich abgespeckt ist es inzwischen ziemlich schlank. SelbstverstĂ€ndlich ist es wie die VorgĂ€nger auch wasserdicht (Schutzklasse IPX7) und sogar nach einem Falltest des US-MilitĂ€rstandards MIL-STD-810 zertifziert.

Der wichtigste Unterschied zum Zumo 595 ist wohl das Display. Zum einen wurde die Auflösung von 800 x 480 Pixeln auf 1280 x 720 erhöht, was zwar immer noch weit von heutigen Smartphone-Auflösungen entfernt ist, aber fĂŒr den Einsatzzweck völlig ausreicht. Optisch ist die höhere Auflösung ein großer Schritt nach vorne, vor allem bei nĂ€herer Betrachtung bei Eingaben. Viel wichtiger jedoch ist, dass der Zumo XT jetzt ein wirklich helles Display hat.

Beim 595er war das Display leider zu finster, wie mir auch etliche Motorradfahrerkollegen bestĂ€tig haben. Garmin wollte beim Display von Zumo 590 und 595 alles gleichzeitig: helle Hintergrundbeleuchtung fĂŒr ein klares Weiß, resistiver Touchscreen und als einziger Anbieter am Markt ein transflexives Display obendrein. Die Zielkonflikte fĂŒhrten jedoch dazu, dass dieses Display selten besser war als ein helles TFT und meistens schlechter. Also jetzt wieder ein TFT mit heller Hintergrundbeleuchtung.

Man darf sich allerdings auch von der nominellen Vervierfachung der Helligkeit (von ca. 250 cd/mÂČ auf ca. 1000 cd/mÂČ) nicht tĂ€uschen lassen: Scheint die pralle Sonne in einem ungĂŒnstigen Winkel auf das Display ist auch hier nichts mehr zu erkennen. DafĂŒr brĂ€uchte es ein richtiges transflexives Display, wie es zum Beispiel die Outdoor-GerĂ€te von Garmin (Oregon, Montana, GPSmap) bieten. Bei denen kann man tagsĂŒber die Beleuchtung komplett abschalten und sieht dabei dann trotzdem umso besser, je heller die Sonne scheint (siehe Beispiel Bilderstrecke). Die kompromissbehaftete transflexive Lösung des 595 ist in Sachen Lesbarkeit mit denen der Outdoor-GerĂ€te leider in keinster Weise zu vergleichen.

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EinschrĂ€nkend ist allerdings zu bemerken, dass der Montana mit Touchscreen nur eine Auflösung von 480 x 272 Pixeln hat, der GPSmap 276Cx zwar 800 x 480, dafĂŒr aber keinen Touchscreen. Warum Garmin mit der hauseigenen Expertise kein derartiges transflexives Motorrad-Navi-Display anbietet, weiß ich nicht. Wahrscheinlich sprechen technische oder gar modische GrĂŒnde dagegen. Das dem Smartphone-Nutzer gewohnte klare Weiß einer hellen Hintergrundbeleuchtung ist damit ja beispielsweise nicht möglich.

Wie beim Smartphone ist der Akku vom Besitzer nicht wechselbar. Die Motorradhalterung sieht mit der einfach gestalteten Verriegelung alles andere als vertrauenerweckend aus. Wer schon mal wie ich unterwegs ein Navi verloren hat, wĂŒnscht sich dringend eine zusĂ€tzliche Sicherung, und wenn die nur aus einer Sicherungs-Öse besteht, durch die man ein BĂ€ndsel ziehen und dieses dann mit einem Karabiner am Motorrad befestigen kann.

Wenigstens der Stromanschluss ist einfach zu bewerkstelligen, umfasst er doch nur zwei DrĂ€hte und nicht wie bei einigen anderen Modellen noch komplette KabelbĂ€ume mit Audio-Anschluss und Pipapo. Ein Manko stellt nur die KabellĂ€nge dar. Der Spannungswandler nahe den offenen Enden verhindert eine einfache KĂŒrzung des Kabels im Bedarfsfall.

Neben der Motorradhalterung liefert Garmin fĂŒr den Zumo XT auch eine Autohalterung mit (Saugnapf), die leider alles andere als praxisgerecht ist. Und zwar deswegen, weil sie keine Kontakte fĂŒr die Stromversorgung des Zumo hat. Stattdessen muss man jedes Mal einen Mini-USB-Stecker an der RĂŒckseite ein- und nach Gebrauch auch wieder ausstecken. Das konntet ihr schon einmal besser, Garmin.

Positiv anzumerken ist die Geschwindigkeit des Prozessors, die fĂŒr eine schnelle Routen(neu)berechnung sorgt. Auch der Touchscreen reagiert schnell auf ĂŒbliche Fingergesten. Letzteres geht kaum mit Handschuhen, aber das XT lĂ€sst sich auch mit behandschuhten Fingern gut bedienen und das nicht nur im trockenen Zustand, sondern auch bei Regen.